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Geldanlage US-Anleihen: Wer traut Amerika?

Als "schlechtesten Deal aller Zeiten" hat US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran bezeichnet, dass er nun aufgekündigt hat.
Als "schlechtesten Deal aller Zeiten" hat US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen mit dem Iran bezeichnet, dass er nun aufgekündigt hat.
© dpa
Die Zinsen für amerikanische Anleihen steigen. Doch die Investorenwelt ist uneins: Während manche die Papiere kaufen wie verrückt, stoßen andere sie massenhaft ab. Beides hat gute Gründe

Wenn einem heute knapp 2,8 Prozent Rendite für eine Zinsanlage versprochen werden, kann man schon schwach werden. Bei 3,5 Prozent erst recht. Wo man die bekommt? Bei amerikanischen Staatsanleihen zurzeit. Dort sind sogar je nach Laufzeit und Kupon sagenhafte neun Prozent für einige Papiere drin, listen die Kurstabellen der Broker auf. Und schließlich hat auch Warren Buffet jüngst über seine Firma Berkshire Hathaway die gigantische Summe von 100 Mrd. Dollar in solche US-Treasuries gesteckt. Was also spricht dagegen, seinem Beispiel zu folgen und ebenfalls auf diese Weise sein Glück zu versuchen? Es heißt ja auch sonst so gerne: Anleger sollten lernen von Warren Buffet und einfach so investieren wie er.

Was Anleger jedoch zuletzt verschreckte, waren die jüngsten Nachrichten aus Japan. Die warfen – wie in den vergangenen Tagen bekannt wurde – im Februar einen großen Batzen amerikanischer Staatsanleihen auf den Markt. Sie veräußerten Treasuries im Wert von umgerechnet 33,7 Mrd. Dollar, das war schon eine ganze Menge. Zwar lag die Summe noch unter dem Rekordverkauf, den Japan im April 2017 tätigte. Damals wurden Papiere für 3,7 Billionen Yen abgestoßen, diesmal waren es „nur“ 3,6 Billionen Yen. Dennoch horchten viele Marktteilnehmer auf. Denn inzwischen stießen die Japaner mehrere Monate in Folge größere Mengen an US-Anleihen ab. Sie verhalten sich damit also genau entgegengesetzt zu Investorenlegende Warren Buffet. Wer agiert hier also cleverer?

Nun kann man den Kauf Buffets nicht mit dem Verkauf der Japaner vergleichen. In Japan spielen nämlich ganz andere Gründe eine Rolle: Das Land in Fernost, das nach Kaufkraftparität die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ist hinter den USA und China, ergreift damit nämlich Partei. Und zwar für den Rest Asiens und deutlich gegen Amerika, denn dessen Präsident Donald Trump hat Japan genau wie China den Handelskrieg angedroht. Mit Importzöllen und Strafsteuern will Trump seine eigene Wirtschaft gegen die Importe aus Asien schützen. Das könnte die Handelsbilanz von Japan und China arg beeinträchtigen und deshalb setzt Japan mit dem Anleihenverkauf einerseits ein Zeichen. Denn beide Staaten, sowohl Nippon als auch die Volksrepublik, sind die beiden größten Gläubiger der USA. China hält insgesamt amerikanische Staatsanleihen im Wert von 1,2 Billionen US-Dollar, in Japan waren es zuletzt 1,1 Billionen Dollar. Dass beide Länder zu den großen Geldgebern wurden, liegt an der unausgeglichenen Handelsbilanz der Vereinigten Staaten: Lange Zeit importierte Amerika nämlich viel zu viele Waren aus Fernost und exportierte dorthin zu wenig. Es machte also Schulden in Japan, China und dem übrigen Ausland – und deckte sie mit dem Verkauf von Staatsanleihen.

Der massenhafte Abverkauf der Papiere ist nun andererseits auch schiere Notwendigkeit für viele japanische Anleihenbesitzer. Denn seit Trump vor allem China den Handelskrieg erklärt hat, sind viele Anleger verunsichert, was das für Auswirkungen auf den Welthandel haben wird. Sie flüchten daher wieder vermehrt in sichere Häfen und einer dieser sicheren Häfen ist traditionell der Yen. Japans Wahrung hat so zuletzt zugelegt, das macht zum einen natürlich auch Japans Produkte im Ausland teurer, was nicht gut für die Volkswirtschaft ist. Zum anderen bewirkt der Anstieg des Yens für japanische Investoren, dass der Wert ihrer US-Staatsanleihen recht deutlich sinkt. Deswegen sahen sich etliche Großanleger gezwungen, die Papiere auf den Markt zu werfen.

Der Großverkauf bewirkt nun, dass die Kurse der US-Anleihen insgesamt sinken. Die Renditen legen dadurch gegenläufig zu. Das wiederum ist für Investoren vom Kaliber eines Warren Buffet ein eindeutiges Kaufsignal. Schließlich verfolgt der Großmeister klassischerweise den Value-Ansatz, welcher besagt: Der Wert eines Anlageobjekts liegt im Einkauf. Im Klartext: Je billiger man es erwerben kann, desto größer sind später die Aussichten auf einen Gewinn. Da locken die sinkenden Kurse der Staatsanleihen natürlich.

Doch nicht nur deswegen wird die Investorenlegende zu den Treasuries gegriffen haben. Man kann ebenso annehmen, dass er sich damit nur clever aufstellen will für den Fall, dass die Aktienkurse demnächst noch einmal - oder noch weiter – nach unten driften werden. So zumindest vermuten es Marktbeobachter, von denen etliche ebenfalls davon ausgehen, dass der langjährige Bullenmarkt nun tatsächlich an Kraft verliert und demnächst der Abwärtstrend bei den Aktien eingeläutet wird.

Kommt es zu diesem befürchteten Kurssturz, dann wäre zumindest Warren Buffet gerüstet. Und zwar für den großen Coup: Er hätte dann nämlich 100 Mrd. Dollar parat, um sie in eben jene abgestürzten Aktien zu investieren. Denn das ist seine übliche Taktik: Er kauft dann Papiere von jenen Unternehmen, hinter denen zwar solide Werte stecken, die aber vom allgemeinen Kurssturz arg hinabgeprügelt worden sind. Wenn die sich später wieder erholen, hat der Value-Investor wieder einmal den großen Gewinn gemacht. Und bis dahin hat er sogar noch 2,78 Prozent Zinsen eingestrichen, wenn es gut läuft. Oder noch mehr Rendite mit seinen Staatsanleihen gemacht, weil die Renditen ja im Einzelfall noch höher ausfallen. Sogar für kurzlaufende Papiere, die im Februar 2019 fällig werden, sind zurzeit 3,5 Prozent Rendite drin, weil ihre Kurse unter 100 liegen, aber bei Auslaufen dennoch 100 Prozent des Nennwertes ausgezahlt werden. So gesehen scheinen amerikanische Staatsanleihen also derzeit nicht die schlechteste Idee zu sein.

In den USA explodieren die Staatsschulden

Freilich sollte man eins nicht aus den Augen lassen: Der amerikanische Staat ist hoch verschuldet. Seine Gesamtschuldenlast liegt bei rund 70 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftskraft, das ist schon weit mehr als die Maastricht-Kriterien hierzulande den europäischen Ländern gestatten. Und schon mehrfach standen die Vereinigten Staaten vor einem Shutdown, also davor, die Staatsbediensteten in den Zwangsurlaub zu schicken und die Behörden zu schließen. Bisher waren solche Shutdowns nur von kurzer Dauer. In den vergangenen Tagen aber schlug das staatliche Haushaltsinstitut Amerikas noch einmal Alarm: Die Schulden der USA explodierten zuletzt regelrecht. Bis 2028 werde das Defizit von 70 Prozent der Wirtschaftskraft auf rund 100 Prozent ansteigen. Eine ähnlich hohe Schuldenquote hätten die USA nur nach dem Zweiten Weltkrieg gehabt. Zudem heize Trumps Steuerpolitik die Schuldenlast an, weil sie die Unternehmen entlastet und dadurch weniger Geld in die öffentlichen Kassen spült.

Wie viel Ungemach droht also wirklich? Das weiß die Welt wohl spätestens 2028. Doch dass steigende Anleihenzinsen in dieser Situation Gift für den Staatshaushalt sind – und Anleger deshalb auch nur davon profitieren, solange der Staat seine Schulden auch bedienen kann – dürfte klar sein. Anleger, die daher jetzt dem Beispiel Buffets folgen wollen und dennoch auf die Treasuries setzen, sollten dringend eines tun: Extrem kurzlaufende Anleihen kaufen, also keine 10-jährigen Papiere, auch wenn die mit 2,78 Prozent rentieren. Der Unterschied zu den fünf- oder zweijährigen Papieren fällt nämlich so groß nicht aus. Sie liegen bei 2,62 und 2,31 Prozent.

Vor allem aber sollten Anleger sie nicht einfach kaufen und halten, auch wenn das normalerweise eine erfolgversprechende Strategie ist. Sondern sie sollten gut beobachten, wie sich die Haushaltslage in den USA entwickelt. Und notfalls das Geld in europäische Anleihen umschichten, die mit der Zeit wieder gefragter sein werden und von möglichen Turbulenzen in den USA eher profitieren. Oder sie sollten es schleunigst zurück in den Aktienmarkt stecken – spätestens dann, wenn bekannt ist, dass Warren Buffet es tut.

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