Anzeige

Polit-Chaos „Ungewöhnlich unsicher“: Goldman Sachs will Prognose für Frankreich anpassen

Menschen im Pariser Viertel Montmartre
Politisches Chaos in Paris: Goldman Sachs will seine Prognose für Frankreich anpassen
© Samuel Rigelhaupt / Picture Alliance
Die politische Krise in Frankreich hat wirtschaftliche Folgen: Laut Goldman Sachs schwächt sich das Wachstum ab und die Schulden steigen noch stärker

Frankreich steckt in einer tiefen politischen Krise mit unklarem Ausgang. Präsident Emmanuel Macron steht zunehmend unter Druck. Zwei seiner früheren Premierminister kritisieren ihn offen: „Ich verstehe die Entscheidungen des Präsidenten nicht mehr“, sagte Gabriel Attal. Sein Vorgänger Édouard Philippe rief Macron sogar zum Rücktritt auf. Neben der Personalie des Präsidenten stehen auch Neuwahlen im Raum. Das Polit-Chaos in Paris dürfte nach Einschätzung der Investmentbank Goldman Sachs erhebliche wirtschaftliche Folgen haben.

„Die wirtschaftlichen und fiskalischen Aussichten bleiben ungewöhnlich unsicher, und wir werden unsere Prognose weiterhin anpassen, sobald uns mehr Informationen vorliegen“, betont Goldman-Sachs-Volkswirt Alexandre Stott. Eine Lösung der Krise sei zwar denkbar, doch das Risiko tendiere „zu einem stärkeren Anstieg der Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt als in unserer Basisprognose angenommen“. Stott hat deshalb seine Vorhersage auf das Defizit im laufenden Haushalt um 0,1 Prozentpunkte auf 5,5 Prozent angehoben. Für das kommende Jahr rechnet er nun mit einem Defizit von 5,3 nach bislang 5,2 Prozent. 

Abwicklung der Rentenreform in Frankreich?

Der Analyst hält es für möglich, dass sich die politischen Parteien beispielsweise auf einen Haushalt einigen könnten, der die Aussetzung der Rentenreform zur Folge hätte. Die Sozialisten fordern als Bedingung für eine Unterstützung einer zentristischen Regierung etwa die Rücknahme der Rentenreform, bei welcher der Rentenbeginn 62 auf 64 Jahre angehoben wurde. 

Umfragen zufolge könnten Neuwahlen zu einer Mehrheit der Linken oder der extremen Rechten führen. Die Folge wäre laut Stott „ein breiteres Spektrum an wirtschaftspolitischen Maßnahmen“. Diplomatisch verklausuliert dürfte er eine populistische Politik meinen, welche die Staatsfinanzen weiter untergräbt und die Wachstumsaussichten verschlechtert. „Darüber hinaus würde eine anhaltende politische Unsicherheit wahrscheinlich zu einem schwierigeren makroökonomischen Umfeld mit langsamerem Wachstum und höheren Kreditkosten führen.“ 

Rendite französischer Staatsanleihen steigt

Schon zuletzt sind die Renditen für französische Staatsanleihen deutlich angestiegen. Zehnjährige Papiere rentieren aktuell mit 3,6 Prozent nach rund 3,0 Prozent zu Jahresbeginn. Zugleich ist der Risikoaufschlag gegenüber Bundesanleihen gestiegen, die als Sicherheitsanker der Eurozone gelten. Aktuell liegt dieser Spread bei rund 90 Basispunkten nach 40 Basispunkten zum Jahresbeginn. Zugleich bewegt sich die französische Rendite inzwischen auf dem Niveau Italiens, das zwar einen höheren Schuldenstand im Vergleich zum BIP hat, das aber seinen laufenden Haushalt weitgehend im Griff behält. 

>> Die Woche – Newsletter <<

Das wichtigste Thema der Woche aus Wirtschaft, Finanzen und Politik – pointiert eingeordnet von Capital-Chefredakteur Timo Pache. Immer freitags, kostenlos und mit vielen Lese-Tipps zu den besten Capital-Geschichten der Woche.

Hier können Sie den Newsletter abonnieren

Goldman-Volkswirt Stott erwartet vor diesem Hintergrund „nur geringe Fortschritte bei der Reduzierung des Staatsdefizits“. Wahrscheinlich werde der laufende Haushalt überzogen und wahrscheinlich werde Frankreich mit einem ganz oder teilweise eingefrorenen Haushalt ins Jahr 2026 starten – „was für das Defizit unklare Auswirkungen hätte, wenn es über einen längeren Zeitraum hinweg so bliebe“.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel