Es ist die Geschichte von einem, der auszieht, das Fürchten zu lehren. Leider vergeblich. Im Juli war Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nach Washington gereist, um energisch Aufklärung über die NSA-Affäre zu erlangen. Völlig beruhigt kehrte er zurück. Da war nichts, hatte man ihm gesagt.
Weil sich nun völlig überraschend herausgestellt hat, dass da doch was war, legt Friedrich genauso energisch nach. „Die Schuldigen müssen gefunden und zur Rechenschaft gezogen werden", verlangt er in bester Law-and-Order-Manier. Diplomaten können auch ausgewiesen werden! Da werden sie jetzt zittern in der US-Botschaft am Pariser Platz. Schließlich ist Berlin bei Amerikanern sehr angesagt.
Ähnlich hilflos wie die des Innenministers fallen die meisten Reaktionen auf den Handy-Abhörskandal aus. Die Kanzlerin merkt an (oder sollte das eine Drohung sein?), dass Abhören unter Freunden gar nicht geht. Dabei geht es doch bewiesenermaßen ganz einfach.
Ganz Verwegene fordern, die Verhandlungen über eine Freihandelszone zu suspendieren. Das Dumme ist nur, dass die Exportnation Deutschland sich damit selbst bestrafen würde.
Holt Snowden nach Deutschland!
Fakt ist, dass im transatlantischen Verhältnis der Koch in Washington und der Kellner in Berlin sitzt. Mit der Androhung von Sanktionen, die hierzulande auch niemand will, ist Barack Obama daher so wenig zu schrecken wie mit der einer diplomatischen Eiszeit. Der Mann hat es sich gerade mit den Saudis verscherzt, da fällt die Verstimmung der deutschen Kanzlerin wohl nicht weiter ins Gewicht.
Außer sie träfe ihn, da wo es wirklich wehtut. Das geht ganz einfach. Deutschland bräuchte nur endlich dem Whistleblower Edward Snowden Zuflucht gewähren. Es wäre eine schallende Ohrfeige, die auch diejenigen in den USA hören würden, die finden, dass sich die Europäer das Theater sparen sollten. Und es wäre moralisch gerecht. Snowden hat nicht nur der Welt, sondern – aus Sicht der deutschen Politik womöglich wichtiger – auch Angela Merkel einen Dienst erwiesen. Ohne ihn könnte der Datenfluss aus dem Kanzleramt munter weitergehen.
Die Opposition verlangt, Snowden in Deutschland anzuhören. Das wäre doch eine gute Gelegenheit, ihn zum Bleiben einzuladen. Zum Beispiel im Kanzleramt, dann können die Amerikaner mithören, was er zu sagen hat.
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