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Kolumne Wie BMW seine Probleme in den Griff bekommt (und wie nicht)

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
© Martin Kress
Der erzwungene Abschied von BMW-Chef Harald Krüger wirft ein Schlaglicht auf den ganzen Konzern. Neues Personal allein reicht nicht aus, um die Probleme zu lösen

Bei BMW gab es in der Vergangenheit nur zwei Arten von Chefs: Einige blieben sehr lange und wurden zum Abschied mit Ehren und Ruhm aller Art überschüttet; andere blieben nur kurz und erlebten ihren finalen Tage vor ihrem Rauswurf als zermürbende Scharade. Seit letzten Freitag wissen wir: Harald Krüger gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Der erzwungene Abgang des BMW-Vorstandsvorsitzenden setzt einen Schlusspunkt hinter Monate, ja Jahre ständiger Sticheleien, Intrigen und Herabsetzungen aus dem innersten Machtkreis des Unternehmens. Man wollte Krüger schon länger weghaben – und kann nur Vollzug vermelden. Spätestens im nächsten April ist Schluss für ihn, aller Wahrscheinlichkeit nach aber früher.

Die spannende Frage ist jetzt nicht, wer Krüger nachfolgen wird, sondern wie BMW wieder auf die Beine kommt. Vieles, was man dem bisherigen Chef vorwirft, geht bereits auf das Konto seines Vorgängers. Beispiel E-Autos: Es war der damalige Vorstandsvorsitzende Norbert Reithofer, der mit den beiden Modellen i3 und i8 einen völlig falschen Kurs einschlug. BMW wollte damals das Auto ganz neue erfinden statt Elektromotoren für die ganz normale Fahrzeugpalette des Konzerns bereit zu stellen. Das Ende kennt man: viel zu teure Autos mit viel zu kleiner Reichweite, eine teure neue Fabrik mit viel zu vielen Anlaufproblemen, eine viel zu teure Marketing-Strategie mit viel zu wenig Abstrahlkraft auf die anderen Modelle. Doch Reithofer gehört bei BMW klar zur Kategorie Eins der ehemaligen Chefs – und bestraft als Aufsichtsratschef jetzt Krüger auch für die eigenen Fehler der Vergangenheit.

Das BMW-Image hat gelitten

Wahr ist allerdings auch: Krüger war wirklich nicht in der Lage, den Konzern wieder auf einen nachhaltigen Erfolgskurs zu bringen. Vor seinem Nachfolger, der ja auf jeden Fall wieder ein altgedienter BMW-Mann sein soll, türmt sich ein Haufen von Problemen auf . Um nur ein paar zu nennen: Der große Rivale Mercedes baut gegenwärtig die besseren, innovativeren und preislich für den Endverbraucher attraktiveren Autos. Man vergleiche nur einmal die neuen digitalen Angebote der A-Klasse und der B-Klasse mit allem, was BMW auf diesem Feld zu bieten hat. Auch das Image der Marke, das früher stets hervorragend war, hat zuletzt gelitten. Das ständige Hin und Her in den Marketing-Abteilungen des Konzerns mit seinen häufigen Personalwechseln hinterlässt seine hässlichen Kratzer. Auch strategisch wirkt der Konzern im Vergleich zu vielen Wettbewerbern merkwürdig unschlüssig. Die großen Probleme beim Rivalen Audi konnte BMW in den letzten beiden Jahren so gut wie gar nicht für sich ausschlachten. Die Bürokratie in der Münchner BMW-Zentrale, die schon immer ein großes Problem war, verhindert schnelle Entscheidungen.

Offenbar waren es die Großaktionäre der Familie Quandt, die am Ende ihren Daumen über Krüger senkten. Stefan Quandt und seine Schwester Susanne Klatten drängen sichtlich mehr in die Öffentlichkeit und wollen nicht mehr als bloße Erben, sondern als Unternehmer aus eigenem Recht in Erscheinung treten. Dadurch kommt, ob es die beiden wollen oder nicht, mehr Unruhe in den Konzern. Ein schnelles Zurück zu den guten Zeiten und exzellenten Zahlen vor einigen Jahren aber kann es im jetzigen Umbruch der ganzen Branche nicht geben – egal wer ans Ruder tritt und egal wie viel Druck auch die Aktionäre machen.

Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint jeden Montag auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf Twitter folgen .

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