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Millionenmarkt Warum Frauenfußball jetzt ein Investment Case ist

Drei deutschte Nationalspielerinnen beraten sich, wie der Freistoß ausgeführt werden soll
Alexandra Popp (links) ist eine der Nationalspielerinnen, die nach der erfolgreichen EM im vergangenes Jahr fast jeder kennt
© IMAGO / Hartenfelser
In fast allen Kategorien nimmt sich Frauenfußball gegenüber dem Männersport noch winzig aus. Aber das Wachstum ist rasant

Wer denkt, für Frauenfußball würde sich immer noch kaum jemand interessieren, dem hilft vielleicht ein Blick auf die Einschaltquoten im letzten Jahr. Das Fußballspiel mit der höchsten Quote im deutschen Fernsehen war 2022 nämlich kein Spiel der Männer-WM in Katar – nein, es war das EM-Finale der deutschen Frauen gegen England. 

Frauenfußball in Deutschland ist heute sichtbarer und populärer als je zuvor. Allein in der vergangenen Saison kamen mehr als dreimal so viele Fans in die Stadien wie im Jahr zuvor. Trotzdem mussten Fans bis zur letzten Minute zittern, bis klar war, dass auch das nächste große Frauen-Turnier frei im TV zu sehen sein wird.

In einem Monat startet die WM in Australien und Neuseeland. Doch erst vor wenigen Tagen konnten sich der Weltfußballverband Fifa und die Europäische Rundfunkunion, zu der auch ARD und ZDF gehören, über den Preis für die Übertragungsrechte einigen. In einem monatelangen Streit hatten ARD und ZDF immer wieder betont, ein „markengerechtes“ Angebot abgegeben zu haben: in Höhe von 5 Mio. Euro. Zum Vergleich: Das Angebot für die Rechte der Männer-WM in Katar lag bei 214 Mio. Euro.

Zahlen wie diese verdeutlichen, dass sich der Männerfußball immer noch in einer völlig anderen Größenordnung bewegt. Was momentan ein ganzer Kader in der Frauenbundesliga verdient, entspricht bei den Männern teilweise einem einzigen Spieler. Die finanzstärksten Frauenvereine in Europa erwirtschafteten 2021/22 35,9 Mio. Euro Gewinn, die umsatzstärksten Männervereine kamen im gleichen Zeitraum auf 9,2 Mrd. Euro, so steht es im Football-Money-League-Report. Aber die Frauen profitieren zunehmend von der Finanzkraft der Männer – und ihr Vermarktungspotenzial gilt als wachsend.

Vor allem die großen Klubs investieren

Spielerinnen wie Stürmerin Alexandra Popp, Torhüterin Merle Frohms oder Freistoßexpertin Lina Magull sind seit der erfolgreichen EM vergangenes Jahr fast so bekannt wie die Topstars der deutschen Männer. Sie sind aber nicht nur in der Nationalmannschaft erfolgreich, sondern auch in ihren Bundesligavereinen. Sie spielen beim VfL Wolfsburg, Seriensieger im DFB-Pokal und zweimaliger Champions-League-Sieger, und beim FC Bayern, dessen Frauen in dieser Saison zum fünften Mal deutscher Meister geworden sind. 

Es sind gerade Lizenzklubs wie diese, die im Männerbereich schon etabliert sind, die ihre Frauenteams jetzt aufbauen wollen und in sie investieren. Für Bayern oder Wolfsburg ist es vergleichsweise leicht, die grundlegenden professionellen Strukturen zu schaffen, mit eigenen Kabinen, Trainingsplätzen, Physiotherapeuten und Trainern. Für andere Teams, die kein männliches Pendant haben, ist das schwieriger. Reine Frauenvereine sind in der Bundesliga deswegen mittlerweile die Ausnahme. Einer der traditionsreichsten, der 1. FFC Turbine Potsdam, ist gerade aus der ersten Liga abgestiegen.

Auch wenn die Bedingungen längst noch nicht überall optimal seien, könne man den heutigen Stand nicht mit dem von vor fünf oder zehn Jahren vergleichen, sagt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg im Gespräch mit Capital. „Gerade mit den letzten großen Turnieren haben wir uns stark weiterentwickelt“, sagt sie. „Wir sind sehr realistisch und wissen, dass wir noch viele Themen bespielen müssen. Auch finanziell wollen wir die nächsten Schritte gehen, aber einen nach dem anderen und dem Markt angemessen.“ 

Zahlen des DFB zeigen, dass die Frauenbundesliga momentan noch ein Verlustgeschäft ist. In der Saison 2020/21 lagen die Einnahmen aller Frauenvereine in der Bundesliga zwar höher als vier Jahre zuvor, aber im Schnitt machte jedes Team einen Verlust von 1,5 Mio. Euro. Der DFB begründet das damit, dass die großen Klubs eben viel investieren. Auch Sportökonom Sascha Schmidt von der WHU Düsseldorf bezeichnet die Frauenmannschaften als „Investment Case“ der großen Klubs. „Im Moment profitieren natürlich die Frauenmannschaften, die die Infrastruktur und das Know-how der Herrenbundesligisten nutzen können“, erklärt er. „Aber die werden den Frauenbetrieb nicht für immer bezuschussen, sondern ihn als selbst finanziertes Geschäftsfeld führen wollen und da kommt es auf eine gute Vermarktung an.“

Seiner Meinung nach wird der Frauenfußball gezielt gefördert, um ihn für Sponsoren, die Vermarktung von Medienrechten ebenso wie fürs Merchandisegeschäft attraktiv zu machen. Der Uefa zufolge gibt es schon heute 144 Millionen Frauenfußballfans, bis 2033 könnte die Zahl auf 328 Millionen steigen. Außerdem wird sich der Marktwert des Frauenfußballs demzufolge im nächsten Jahrzehnt versechsfachen. Bereits jetzt haben drei Viertel der internationalen Ligen einen Titel-Sponsor.

Google neuer Partner des deutschen Frauenfußballs

Die deutsche Liga wird in den nächsten vier Saisons den Titel „Google Pixel“-Bundesliga tragen. Damit verkündete Google innerhalb weniger Wochen die zweite große Partnerschaft mit dem deutschen Frauenfußball, nachdem der Tech-Konzern im Mai offizieller Sponsor der Nationalmannschaft geworden war – das erste Engagement von Google im deutschen Sport überhaupt. Die Google-Kampagne, die pünktlich zur WM geplant ist, soll 50 Millionen Menschen erreichen.

Für Bundestrainerin Voss-Tecklenburg war der Einstieg eines solchen globalen Players bis vor wenigen Jahren unvorstellbar. „Starke Partner zu gewinnen, trägt natürlich dazu bei, die Rahmenbedingungen zu verbessern“, sagte Voss-Tecklenburg gegenüber Capital. „Die Stärkung von Diversität und Frauen ist eben gerade ein gesellschaftliches Thema und dass es ,in‘ ist, bedeutet nichts Negatives.“ Im Gegenteil – es zeige, dass man die Basis für mehr Engagement im Frauenfußball geschaffen habe. 

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