Auf einem Bazar in Marokko gehört es schon fast zum guten Ton, ordentlich um den Preis zu feilschen. Aber auch im Business ist es von Vorteil, die eigene Verhandlungstaktik entsprechend auszurichten. Denn auch dort könne man „dieses Phänomen wiederfinden“, berichtet Kristina Holzhäuser. Sie ist Regionalleiterin für Afrika bei der Commerzbank - und kennt sich aus in der Geschäftswelt des nordafrikanischen Landes.
Casablanca ist das Wirtschafts- und Bankenzentrum Marokkos - und somit ein Ort, an dem auch bei Business-Meetings gerne mal hart verhandelt werden darf. Und für Kristina Holzhäuser ist die marokkanische Ausgangsposition eine gute: „Marokko ist die am besten geratete große Volkswirtschaft in Afrika“, berichtet sie im Podcast „Wirtschaft Welt & Weit“. Mit BB+ liege das Land dabei sogar noch vor Südafrika, dem größten Handelspartner Deutschlands auf dem afrikanischen Kontinent. „Von daher haben die Marokkaner alle Möglichkeiten, in einem sehr umkämpften Markt hart zu verhandeln“, so Holzhäuser weiter.
An der Meerenge von Gibraltar sind es nur 14 Kilometer, die Marokko von der iberischen Halbinsel trennen. Diese geografische Nähe zur Europäischen Union macht das nordafrikanische Land zu einem interessanten Partner, das gerne auch als „Gateway to Africa“, also als Tor hin zu unserem Nachbarkontinent, bezeichnet wird. Kurze Lieferketten, niedrige Lohnkosten und gut ausgebildete Fachkräfte machen Marokko als Unternehmensstandort attraktiv.
Seit der Coronakrise steht das „Nearshoring“, also die Verlagerung von Produktionsstandorten in möglichst benachbarte Länder, auch bei deutschen Unternehmen verstärkt im Fokus. „Handelskorridore verschieben sich“, beobachtet auch Kristina Holzhäuser. Und seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine wird Marokko von deutscher Seite immer stärker als Energiepartner wahrgenommen.
Potenzial für deutsche Unternehmen
Das Land hat Sonne satt, ein riesiges Solarkraftwerk in der Wüste, und auch die Windkraft wird ausgebaut. Die Produktion von grünem Wasserstoff ist ein wichtiges Zukunftsthema, das Marokko auch aus deutscher Perspektive spannend macht.
Chancen für deutsche Unternehmen sieht Holzhäuser aber auch beim Ausbau der Infrastruktur: Wenn im Jahr 2030 die Fußball-Weltmeisterschaft erstmals auf drei Kontinenten stattfindet, dann soll Marokko einer der zentralen Austragungsorte der Spiele sein. Der marokkanische Staat habe rund 200 Infrastrukturprojekte in der Pipeline, berichtet Holzhäuser, um Marokko fit zu machen für die WM. Der Bau von Stadien und Straßen biete auch für die deutsche Bauwirtschaft Potenzial.
Für Marokko sind Spanien und Frankreich traditionell die wichtigsten Wirtschaftspartner. Im vergangenen Jahr gingen rund 40 Prozent der Exporte Marokkos in diese beiden Länder. Deutschland hingegen kam nicht mal auf fünf Prozent. „Da ist noch sehr viel Luft nach oben“, sagt Kristina Holzhäuser und er neuen Podcast-Folge. Und sie freut sich darüber, dass das Marokkos Potenzial auch in Deutschland immer besser erkannt wird.