Wer hätte das gedacht! Auf der Autofahrt in den Süden des Landes, nach Windhuk, habe ich freie Bahn. Der Grund: Die Ampeln in Namibia sind nur von Freitag bis Sonntag und zu Stoßzeiten in Betrieb. Ungewohnt für einen Europäer, der im permanenten Rot-gelb-grün-Rhythmus sozialisiert wurde. Der Verkehr funktioniert „ohne“ erstaunlich reibungslos, die Straßen sind dagegen marode. Vielen fehlt die Teerdecke, einige sind unpassierbar. Reißende Flüsse haben zudem etliche Brücken zerstört oder weggeschwemmt.
Unterwegs sind die Spuren der deutschen Kolonialzeit im 19. Jahrhundert überall zu sehen. Vertraute Architektur prägt Städte wie Swakopmund, Windhuk oder Lüderitz, und in den Metropolen spürt man noch einen Hauch von europäischer Kultur. Was dieses dunkle Kapitel keineswegs romantisieren soll, das für die Einheimischen Unterdrückung, Landnahme und Zwangsarbeit bedeutete. Noch immer belastet der Umgang mit dem Völkermord an den Herero und Nama die Bemühungen um eine Aussöhnung. Heute leben viele Menschen in Namibia in Armut, das Land steckt in einer tiefen Rezession.
Eine bittere Realität, vor der die unglaubliche Schönheit der Natur fast surreal erscheint. Auf unserer Route zur Zannier-Sonop-Lodge passieren wir Wüsten, Savannen und gewaltige Gebirgszüge. Am Ziel erwarten uns zehn Zeltsuiten, die auf dünnen Stelzen zwischen Granitblöcken inmitten eines Wildreservats stehen. Der Hotelier Arnaud Zannier betreibt Häuser in Frankreich, Vietnam, Kambodscha und eben hier in Namibia. Eines seiner Markenzeichen: Zannier integriert die unmittelbare Umgebung in das Konzept der Häuser und lässt ausschließlich lokales Baumaterial verwenden.
Meine geräumige Zelt-Suite ist 80 Quadratmeter groß und erinnert mich mit ihrem üppigen Kronleuchter und Originalgemälden an den Wänden ein wenig an Fotos aus der kurzen Ära unter britischer Verwaltung. So, als sei die Lodge vor 100 Jahren verlassen und seither von niemandem mehr betreten worden. Die frei stehende Badewanne ermöglicht herrliche Blicke ins Freie, wo sich je nach Stand der Sonne die Farben und die Szenerie der Natur verändern. Vor Einbruch der Dämmerung brennt der Himmel kurz lichterloh und taucht dann die Berge in ein goldenes Licht. Von diesem Schauspiel kann ich gar nicht genug bekommen.
Es ist fantastisch, was im Zannier Sonop geboten wird – Reitausflüge, Jeep-Safaris oder E-Bike-Touren bis zu den Bergen, die ich so endlich aus der Nähe sehe. Um jeden Gast kümmert sich ein persönlicher Guide, in meinem Fall Yna, eine Südafrikanerin. Sie begleitet mich auf die Exkursionen, serviert die Mahlzeiten und öffnet abends meine Flasche Wein. Ein exklusiver Service, der nie aufdringlich wird. Zudem lerne ich von Yna spannende Fakten. So erzählt sie mir, dass das gesamte Resort „off the grid“ operiert, denn der Strom komme aus großen Sonnenkollektoren und das Wasser aus einem Brunnen nebenan.
Die einzigartige Kombination aus der Umgebung entsprechenden Rustikalität und den Annehmlichkeiten eines Luxushotels überzeugt mich auch im zweiten Hotel der Gruppe, dem Zannier Omaanda. Diese Lodge liegt nur etwa eine Stunde von der Hauptstadt Windhuk entfernt und bietet Platz für 40 Gäste in 15 runden Hütten. Sie sind nach traditioneller Bauweise der Owambo errichtet, der größten Bevölkerungsgruppe Namibias – die nur Lehm, Stroh, Holz und Tierhäute verwendet. Das Strohdach meiner Suite mit ihrem Inventar aus wertvollen Antiquitäten und Keramiken ist einfach wunderschön. Knapp 200 Quadratmeter ist sie groß und besitzt drei offene Kamine. Ich lege mich spontan in die bodentiefe Badewanne und genieße von dort den Blick auf die Savanne und das Khomas-Hochland-Plateau in der Ferne.
Früh am nächsten Morgen durchstreife ich mit meinem Guide den nahen Busch, wo wir „nur“ zwei Löwen und einige Elefanten beim Baden beobachten können. Auf den 9000 Hektar rund um das Zannier Omaanda leben bei Weitem nicht so viele Wildtiere wie im nördlich gelegenen, deutlich größeren Etosha-Nationalpark. Eine zu hohe Tierdichte würde das empfindliche Ökosystem stören. Am besten kann man die Tiere im namibischen Winter sehen, zwischen Juni und September, wenn das Gras niedrig ist.
Unweit der Lodge gibt es etliche Nashörner, Elefanten, Giraffen, Löwen und sogar Geparden. Zannier Omaanda unterstützt die Naankuse Foundation, deren Mitarbeiter sich um die Tiere kümmern und sie vor Wilderern schützen. Das verdient Respekt!
Und mein Guide übrigens erfüllt wirklich jeden Wunsch. Auch den, einmal mit den Erdmännchen zu frühstücken, die ebenfalls in der Umgebung leben.