Mittwoch 0.45 Uhr: „Ich werde ein Statement abgeben. Ein großer SIEG!“
I will be making a statement tonight. A big WIN!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Während die ersten Nachwahl-Befragungen ausgewertet und die ersten Stimmzettel gezählt werden, macht Trump, was er schon im Vorfeld der Wahl angekündigt hatte: sich noch am Abend zum Sieger erklären. Auf Twitter ist man solche Entgleisungen ja gewohnt. Aber bei seinem Statement im Weißen Haus macht er es noch mal.
Mittwoch 0.49 Uhr: „Wir sind WEIT vorne, aber sie versuchen die Wahl zu STEHLEN. Wir werden das nicht zulassen.“
We are up BIG, but they are trying to STEAL the Election. We will never let them do it. Votes cannot be cast after the Polls are closed!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Erst ein Bruchteil der abgegebenen Stimmen ist erfasst, trotzdem erklärt Trump bereits, sein Vorsprung sei uneinholbar. Wiederholt hatte der US-Präsident vorher behauptet, eine Niederlage sei unter regulären Bedingungen für ihn nahezu unmöglich. Belastbare Indizien für seine Behauptung oder Beweise legt er nicht vor. Wohl auch deshalb wird die Nachricht von Twitter mit folgendem Warnhinweis versehen: Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess.
Mittwoch 10.04 Uhr: „Letzte Nacht war ich vorne, oft deutlich, in vielen entscheidenden Staaten, die meisten davon von Demokraten geführt und kontrolliert. Dann, einer nach dem anderen, sind sie wie magisch verschwunden, weil Überraschungswahlzettel gezählt wurden. SEHR VERDÄCHTIG.“
Last night I was leading, often solidly, in many key States, in almost all instances Democrat run & controlled. Then, one by one, they started to magically disappear as surprise ballot dumps were counted. VERY STRANGE, and the “pollsters” got it completely & historically wrong!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Trump zeigt einmal mehr seine Verachtung für demokratische Prozesse, wenn sie nicht zu seinen Gunsten verlaufen. Dass sich Hochrechnungen ändern und die Auszählung von Stimmzetteln Zeit in Anspruch nimmt, ist üblich. Für den US-Präsidenten ist es aber offenbar ein Skandal, dass alle rechtmäßig abgegebenen Stimmen berücksichtigt werden sollen. Auch diese Nachricht ergänzt Twitter mit einer Standard-Warnung.
Mittwoch 10.17 Uhr: „Wie kann es sein, dass die Auszählungen von Briefwahlstimmen so belastend sind in ihren Prozentzahlen und ihrer Zerstörungskraft?“
How come every time they count Mail-In ballot dumps they are so devastating in their percentage and power of destruction?
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Im Vorfeld erklärte Trump wiederholt und ohne belastbare Beweise, die Briefwahl sei illegitim und rief seine Unterstützer auf, am Wahltag persönlich ihre Wahllokale aufzusuchen. Entsprechend dürften mehr Demokraten als Republikaner die inmitten der Coronavirus-Pandemie risikoärmere Möglichkeit genutzt haben, sich per Brief an der Abstimmung zu beteiligen – dass es so war, zeigt ja auch der Verlauf der Auszählung. Aber schon vor der Wahl war durch Umfragen klar, dass mehr Demokraten per Brief wählen würden. Deshalb versuchte Trump ja auch, Zweifel über diesen Weg der Wahlbeteiligung zu streuen und die US-Post zu schwächen.
Mittwoch 11.55 Uhr: „Sie finden überall Stimmen für Biden – in Pennsylvania, Wisconsin und Michigan. So schlecht für unser Land!“
They are finding Biden votes all over the place — in Pennsylvania, Wisconsin, and Michigan. So bad for our Country!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Meist werden erst die Stimmzettel aus den Wahllokalen ausgewertet, dann die per Post abgegebenen. Was angesichts der bereits genannten Tatsache – mehr Republikaner wählten persönlich, mehr Demokraten per Brief – dazu führt, dass der Anteil der Stimmen für den demokratischen Herausforderer Joe Biden in vielen Staaten steigt, je weiter die Auszählung voranschreitet.
Mittwoch 12.01 Uhr: „Sie arbeiten hart daran, dass unser Vorsprung von 500.000 Stimmen in Pennsylvania verschwindet – so schnell wie möglich. Genauso in Michigan und anderswo!“
They are working hard to make up 500,000 vote advantage in Pennsylvania disappear — ASAP. Likewise, Michigan and others!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Trump fordert wenig später den Stopp der Stimmenauswertung in Pennsylvania und in Michigan, weil dort Biden entweder aufholt oder den Amtsinhaber sogar überholt. In Wisconsin dagegen, wo er zurückliegt, verlangt der US-Präsident eine Neuzählung. Twitter schreibt dazu erneut: Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess.
Mittwoch 13.52 Uhr: „Wir gewinnen deutlich in Pennsylvania, aber die dortige Staatsministerin erklärt gerade, dass noch ‚Millionen von Stimmzetteln ausgezählt werden müssen‘.“
We are winning Pennsylvania big, but the PA Secretary of State just announced that there are “Millions of ballots left to be counted.”
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Für Trump mag es verrückt klingen, aber das ist in Demokratien schlicht üblich – alle Stimmen, die rechtzeitig abgegeben werden, sollen auch ausgewertet und registriert werden. Der „Secretary of State“ ist in den einzelnen Bundesstaaten für den Ablauf der Wahl zuständig. In Pennsylvania ist das die Demokratin Kathy Boockvar. Sie hatte das Parlament des Bundesstaates schon vor Monaten gebeten, die Wahlgesetze so zu ändern, dass zumindest eine Vorbereitung der Briefwahlzählung möglich ist. Im Parlament haben allerdings die Republikaner eine Mehrheit. Sie blockierten die Initiative.
Mittwoch 16.56 Uhr: „Zum Zweck der Wahlstimmen haben wir uns in Pennsylvania, Georgia und North Carolina zum Sieger erklärt, dort gibt es überall eine GROSSE Führung für Trump. Zusätzlich erklären wir uns auch in Michigan zum Sieger, für den Fall, dass eine große Anzahl Stimmzettel heimlich beseitigt wurden, wie breit berichtet wurde!“
We have claimed, for Electoral Vote purposes, the Commonwealth of Pennsylvania (which won’t allow legal observers) the State of Georgia, and the State of North Carolina, each one of which has a BIG Trump lead. Additionally, we hereby claim the State of Michigan if, in fact,…..
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Selbst Trumps Haus-Sender Fox News erklärt Herausforderer Joe Biden zum Sieger in Michigan (aktuell hat Biden nach der Zählung bei Fox News 264 Wahlleute gewonnen, Trump 214; die Mehrheit liegt bei 270). Dem Präsidenten ist das egal. Er verkündet seinen Erfolg in Michigan und verweist darauf, er habe ja mal deutlich geführt. Außerdem fabuliert er von vermeintlich heimlich beseitigten Stimmzetteln, um die Rechtmäßigkeit seiner Niederlage zu unterminieren. (Die Basis für diese Falschbehauptung dürfte letztlich ein Tippfehler sein. Mehr dazu hier.) Twitter dazu wiederum: Einige oder alle der Inhalte, die in diesem Tweet geteilt werden, sind umstritten und möglicherweise irreführend in Bezug auf die Beteiligung an einer Wahl oder einem anderen staatsbürgerlichen Prozess.
Mittwoch 18.26 Uhr: „Unsere Anwälte haben nach ‚relevantem Zugang‘ gefragt, aber was bringt das denn? Die Integrität des Systems ist schon beschädigt, ebenso die Präsidentschaftswahl. Darüber sollte man reden!“
Our lawyers have asked for “meaningful access”, but what good does that do? The damage has already been done to the integrity of our system, and to the Presidential Election itself. This is what should be discussed!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) November 4, 2020
Einordnung: Trump bleibt dabei: Wenn er nicht gewinnt, muss etwas faul sein. Beweise braucht er dazu nicht, zumindest liefert er – wie auch sonst – keine für seine Behauptung.
Dieser Beitrag ist zuerst entschienen auf ntv.de