Das insolvente Münchner Solarauto-Start-up Sono Motors verkleinert im Zuge der Neuaufstellung seine Belegschaft deutlich. Laut einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC seien 48 Mitarbeiter gekündigt worden, nach Capital-Informationen könnte die Zahl der betroffenen Angestellten sogar noch höher liegen.
Ebenfalls von den Kündigungen betroffen sind die vier Sono-Geschäftsführer Laurin Hahn, Jona Christians, Torsten Kiedel und Markus Volmer, deren Verträge zum Jahresende beendet würden, wie es in der Mitteilung heißt. Bis dahin würden sie auf ihren jeweiligen Positionen weiterarbeiten. Hahn und Christians hatten Sono Motors 2016 zusammen mit Navina Pernsteiner gegründet, die schon 2020 das Unternehmen verließ.
Alle vier Manager sollen allerdings in der Geschäftsführung der Sono Group N.V. verbleiben – das ist die an der US-Börse Nasdaq gelistete Mutterfirma des Start-ups. Ob die Geschäftsführer über die Börsenholding weiter ihre Gehälter in der bislang gültigen Höhe beziehen werden, ist unklar. Das Unternehmen und die vier Manager reagierten nicht auf Anfragen, der für Sono zuständige Sachwalter verwies auf das Unternehmen, das seit Anfang September versucht, sich in Eigenverwaltung zu sanieren. 2021 verdienten die vier Geschäftsführer laut der letzten vorliegenden Pflichtmitteilung inklusive Boni und Sonderzahlungen jeweils zwischen 200.000 und etwas über 300.000 Euro.
Betroffene wollen gegen Kündigungen vorgehen
Gegenüber der SEC begründete das E-Auto-Start-up die Entlassungen mit Umstrukturierungen im Geschäftsmodell sowie als Voraussetzung für einen möglichen Verkauf. Es handle sich um „die nächsten Schritte zur Erreichung des Ziels von Sono, das Solartechnikgeschäft fortzuführen“ und spiegle „den weiteren Fortschritt des M&A-Prozesses“ wider. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, hieß es in einem weiteren dürren Statement auf Linkedin.
Zu den gekündigten Mitarbeitern gehören auch hochrangige Mitglieder des Sono-Teams, etwa Personalchefin Anna-Lena Lorenz, die beiden Produktchefs Dominik Köhnlein und Hagen Kriesing sowie Beschaffunsleiter Mathew Cocksey. Sie alle sind bereits auf Jobsuche, wie eine Tabelle zeigt, das auf der Karriere-Plattform Linkedin kursiert.
Nach Capital-Informationen wollen einige Mitarbeiter die Kündigungen anfechten. Der auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwalt Paul Krusenotto von der Berliner Kanzlei Chevalier ist mit dem Fall befasst. Er sagt: „Massenentlassungen unterliegen klaren gesetzlichen Vorgaben und falsch durchgeführte Massenentlassungen sind keine Seltenheit.“ Denn auch hier müsse eine Sozialauswahl erfolgen, Betroffene sollten daher ihre Rechte prüfen lassen.
Strategieschwenk weg vom Sion
Das einst gehypte Solarauto-Start-up befindet sich seit Februar in einer tiefen Krise. Damals musste die Unternehmensführung das Aus des lange geplanten Pkw-Modells Sion eingestehen – ein Schock für die bis dato treue Fangemeinde, die jahrelang den Idealismus und Unternehmergeist der drei Gründer unterstützt hatte. Mehr als 20.000 von ihnen halfen dem Start-up im Rahmen eines fragwürdigen „Community Fundings“ finanziell über die Runden – insgesamt 44 Mio. Euro nahm Sono als sogenannte Reservierungsanzahlung auf zukünftige Solarautos entgegen. Doch zur Produktion der Autos kam es nie. Die meisten der privaten Geldgeber warten bis heute auf eine Rückzahlung des Geldes.
Mit dem Aus des Sion verloren schon im Februar rund 300 Mitarbeiter ihren Job. Nach einer erfolglosen Suche nach Investoren stellte das Start-up im Mai dann einen Antrag auf das sogenannte Schutzschirmverfahren – eine Art Vorstufe zum Insolvenzverfahren. Geplant war eine Sanierung der Firma und eine Umorientierung auf das Zuliefer- und Nachrüstgeschäft mit Solarpanelen, etwa für Busse oder Lkws. Auf seiner Website verweist Sono Motors immerhin auf namhafte Kunden wie Kögel, Scania oder Chereau. Diese Partnerschaften hatte das Unternehmen allerdings schon vor über einem Jahr verkündet.
Seit Anfang September wird der Geschäftsbetrieb im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens fortgeführt, als Sachwalter beaufsichtigt der Münchner Rechtsanwalt Ivo-Meinert Willrodt das Verfahren. Parallel droht dem Unternehmen weiter ein Delisting von der US-amerikanischen Tech-Börse Nasdaq. Hintergrund ist das laufende Insolvenzverfahren sowie das Versäumnis des Unternehmens, seine Jahresbilanz für das Geschäftsjahr 2022 rechtzeitig einzureichen, so die Nasdaq. Sono Motors hat dagegen laut eigenen Angaben Einspruch erhoben – der Ausgang ist noch unklar.