Das Münchner Solarauto-Start-up Sono Motors steht offenbar kurz vor der Insolvenz. Nach mehreren geplatzten Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern sei die Geschäftsleitung zu dem Schluss gekommen, „dass die Sono Motors GmbH überschuldet ist und die Zahlungsunfähigkeit droht“. Das teilte die Firma am Montag in einer Pflichtmitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC mit.
Aufgrund der Schieflage habe man sich dazu gezwungen gesehen, einen Antrag für ein Schutzschirmverfahren beim Insolvenzgericht in München zu stellen. Das Gericht muss dem noch zustimmen.
„Insolvenz light“
Bei einem Schutzschirmverfahren haben Unternehmen zunächst drei Monate Zeit, einen Sanierungsplan aufzustellen. Gläubiger dürfen ihr Geld in dieser Zeit nicht zurückfordern. Die Geschäftsführung kann selbst einen vom Gericht bestellten Sachwalter vorschlagen, bleibt aber weiter am Steuer und vertritt die Firma nach außen. Deshalb gilt der Schutzschirm auch als eine Art „Insolvenz light“.
Sono Motors hofft auf eine erfolgreiche Sanierung im Zuge des Verfahren. „Umwege gehören zum Gründen dazu und wir werden uns auch künftig anstrengen, nachhaltige Lösungen mit unseren Partnern umzusetzen und damit zur Dekarbonisierung des Fahrzeugmarkts beizutragen“, teile Mitgründer Jona Christians in einem schriftlichen Statement mit.
Solargeschäft soll Firma retten
Sono Motors hatte im Februar das Aus für sein Solarauto-Programm Sion bekannt gegeben. Dem Unternehmen war es nicht gelungen, ausreichend Kapital für den Weg zur Serienproduktion aufzutreiben. Die Gründer Laurin Hahn und Jona Christians kündigten damals an, sich künftig auf die Entwicklung der Solartechnologie zu konzentrieren und als Zulieferer für andere Autobauer weiterzumachen. Etwa 300 Stellen sollten im Zuge der Umstrukturierung wegfallen.
Der Sparplan hat jedoch offenbar nicht ausgereicht, um das Solarauto-Geschäft abzuwickeln. Denn Sono Motors steht tief in der Kreide bei seinen Geldgebern. Allein für die Erstattung an die rund 21.000 Kunden, die bereits eine Anzahlung für das gescheiterte Solarauto vorgestreckt haben, schlagen mehr als 44 Mio. Euro zu Buche.
Sono Motors hatte sich in der Vergangenheit mit sogenannten „Community Fundings“ finanziert, bei denen private Verbraucher bis zu 25.000 Euro vorstreckten, um die Entwicklung des neuartigen Solarautos zu finanzieren. Juristen halten dieses Vorgehen inzwischen für ein verbotenes Einlagengeschäft.
Die „Altlasten“ – also die Rückzahlungen an die Fangemeinde – seien laut dem von Sono Motors beauftragten Sanierungsexperten Dirk Schoene auch der Grund, warum das Schutzschirmverfahren „zwingend erforderlich“ gewesen sei.
Im Klartext: Die vorhandenen Finanzmittel haben offenbar nicht mehr gereicht, um die Schulden zu begleichen. Laut einer Pflichtmitteilung bei der US-Börsenaufsicht SEC hat Sono Motors bisher nur 1,7 Mio. der 44 Mio. Anzahlungen zurückgezahlt. Den restlichen Kunden droht nun der Totalausfall.
Angezählt
Dabei sah es eine Zeit lang so aus, als könnte Sono Motors es vielleicht doch schaffen. Mehr als 2 Mrd. Dollar war die Firma anfangs an der US-Techbörse Nasdaq wert. Doch davon ist heute fast nichts mehr übrig: Die Aktie seit dem Start um mehr als 90 Prozent eingebrochen. Wirtschaftsprüfer äußern mittlerweile „erhebliche Zweifel“ am Fortbestand des Unternehmens.
Obendrein ist im April nahezu der komplette Aufsichtsrat zurückgetreten, die überfällige Jahresbilanz für 2022 hat Sono Motors danach auf unbestimmte Zeit verschoben. Für beides gab es bereits einen Rüffel von der Nasdaq, im schlimmsten Fall könnte den Münchner sogar der Rauswurf aus der Techbörse drohen.