Erhard Goldbach genoss den Respekt, der ihm entgegengebracht wurde. Boulevardblätter nannten den Wanne-Eickeler Ölhändler „Robin Hood der Zapfsäule“, Wirtschaftsblätter „Hecht im Karpfenteich“. In die Firmenzentrale hängte er ein imposantes Gemälde von sich selbst.
Der Tankstellenbetreiber präsentierte sich gern als einer, der gegen die Multis kämpft – was nach der Ölkrise von 1973 gefiel. Sein Prinzip: „Immer zwei Pfennig billiger sein als die anderen.“ Das schaffte er durch Tricksen, das Ausnutzen von Schlupflöchern und ordinären Betrug.
Anfangs heuerte Goldbach Blinde als nominell selbstständige Tankstellenpächter an, weil Anfang der 1970er-Jahre Blinde bei der Lieferung von Mineralöl von der Umsatzsteuer befreit waren. Hunderttausende Liter Sprit deklarierte er als verdunstet oder verschmutzt. Er ließ Peilmaße an Tanks hoch hängen, um Zöllnern leere Öllager vorzugaukeln, und Zähler an den Lkw zinken.
Goldbachs 24-jährige Freundin sammelte die Einnahmen abends per Koffer ein. Belege gab es nie. Rückten die Betriebsprüfer an, fälschten seine Leute Unterlagen fix im Nebenraum. Das Bare ging ins Ausland.
Als Chef war Gewerkschaftshasser Goldbach tough. Ex-Mitarbeiter konnten daher viel berichten. Dass ihm trotzdem lange nichts geschah, obwohl er mit 230 Tankstellen Milliarden umsetzte, lag daran, wie Goldbach sich um Beamte und Politik kümmerte. Dazu nutzte er seinen Puff Club Harmonie in Rösrath und seine Jagdgründe. Einmal wollte ein Amtsleiter eine Wildsau schießen, doch die Rotte war verschwunden. Da ließ Goldbach kurzerhand ein Hausschwein schwarz anmalen und trieb es dem Mann vor die Flinte.
Um die große Politik kümmerte sich ein Ex-CDU-Abgeordneter. Der schwatzte Ende 1977 FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff eine Bürgschaft über 18 Mio. D-Mark ab und 1979 – kurz vor der Pleite – SPD-Finanzminister Hans Matthöfer eine Steuerstundung über 60 Mio. „Ich habe Rückendeckung bis nach Bonn“, brüstete sich Goldbach.
1979 griff dennoch der Zoll zu. Goldbach floh, wurde aber 1980 in Boppard gefasst. Sein SC Westfalia Herne, den er in die zweite Liga gebracht und in Westfalia Goldin Herne umbenannt hatte, musste absteigen. Goldbach wurde 1985 zu zwölf Jahren Haft verurteilt, von denen er neun absaß. Das Geld, insgesamt mehr als 200 Mio. D-Mark, blieb verschwunden.