Die Zahl russischer Staatsbürger, die auf längere Sicht nach Deutschland einreisen, hat sich seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine deutlich erhöht. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es auf Anfrage von Capital, allein zwischen Anfang März und Ende Mai dieses Jahres seien 5500 nationale Visa für den langfristigen Aufenthalt an russische Staatsangehörige ausgestellt worden. Das entspricht einer Zunahme von 77 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum.
Auch im Verhältnis zum gleichen Zeitraum des Jahres 2019 – also dem letzten Jahr vor den Einschränkungen durch die Pandemie – sind merklich mehr Russen für längere Aufenthalte nach Deutschland gekommen. Hier beträgt der Anstieg 52 Prozent.
Die Zahlen, die im Gesamtjahr noch deutlich zulegen dürften, stehen unter anderem für eine gezielte Abwanderung russischer Fachkräfte – die oft auch ihre Familien nachziehen. Unternehmen mit Beschäftigten in Russland hatten nach Kriegsbeginn ihre Mitarbeiter teilweise abgezogen und ganze Büros in Moskau geschlossen. Im Mai hatten deutsche Behörden die Erteilung von Visa für russische Fachkräfte erleichtert.
Branchenorganisationen in Russland berichten von höheren Abwanderungszahlen bei Mitarbeitern des IT-Sektors. Zum anderen arbeiten in der stark mit westlichen Unternehmen verflochtenen Industrie viele Menschen, die dem Krieg Russlands skeptisch gegenüberstehen. Zum anderen haben sich die wirtschaftlichen Aussichten infolge der westlichen Sanktionen und dem Ausbleiben technischer Ersatzteile aus dem Import spürbar verschlechtert.