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Exklusiv Razzia bei Ex-KTG-Vorständen

Der ehemalige KTG-Chef Siegfried Hofreiter
Der ehemalige KTG-Chef Siegfried Hofreiter
© Amin Achtar / Laif
Knapp zwei Jahre nach der Pleite der KTG-Agrar, bei der 12.000 Anleger rund 350 Mio. Euro verloren haben, schlugen nun die Ermittler zu: Razzia in sieben Bundesländern

In die Ermittlungen zur Pleite von Europas größtem börsennotierten Agrarkonzern KTG Agrar kommt Bewegung. Am 25. April durchsuchte die Staatsanwaltschaft Hamburg 19 Objekte in sieben Bundesländern wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung, der unrichtigen Darstellung und Insiderhandels. 98 Beamte waren im Einsatz. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Hamburg auf Capital-Anfrage.

Laut Staatsanwaltschaft wird gegen acht Beschuldigte ermittelt. Nach Capital-Informationen sind darunter neben Ex-Vorständen auch der ehemalige Firmenchef Siegfried Hofreiter und seine ehemalige Lebensgefährtin, die Hauptaktionärin und Aufsichtsrätin Beatrice Ams. Sie soll die einzige Beschuldigte sein, gegen die sich der Verdacht des Insiderhandels richtet. Die Beamten durchsuchten Büros und Privatwohnungen in Bayern, Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Unterlagen, Datenträger und E-Mail-Korrespondenz wurden beschlagnahmt. Die Auswertung wird Monate dauern.

Dickicht aus 120 Firmen

Anfang Juli 2016 hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet, externe Sanierer übernahmen das Kommando. Was das 25-köpfige Team vorfand, war ein Desaster. Ein Dickicht aus 120 Firmen, die mit etwa 400 Mio. Euro überschuldet sind. Die knapp 1000 Mitarbeiter bangten um ihre Jobs, die 12.000 Zeichner mehrerer KTG-Anleihen um fast 350 Mio. Euro. Eine der größten Pleiten auf dem deutschen Markt für Mittelstandsbonds bahnte sich an. Capital berichtete ausführlich in einer Titelgeschichte über die Pleite.

Lange galt KTG Agrar als eine Erfolgsstory: Mitte der 90er-Jahre bewirtschafteten der bayerische Bauernsohn Siegfried Hofreiter und die gelernte Gärtnerin Beatrice Ams gerade einmal 600 Hektar Acker – aber in wenigen Jahren formte Hofreiter daraus Europas größten Agrarkonzern. Aus ein paar Flächen in Ostdeutschland baute er ein Unternehmen mit zuletzt 320 Mio. Euro Umsatz.

Wie besessen kaufte und pachtete Hofreiter Flächen, auf denen er Getreide, Mais und Soja anbaute. Zuletzt kontrollierte er ein Reich von 45.000 Hektar an zwölf Standorten in Deutschland, sowie in Litauen und Rumänien.

Parallel stieg KTG groß ins Biogasgeschäft ein. Am Ende betrieb die börsennotierte Energiesparte 21 Anlagen mit 60 Megawatt, wurde zu einem der größten Ökostromerzeuger im Land. Später schluckte Hofreiter Hersteller für Tiefkühlkost, Bioaufstriche und Speiseöl und baute daraus eine eigene Foodsparte. Sein Slogan: „Vom Feld bis auf den Teller“. Schon 2007 führte Hofreiter KTG mit viel Tamtam an die Börse. Am Tag der Erstnotierung fuhr der Chef der Bauern AG im Traktor vor.

Während die Staatsanwalt nun ihre Ermittlungen ausweitet, baut Hofreiter nach Capital-Informationen bereits an einem neuen Agrar-Reich. Ganz nach dem Vorbild KTG.

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