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Handelsstreit Trump droht mit der nächsten Zollkeule

Donald Trump im Oval Office des Weißen Hauses
US-Präsident Trump plant schon die nächste Runde im Zollstreit
© CNP/AdMedia / IMAGO
US-Präsident Trump sieht sein Land als Opfer unfairer Handelspraktiken und droht deswegen mit immer neuen Zöllen. Aber werden die USA im Welthandel tatsächlich ungerecht behandelt?

Donald Trump liebt Zölle. Die ersten Salven hat er bereits abgefeuert, weitere in Aussicht gestellt. Nun droht der US-Präsident jedem Land Zölle an, mit dem die USA Handel treiben. Im Wahlkampf hatte er ein Bibelwort abgewandelt und die Richtung vorgegeben: „Auge um Auge, Zoll um Zoll, exakt die gleiche Höhe“.

Übersetzt heißt dieser Rachegedanke: Die USA werden ihre Zölle auf das Niveau anheben, das ein anderes Land für die gleichen US-Produkte erhebt. Hinter der Idee solcher „reziproken Zölle“ steckt die Annahme, dass die US-Zölle in der Regel niedriger sind und US-Exporteure deshalb benachteiligt werden.

Inwiefern US-Unternehmen tatsächlich unfair behandelt werden, lässt sich nicht klar sagen. Die Zölle variieren bei den verschiedenen Produkten. Von daher führt es in die Irre, sie einzeln und nicht im Gesamtsystem zu betrachten. Die Berechnungen gegenseitiger Zollsätze sind außerdem komplex und gehen teils auseinander. Trumps Berater Kevin Hesset sagt, die Zollsätze der EU seien im Schnitt zwei bis drei Prozentpunkte höher als die Zollsätze der USA. Die Weltbank hingegen kommt zu dem Ergebnis, dass die US-Zollsätze im Schnitt fast einen Prozentpunkt höher sind als die der EU.

Die Welthandelsorganisation (WTO) wiederum geht von leicht höheren Zollsätzen der Europäer aus – sie weist aber zugleich darauf hin, dass der Anteil der US-Exporte, die zollfrei in die EU gelangen, höher sei als in die andere Richtung. Relativ zu den jeweiligen Handelsvolumen ergibt sich laut WTO daher ein höheres Zollniveau auf US-Seite.

Auch die USA errichten Mauern

Letztlich kommt es auf die Details an, wie Samina Sultan vom IW Köln sagt. „Wenn man die Zölle auf einer eher gröberen Ebene betrachtet, sind die Unterschiede in den meisten Bereichen – mit Ausnahme der Agrarprodukte – nicht besonders groß.“ Betrachte man die Zölle allerdings auf einer feingliedrigeren Ebene, gebe es sehr viel höhere Unterschiede.

Das zeigt sich beispielsweise bei Autos, die Trump immer wieder als Beispiel für unfaire Handelspraktiken Europas anführt. Die USA verlangen 2,5 Prozent für EU-Importe, in die andere Richtung werden 10 Prozent fällig. Für die in den USA beliebten Pickups gibt es aber eine Ausnahme: Die Amerikaner schützen ihre heimischen Hersteller hier mit Zöllen von 25 Prozent.

Gegenüber einzelnen Ländern kann das Zollniveau insgesamt allerdings deutlich ungleicher sein. Der handelsgewichtete Durchschnittszoll der USA liegt laut WTO bei lediglich 2,2 Prozent. Indien erhebt dagegen einen Durchschnittszoll von 12 Prozent und erreicht bei Ölsaaten, Fetten und Ölen 177 Prozent. Die Gründe dafür liegen tiefer. Mit hohen Zöllen etwa für Agrarprodukte will die indische Regierung die vielen einheimischen Kleinbauern schützen, die gegen die billigere industrielle Massenproduktion US-amerikanischer und europäischer Großbetriebe keine Chance haben.

Auch die USA haben für einzelne Produkte große Handelshemmnisse errichtet, beispielsweise für Zucker. Damit schützen sie Hersteller etwa in Florida – viele Jahre ein bei US-Präsidentschaftswahlen wichtiger Swing State. Sollten die Zölle fallen, dürfte Brasilien den US-Markt mit billigem Zucker fluten. Als Ausgleich für diese Zölle erheben die USA nur geringe Zölle auf brasilianisches Ethanol, während für US-Exporte in das südamerikanische Land 18 Prozent fällig werden.

Deutsche Autos im Visier

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Dass die USA solche Zölle auf breiter Basis senken werden, ist zweifelhaft. Denn Trump kritisiert andere Handelshemmnisse, mit denen er eigene hohe Zölle rechtfertigt – also etwa Regularien und Standards. So gibt es beispielsweise europäische Einfuhrbeschränkungen für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA, auf deren Ende Trump drängen könnte.

Auch die Mehrwertsteuer in einigen EU-Ländern hält er für zu hoch und sieht in ihnen eine unfaire Behandlung US-amerikanischer Unternehmen, da in den USA keine solche Steuer erhoben wird. Dabei spielt für ihn keine Rolle, dass in der EU die Mehrwertsteuer auf alle Produkte fällig wird – unabhängig davon, wo sie hergestellt werden.

Ob, wann, in welcher Höhe und gegen wen die USA Vergeltungszölle verhängen, ist völlig unklar. Die zuständigen Behörden haben ein halbes Jahr Zeit, die Maßnahmen auszuarbeiten. Die betroffenen Länder seien dann zu Verhandlungen eingeladen, so sagen Trump-Berater.

Sehr wahrscheinlich ist, dass Trump angesichts des hohen Handelsdefizits auf Deutschland zielen wird. Er ist davon überzeugt, dass der Erfolg deutscher Autokonzerne in den USA zu einem wesentlichen Teil auf ungerechten Handelsvorteilen beruht. In seiner ersten Amtszeit beklagte er, dass Deutschland die USA mit „Mercedes- und BMW-Fahrzeugen zuschüttet“. Die „Millionen“ verkauften deutschen Autos in den USA seien „fürchterlich“. In Zahlen ausgedrückt: Die USA sind das wichtigste Abnehmerland deutscher Pkw-Exporte. 2023 wurden rund 400.000 Autos dorthin verkauft.

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.

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