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Aufbrecher Großes Problem, smarte Lösung: Renewcell

Recycling im Vergleich – links: geschredderter Jeans-Stoff, rechts: der Cellulose-Zellstoff von Renewcell
Recycling im Vergleich – links: geschredderter Jeans-Stoff, rechts: der Cellulose-Zellstoff von Renewcell
© Alexander Donka / PR
Die Altkleider-Container sind überfüllt und das nicht erst seit durch die Lockdowns so viel ausgemistet wird. Es gibt einfach nicht genug Abnehmer für die getragenen Kleidungsstücke. Ein schwedisches Start-up haucht den alten Fetzen neues Leben ein

Klimawandel, Armut, Flüchtlingskrisen: Die Welt ist voller Probleme. Capital stellt in der Serie „Großes Problem, smarte Lösung“ Unternehmen vor, die die großen Herausforderungen unserer Zeit angehen und dabei innovative Wege finden. Diesmal: Das Stockholmer Unternehmen Renewcell und ihr Circulose-Zellstoff

Das Problem:

Mit der Jahrtausendwende ist die Bekleidungsindustrie fast explodiert. Fast Fashion ist auf dem Vormarsch. Innerhalb von 14 Jahren hat sich die Anzahl der produzierten Waren verdoppelt – während sich die Tragedauer über diesen Zeitraum halbierte. In Deutschland werden aktuell etwa 60 neue Kleidungsstücke jährlich pro Person gekauft. Neben günstigen Preisen laden die regelmäßigen neuen Kollektionen zum Kaufen ein. Viele Kleidungsstücke landen daher nach Jahren in den hintersten Ecken der Kleiderschränke in den Altkleidercontainern. Gerade in der Pandemie hat das oft zu überfüllten Sammelboxen gefüllt, weil viele Menschen den Lockdown zum Ausmisten genutzt haben.

Nachhaltig ist das nicht – und das gilt auch für die Produktionsbedingungen in der Textilindustrie. Der Großteil der Kleiderstücke in Geschäften und Online-Shops wird zunehmend aus Polyester hergestellt: 60 Prozent enthalten den aus Erdöl erzeugten Stoff bereits. Synthetische Fasern lassen sich allerdings schwieriger recyceln und sind von minderer Qualität. Die Mehrheit der Kleidungsstücke landet daher auf Mülldeponien – und wird schlussendlich verbrannt.

Die Lösung:

Vor allem das unzureichende Recycling sorgt dafür, dass der Textilkreislauf in Sachen Nachhaltigkeit noch Nachholbedarf hat – auch von Naturfasern wie Baumwolle und Mischfasern wie Viskose. Das Stockholmer Unternehmen „Renewcell“ wollte das ändern. Seine Lösung: Cellulosefasern aus recycelten Kleidungsstücken. Cellulose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände und damit die am häufigsten vorkommende organische Verbindung. In der Textilindustrie werden die Fasern als künstlich hergestellte Variante schon länger eingesetzt, wie bei Viskose oder Acetat. Nur bestanden diese Fasern aus Holz statt Textilabfällen.

Renewcell nutzt abgetragene Kleidungsstücke mit einem hohen Cellulosegehalt. Nachdem die Kleidung von Knöpfen befreit, entfärbt und zerkleinert ist, verwandelt sie sich in eine wässrige Masse. Alles, was keine Cellulosefaser ist, wird dann getrennt. Anschließend wird die Masse getrocknet und zu Platten gepresst. Am Ende bleibt ein fester Zellstoff aus 100 Prozent recycelten Textilien übrig: vom Unternehmen Circulose getauft. Sie kann Baumwolle, Öl und Holz in der Textilproduktion ersetzen.

Der Kopf dahinter:

Hinter Renewcell steckt mehr als nur ein schlauer Kopf, sondern genauer gesagt vier: Professor Mikael Lindström, Dr. Christofer Lindgren, Malcolm Norlin and Professor Gunnar Henriksson. Als Forscher am Royal Institute of Technology (KTH) in Stockholm suchten sie nach einer Möglichkeit, Cellulose zu kompostieren. Während des Prozesses stießen sie auf eine geeignete Methode für Natur- und Mischfasern. 2012 entstand aus diesem Forschungsergebnisses das Unternehmen Renewcell. Lindström und Norlin sind heute noch Mitglieder im Vorstand.

In den vergangenen Jahren hat sich Renewcell immer weiter entwickelt. In Kristinehamn steht seit 2018 die erste Circulose-Anlage. Auch die ersten Kooperationen sind mittlerweile entstanden. Ende November hat Renewcell zugesichert, der schwedischen Modekette H&M tausende Tonnen ihrer Circulose zu verkaufen. Weitere Bekleidungsunternehmen sollen folgen.

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