Wachstumsmarkt Fußball: Am 16. November veranstaltet das HWWI im Hamburger Volksparkstadion die dritte Fußball-Ökonomie-Konferenz mit hochkarätigen Rednern aus dem Fußball-Business, der Fußballvermarktung und aus der Wissenschaft. Zum Programm und zur Anmeldung geht es hier.
Der Profi-Fußball ist auf Höhenflug. Die europäischen Ligen eilen von Umsatzrekord zu Umsatzrekord, die Transfersummen für Fußballspieler explodieren. Ob Stadion- oder Fernsehzuschauer, ob Sponsoren, Mäzene oder Investoren – der Fußball wird von allen Seiten mit Geld regelrecht zugeschüttet. Und noch bevor der Gedanke an mögliche Grenzen des Wachstums zu Ende gedacht ist, tun sich schon neue Wachstumsfelder auf: Digitalisierung und Internationalisierung lauten die Schlagworte, die noch mehr Wachstum verheißen.
In Asien warten nicht nur Millionen, es warten Milliarden potentieller neuer Fußballfans. Asien-Reisen von Bundesligisten mit Testspielen während der Saison-Vorbereitung sind wohl nur die Vorboten für tiefgreifende Veränderungen. Nicht ausgeschlossen, dass in einigen Jahren auch einzelne Pflichtspiele der Bundesliga oder der Champions League in Asien ausgetragen werden, um den dortigen Markt besser erschließen zu können. Selbst über die Gründung einer Weltliga mit ausgewählten Teilnehmern von allen fünf Kontinenten wird mittlerweile laut nachgedacht. Es geht bei solchen Gedankenspielen letztlich darum, noch mehr Geld zu verdienen. Auf der Strecke bliebe dabei der traditionelle Fan, der seinen Klub Woche für Woche bei Heim- und Auswärtsspielen unterstützt. Er müsste sich damit abfinden, dass er mehr und mehr zum Fernsehzuschauer degradiert wird.
Fußballfans sind krisenresistent
Schon jetzt ist der Fußball in Teilen überdreht. Aber ist es schon so weit, dass bei einer weiteren rigorosen Kommerzialisierungsrunde möglicherweise der Absturz droht? Oder geht der Höhenflug einfach weiter? Bisher ist der Fußball praktisch immun gegen Krisen – zumindest in Deutschland. Die letzte echte Krise erlebte die Bundesliga im Jahr 1971, als mehrere Punktspiele „verschoben“ worden waren. Die Zuschauerzahlen in den Stadien sanken nach dem Bundesliga-Skandal zwei Spielzeiten in Folge beträchtlich, von insgesamt 6,3 Millionen (20.661 pro Spiel, Saison 1970/71) auf gerade noch 5 Millionen (16.387 pro Spiel, Saison 1972/73). Es war das bislang letzte Mal, dass sich die Zuschauer aufgrund eines einzelnen Ereignisses – zumindest vorübergehend – von der Bundesliga abwendeten.
Insbesondere seit Beginn der professionellen Vermarktung Ende der 80er-Jahre haben sich die Fußballfans als erstaunlich anpassungsfähig und krisenresistent erwiesen. Es scheint, als ließe sich der Fan heute durch nichts mehr verschrecken. Ob es um Auswüchse der Kommerzialisierung oder um handfeste Skandale wie Korruption in den Verbänden oder gar Wettbetrug ging, die Fans sind dem Fußball treu geblieben.
Die Erfolgsgeschichte des Fußballs ist so beeindruckend, dass Fragen nach einem möglichen Ende des Booms geradezu akademisch wirken. Und doch sind sie nicht ganz unberechtigt. „Gratwanderung“ war eines der am häufigsten benutzen Worte der Referenten auf einer hochkarätig besetzten Fußball-Konferenz vor wenigen Wochen in Frankfurt. Offenbar wird den Fußball-Machern bewusst, dass die Stimmung kippen könnte.
Gefahren für den Fußball
Und Stimmungsumschwünge kommen oft ohne Vorwarnung. Zwar wäre es übertrieben, eine Analogie zur Börse herzustellen, wo rapide Stimmungsumschwünge als Crash enden können, aber Vorsicht ist allemal angebracht. Überall befinden sich Globalisierung, Marktwirtschaft und Kapitalismus derzeit in einer Legitimationskrise, überall müssen Exzesse korrigiert werden. Es wäre geradezu töricht, wenn der globalisierte und kommerzialisierte Fußball das einfach ignorieren würde.
Um es deutlich zu sagen: Professionelle Strukturen in den Klubs und Verbänden sind positiv und haben den Fußball – auch sportlich – auf ein neues Niveau gehoben. Erlöswachstum und steigende Spielergehälter sind alles andere als verwerflich. Solange höhere Preise, höhere Erlöse und höhere Spielergehälter mit besserer Produktqualität einhergehen, gibt es überhaupt keinen Grund zu klagen.
Wenn aber der sportliche Wettbewerb verwässert wird, indem die Teilnehmerzahlen bei Welt- und Europameisterschaften nach oben geschraubt werden, nur um noch mehr Geld aus den Wettbewerben herauszupressen, gerät der Sport auf die schiefe Ebene. Und wenn Korruption und Wettbetrug salonfähig werden, verliert der Fußball seine Vorbildfunktion. Derartige Schieflagen sind zu vermeiden oder zu korrigieren. Wenn das gelingt, wird der Fußball seinen Höhenflug noch lange fortsetzen.
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