Das Münchner Start-up Finn Auto trennt sich von seinem Gründer und CEO Max-Josef Meier, nachdem Vorwürfe wegen sexueller Belästigung öffentlich wurden. Nach Informationen von Capital fiel die Entscheidung bereits am Mittwochabend bei einem Krisentreffen des Investoren-Beirats in München. Ein Sprecher von Finn bestätigte den sofortigen Rückzug von Meier, der „einvernehmlich“ erfolgt sei. Maximilian Wühr, bisher im Vorstand für das Wachstum zuständig, wird demnach neuer CEO.
Max-Josef Meier hatte vergangene Woche im Gespräch mit Capital die sexuelle Belästigung von neun Mitarbeiterinnen eingeräumt, nachdem unsere Redaktion ihn zuvor mit den Vorwürfen konfrontiert hatte.
Seit der Veröffentlichung der Belästigungsvorwürfe hatte der Druck auf Meier zugenommen – auch wegen möglicher juristischer Konsequenzen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München I in der Sache ermittelt. „Wir haben aufgrund der Berichterstattung unsererseits ein Verfahren eingeleitet und prüfen die geschilderten Vorgänge in strafrechtlicher Hinsicht“, bestätigte Oberstaatsanwältin Anne Leiding.
Sexuelle Belästigung im Büro
Die Übergriffe ereigneten sich bereits vor gut eineinhalb Jahren im Büro des Start-ups bei einer Weihnachtsfeier, drangen aber erst durch einen Whistleblower an die Öffentlichkeit.
„Nach den Schilderungen habe ich an dem Abend, in Anwesenheit von anderen, gegenüber mehreren Frauen übergriffige verbale Äußerungen und Aufforderungen gemacht, sie am Gesäß angefasst und versucht, einige von ihnen ohne Einvernehmen zu küssen“, sagte Meier im Gespräch mit Capital. Er selbst sei an jenem Abend stark alkoholisiert gewesen und habe keine Erinnerungen mehr an die Vorfälle.
Investoren gaben Meier zweite Chance
Laut Meier wurden die größten Gesellschafter und die Mitarbeiter in der Woche nach der Weihnachtsfeier 2021 über seine Übergriffe informiert. Meier habe auch seinen Rücktritt angeboten. Dazu kam es aber offenbar nicht. Die Investoren – darunter die prominenten Start-up-Finanziers HV Capital, Picus Capital und Heartcore – hielten zunächst weiter an ihm fest.
Das Unternehmen setzte nach der Weihnachtsfeier ein sogenanntes „Action Team“ aus sechs Kolleginnen und Kollegen zur internen Aufarbeitung ein, wie Dokumente belegen. Mit den Ergebnissen war man offenbar zufrieden. Nach zweieinhalb Monaten Büro-Verbot und der Vereinbarung über eine Therapie und ein Coaching bekam Meier eine zweite Chance.
„Das Leadership ist letztendlich zusammen mit dem Action Team und unserem Board zu der Entscheidung gelangt, dass ich in meine Rolle als CEO wieder zurückkommen soll“, bestätigte der Finn-Chef noch vergangene Woche gegenüber Capital.
Mit der Veröffentlichung der Vorwürfe war der Druck offenbar gestiegen. HV Capital und Picus Capital wollten sich auf Anfrage von Capital zunächst nicht zu dem CEO-Rücktritt äußern und erbaten sich mehr Zeit. Auch in der offiziellen Pressemitteilung, die Finn.Auto am Donnerstag herausgab, melden sie sich nicht zu Wort.
Meier gilt als treibende Kraft hinter Finn und ist mit rund 16 Prozent der größte Anteilseigner der Firma. Der Abschied von ihm dürfte daher aus geschäftlicher Sicht eine Herausforderung werden. Wohl auch deswegen verstärkt das Start-up jetzt seinen Vorstand. Neben der Ernennung des neuen CEOs Maximilian Wühr soll der bisherige Flotten-Chef Jürgen Lobach in die Geschäftsführung aufrücken.