Rund ein Drittel der Start-ups in Europa seien durch die Corona-Pandemie beeinträchtigt, zeigt ein Bericht der Datenplattform europeanstartups.co. Obwohl viele Jungunternehmen befürchten, dass ihnen in der Krise das Geld ausgeht, seien die meisten europäischen Start-ups durch Investoren abgesichert, heißt es weiter.
Die Stimmung in der Gründerszene ist trotzdem angespannt. Ende März fürchteten laut einer Umfrage des Bundesverbands Deutsche Startups rund 70 Prozent der tausend befragten Jungunternehmen um ihre Existenz. Zwar kennt die Branche auch einige Gewinner wie die Online-Lernplattform Sofatutor, deren Nutzerzahlen seit Ausbruch der Pandemie in die Höhe schießen. Mit der Insolvenz von Babyartikel-Versand Tausendkind aus Berlin hat die Krise aber bereits ihr erstes Opfer gefordert.
Die Sorge gilt dabei nicht nur den kleinen Firmen. Auch den Schwergewichten macht die Krise zu schaffen. Gerade Reise-Start-ups, die zuletzt noch durch besonders hohe Erfolgschancen auffielen, stehen jetzt vor eingebrochenen Buchungszahlen und der Frage, wie es weitergehen soll.
Sieben erfolgreiche Start-ups, denen die Corona-Krise zuletzt besonders zu schaffen machte, hat Capital zusammengestellt.
Diese Start-ups trifft die Corona-Krise besonders
Diese Start-ups sind von der Krise betroffen
In Deutschland gehört Omio zu einem der wertvollsten Tech-Start-ups. Rund 27 Mio. Nutzer monatlich griffen nach eigenen Angaben vor der Krise auf die Software zurück, mit der man per Smartphone Flug-, Zug- und Bustickets buchen kann. Erst im Januar expandierte die Online-Reiseplattform auf den amerikanischen Markt. Jetzt bleibt ein Großteil der Buchungen aus. Entlassungen und Kurzarbeit habe es bislang aber noch nicht gegeben, sagte Omio gegenüber Gründerszene.
Während der Einzelhandel bis zuletzt unter geschlossenen Geschäften litt, sind die Folgen der Corona-Krise auch im Onlinehandel spürbar. Online-Modehändler Zalando kündigte als Reaktion auf das schwächere Wachstum im ersten Quartal ein Sparprogramm an. Um rund 350 Mio. Euro will der Konzern seine Ausgaben im Marketing und in Sachen Investitionen verringern. Von Januar bis März waren die Umsätze um 11,6 Prozent gewachsen – und blieben damit deutlich hinter den Vorjahreswerten zurück. Beim bereinigten Betriebsergebnis rutschte Zalando sogar mit 90 bis 110 Mio. Euro ins Minus, Sonderabschreibungen von 40 Mio. Euro eingerechnet.
Krisenerfahrung hat Getyourguide schon bei seiner Gründung gemacht. Das Berliner Start-up ging im Jahr 2008 während der Finanzkrise an den Start. Knapp 12 Jahre später ist Getyourguide die weltweit größte Buchungsplattform für Freizeitaktivitäten und Sightseeing-Touren. Mittlerweile sind die Buchungszahlen aber drastisch eingebrochen. Teile des Teams sind laut dem rbb in Kurzarbeit. Die Firmengründer verzichten freiwillig auf die Hälfte ihres Gehalts, beim oberen Management ist es fast ein Drittel. Die Devise in Krisen-Zeiten lautet: Den Gürtel enger schnallen.
Das Münchener Reise-Start-up Flixmobility ist vor allem für seine grünen Fernbusse bekannt. Vor der Krise hatte Flixbus nach eigenen Angaben 2500 Ziele in 32 Ländern verbunden. Seit knapp zwei Jahren ist das Jungunternehmen mit Flixtrain auch auf Schienen unterwegs. Bislang galt Flixmobility zu den Branchengrößen: Im Sommer 2019 wurde das Start-up mit 2 Mrd. Euro bewertete und konnte 500 Mio. Euro an Finanzierungen einsammeln. Seit sechs Wochen steht die Busflotte allerdings still. Auch die grünen Züge fahren bis auf Weiteres nicht mehr. Zum ersten April schickte das Reise-Start-up dann fast alle deutschen Mitarbeiter in Kurzarbeit, wie Gründerszene berichtet.
Bis zuletzt standen bei Tourlane alle Zeichen auf Wachstum: 2020 sollten gleiche mehrere Social-Media-Kampagnen mit Influencern starten, auch Wagniskapitalgeber hatten das Berliner Online-Reisebüro längst als vielversprechenden Kandidaten für Investitionen im Visier. Durch die Corona-Krise ist der Boom unter den Reise-Start-ups aber erstmal vorbei – und auch Tourlane muss kürzer treten. Im März reagierte das Start-up deshalb mit Kurzarbeit für einen Teil der Mitarbeiter. Zur finanziellen Situation sagte das Start-up gegenüber Gründerszene, dass man über genug Kapital verfüge, um die Krise zu überstehen.
500.000 Nutzer suchen nach eigenen Angaben täglich auf Hometogo nach Ferienunterkünften. In 2018 übernahm das Berliner Start-up um die Suchmaschine den Hamburger Konkurrenten Casamundo. Schon im Herbst 2019 waren einige Abteilungen von Casamundo nach Umbaumaßnahmen geschlossen worden. Durch die Corona-Krise ließ sich das Tochterunternehmen zuletzt nur schwer halten. Ende März entschied sich Hometogo schließlich den Betrieb in der Hansestadt zum 30. Juni einzustellen. Die Marke soll künftig aus Berlin weitergeführt werden.
Die Corona-Krise hat den Erfolgskurs von Auto1 vorerst gebremst. Der Online-Gebrauchtwagenhändler, der vor allem für die Marke wirkaufendeinauto.de bekannt ist, galt als eines der wertvollsten Start-ups in Deutschland: Investoren bewerteten es zuletzt mit 2,9 Mrd. Euro. Vor der Krise gab es außerdem eine Finanzierung von 300 Mio. Euro. Seit März steht das Geschäft allerdings still. Auf die eingebrochene Nachfrage kündigte Auto1 für seine deutschen Mitarbeiter Kurzarbeit an. Parallel kämpft das Start-up an einer weiteren Front: Anfang April hat es die Partnerschaft mit seiner eigenen Fintech-Tochter Auto1 Fintech gekappt.