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Déjà-vu Die verlorene Ehre der Warburg-Bank

Die Warburg Bank muss um ihren Ruf fürchten
Die Warburg Bank muss um ihren Ruf fürchten
© dpa
Die Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften könnte den Ruf der Warburg-Bank zerstören. Mit der Unternehmenskultur hapert es dort schon lange

Nobel. Das Adjektiv fiel früher fast immer, wenn von der Warburg-Bank die Rede war. Wer schon einmal in den holzgetäfelten Räumen, nur ­einen Steinwurf von Hamburgs Binnenalster entfernt, mit Kaviar und Hummermedaillons traktiert wurde, kam meist schwer beeindruckt wieder heraus. Doch im Geschäftsleben regierte unter dem eigentlichen Kopf und Mehrheitseigner der Bank, Christian Olearius, nicht gerade Noblesse, sondern eher Gier. Und zwar sowohl bei vielen Kunden, die vor allem auf Teufel komm raus Steuern sparen wollten, als auch in der Spitze des Kreditinstituts, die sich für immer neue Steuersparmodelle außergewöhnlich hoch bezahlen ließ.

Eines dieser windigen Geschäfte – die Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften zulasten des deutschen Staats – kostet Olearius nun sein letztes Amt: Unter dem Druck der Banken­aufsicht Bafin hat der 77-Jährige zum Jahresende den Aufsichtsratsvorsitz abgegeben. Viele aber erwarten, dass er aus dem Hintergrund weiter die Fäden zieht. Sein Sohn Joachim leitet die Bank, sein ewiger Vertrauter Bernd Thiemann übernimmt den Aufsichtsratsvorsitz. Und selbst unter seinen größten Bewunderern gilt Olearius als Schlitzohr.

Die aktuelle Capital
Die aktuelle Capital

Ich erinnere mich gut an ein Gespräch mit ihm vor fast 15 Jahren in Warburgs heiligen Hallen. Olearius pries das Geschäft mit Schiffsfonds für Privatanleger, das wie „geschnitten Brot“ laufe. Als die Reedereien kurz darauf in die größte Krise ihrer jüngeren Geschichte stürzten, büßten viele Investoren bitter für ihre Gier nach hohen Renditen.

Olearius wollte mich damals vergeblich dazu bewegen, die kritischen Berichte des „Handelsblatt“ über die Verwicklung seiner Bank in einen anderen Skandal einzustellen. Damals ging es um den berüchtigten nigerianischen Militärdiktator Sani Abacha , der mithilfe der Warburg-Bank 1,31 Mrd. Mark (rund 670 Mio. Euro) ins Ausland verschoben hatte. Unter anderem flossen über die Filiale Zürich Bestechungsgelder in Höhe von 300 Mio. Mark an den Abacha-Clan. Die Schweizer Bankenaufsicht rügte einen schweren Verstoß gegen das Prinzip einer „einwandfreien Geschäftsführung“. Mehrere Warburg-Manager nahmen ihren Hut. Der „Spiegel“ berichtete im Jahr 2000 detailliert über die Rolle der Warburg-Bank in dem Skandal. Und noch einige Jahre später, als ich Olearius traf, hing der Schlagschatten der Affäre dunkel über dem Kreditinstitut. Erst allmählich fiel der große Skandal dem gnädigen öffentlichen Vergessen anheim.

Die Macht des Haupteigentümers prägte und prägt die Bank. Erst mit seinem Eintritt ging es steil nach oben. Der ehemalige NordLB-Manager, der dort einige Jahre unter seinem heutigen Freund und Aufsichtsratschef Thiemann diente, baute die Geschäfte in rasantem Tempo aus. Ein Dutzend anderer Privatbanken wanderte unter das Dach der Warburg-Gruppe. Man verdiente über die Jahre viel, sehr viel Geld. Aber die Cum-Ex-Affäre gefährdet nun ­alles, was unter der Regie von Olearius entstanden ist. Hohe Rückforderungen der Finanzämter und mögliche Strafen könnten das Eigenkapital der Gruppe schwer belasten. Vor allem aber leidet der Ruf. Von nobel spricht bei den Cum-Ex-Geschäften niemand.

Bernd Ziesemer war Chefredakteur des „Handelsblatt“. In der Kolumne „Déjà-vu“ greift er jeden Monat Strategien, Probleme und Pläne von Unternehmen auf – und durchleuchtet sie bis in die Vergangenheit.

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