Auf der Hauptversammlung Anfang Mai legte sich der neue Vorstandschef der BASF SE, Martin Brudermüller, noch einmal kräftig für seine Aktionäre ins Zeug: „Wir wollen für Sie überdurchschnittlich Wert schaffen!“ Leider war davon beim Aktienkurs in den Tagen nach seiner Rede gar nichts zu merken: In der vergangenen Woche verloren die BASF-Papiere fast zehn Prozent an Wert. In den letzten zwölf Monaten summierte sich das Minus sogar auf 25 Prozent. Da hilft die Erhöhung der Dividende um zehn Cent wenig. Insgesamt bescherte die BASF ihren Aktionären seit dem Amtsantritt Brudermüllers eine negative Rendite, die noch deutlich unter dem schlechten Durchschnittswert aller Chemiewerte lag.
Jede schlechte Nachricht schlägt auf den Kurs der Aktie durch. Der Handelsstreit zwischen den USA und China eskaliert? Prompt gibt die BASF-Aktie nach, weil der Konzern stark vom Geschäft im Reich der Mitte abhängt. Die deutsche Autobranche verkündet weitere Hiobsbotschaften? Sofort schießen die Papiere der BASF nach unten, weil das Unternehmen viel Umsatz mit Audi, BMW und Daimler macht. Das Gesamtwachstum der deutschen Wirtschaft schwächelt? Im Nu spürt man es beim Kursverlauf der BASF, weil alle wissen: Chemieaktien gehören zu den besonders zyklischen Werten im Dax.
Dass auch die eigene Entwicklung des Konzerns wahrlich keinen Anlass zum Jubeln bietet, zeigte sich beim letzten Quartalsbericht. Das Jahr 2019 hat für die BASF schwach begonnen und auch das zweite Quartal läuft offenbar schwach. Erst zum Jahresende könnte sich die Lage aufhellen, wenn denn wirklich eintrifft, was sich Brudermüller erhofft. Vorsichtshalber haben Vorstand und Aufsichtsrat 2019 allerdings schon einmal zum „Jahr des Übergangs“ erklärt. Will heißen: Liebe Aktionäre, erwartet nicht zu viel von uns!
BASF fehlt der große Wurf
In der Tat sehen selbst die wohlmeinenden Beobachter mittelfristig viele Risiken und relativ wenige Chancen für den Konzern: Hohe Investitionen ausgerechnet in China; eine Organisation im Dauerumbau; ein steigender Wettbewerbsdruck durch neue Konkurrenten und fehlende innovative Produkte, um sich diesem Druck zu entziehen. Ein kleines Gedankenspiel: Wo könnte die BASF stehen, wenn sie den angeschlagenen Wettbewerber Bayer mit einem Unkrautvernichter ohne Glyphosat angreifen könnte? Leider gibt es so ein Anti-Roundup-Mittel aber natürlich nicht. Stattdessen bemüht sich die BASF redlich, nun die Agrargeschäfte zu integrieren, die beim Bayer-Monsanto-Deal wie Brosamen von Tisch fielen.
Leider fehlen bei der BASF seit langem der große Schub und der neue Wurf. Dafür trägt über weite Strecken Brudermüllers Vorgänger Kurt Bock die Verantwortung . Doch da der Ex-Vorstandschef bald an die Spitze des Aufsichtsrats rückt, darf sich im Unternehmen niemand zu nachhaltig von seinem Kurs distanzieren. Hinzu kommt: Brudermüller war seit 2011 Stellvertreter Bocks und zuletzt auch für die Forschung der BASF zuständig. Da fällt es schwer, die Schuld auf andere abzuschieben. Vielleicht läuft der neue Chef aber ja doch noch mit neuem Mut zur kreativen Veränderung des Geschäftsmodells an, das sich in manchen Teilen überlebt hat.