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Ukrainekrieg Weltfremde Börsen: Warum die Hoffnung auf Frieden vergebens ist

Das Bild zeigt den russischen Präsidenten Wladimir Putin (links) und US-Präsident Donald Trump (rechts
US-Präsident Trump will einen Frieden mit Kremlherrscher Putin aushandeln, doch damit spielt er ihm nur in die Hände
© Artem Priakhin/ZUMA Press Wire / IMAGO
Sorgt Donald Trump für ein Ende des Ukrainekriegs? Die Märkte scheinen daran zu glauben. Doch mit dem russischen Diktator Putin wird es keinen Frieden in Europa geben, weil Russland ganz andere Ziele verfolgt

An dem Tag, an dem Donald Trump über sein Gespräch mit dem russischen Diktator Wladimir Putin berichtete und einen Friedensplan für Russlands Krieg gegen die Ukraine ankündigte, reagierte auch der Dax: Der deutsche Aktienindex erreichte ein Rekordhoch. Die Aktie des Chemiekonzerns BASF, der jahrelang enge Beziehungen nach Russland unterhielt, lag zwischenzeitlich sogar mit fünf Prozent im Plus. In Marktberichten war von einer „Hoffnung auf Kriegsende“ die Rede, die die Märkte beflügele. Selbst das Vorhaben der US-Regierung, die Welt mit einer Welle von Gegenzöllen zu überziehen, trübte die Freude am Aktienmarkt kaum.

Diese kleine Party an der Börse wirft vor allem eine Frage auf: Haben die Anleger eigentlich mitbekommen, was in den vergangenen drei Jahren passiert ist? Der Glaube, Trump werde durch Gespräche mit Putin tatsächlich einen echten Frieden nach Europa bringen, die allgemein herrschende Verunsicherung beenden und gewissermaßen den Zustand von 2021 wieder herstellen, ist vollkommen weltfremd. Russlands Staatschef und seine Lautsprecher haben immer wieder deutlich gemacht, dass es ihnen nicht nur um den derzeit besetzten Osten der Ukraine geht, sondern um das ganze Land. 

Mehr noch: Ihr Ziel ist eine neue Sicherheitsordnung für Europa, was aus russischem Mund nichts anderes bedeutet, als dass der Kreml auf ein möglichst großes Gebiet Einfluss ausüben will, ein Gebiet, zu dem auch NATO-Staaten wie die drei baltischen Länder und Polen gehören. Da die USA dabei sind, sich als Schutzmacht zu verabschieden, rückt dieses Ziel nun einen großen Schritt näher.

Das aber bedeutet: Selbst ein Waffenstillstand in der Ukraine, sollte er in den kommenden Monaten erreicht werden, wird nichts daran ändern, dass in Europa Krieg herrscht. Im Gegenteil, es wird sogar wahrscheinlicher, dass der Konflikt sich ausweitet. Putin bekäme Zeit, seine Streitkräfte zu sortieren, Waffen zu produzieren und neue Ziele festzulegen. Russland ist seit dem Ende der Sowjetunion ein Spezialist darin geworden, Konflikte zu entfachen und sie am Köcheln zu halten. Der Kreml will Länder in seiner Umgebung dauerhaft destabilisieren: Georgien, die Republik Moldau oder eben auch die Ukraine. Alles spricht dafür, dass Moskau diese Taktik fortsetzen wird, nur mit noch mehr Selbstbewusstsein und ungestört von amerikanischen Interventionen.

Russland hat im Jahr 2023 nach Angaben des Stockholmer Instituts für Friedensforschung annähernd sechs Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Rüstung ausgegeben, mehr als jeder Staat der Europäischen Union. Es hat Kooperationen mit China, mit dem Iran und mit Nordkorea geschlossen, Waffen gekauft und Söldner angeheuert. Die russische Wirtschaft nährt sich von der eigenen Aufrüstung, ohne die sie längst in die Rezession gerutscht wäre. Die meisten anderen Sektoren liegen brach, haben Probleme, Arbeitskräfte zu bekommen und ächzen unter hohen Zinsen und der strammen Inflation. Währenddessen werden die Banken angehalten, Rüstungskonzerne mit günstigen, marktfernen Krediten zu versorgen. So geht kein Land vor, das sich auf den Frieden vorbereitet.

Kein Weg zurück

Selbst wenn die Sanktionen der USA und der EU aufgeweicht würden – wozu es angesichts der andauernden Aggression keinen Anlass gibt – stellt sich die Frage, wem das nützt. Es wäre fatal, wenn man in Deutschland auf die Idee käme, wieder Gas und Öl aus Russland zu importieren und sich damit zurück in eine Abhängigkeit zu begeben, aus der sich das Land gerade unter Schmerzen befreit hat. Gefüllt würde lediglich die russische Kriegskasse, mit der der Kremlchef auf neue Raubzüge gehen könnte.

In der gleichen Woche, in dem an den Börsen die Hoffnung auf Frieden aufkeimte, machte eine Analyse der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz die Runde, die zu einem interessanten Befund kam: Die Misere, in der die deutsche Wirtschaft seit geraumer Zeit stecke, so der Kern der Studie, sei zu einem guten Teil hausgemacht. Eine schwache Innovationskraft, veraltete Strukturen und aufgeblähte Verwaltungen hätten die Unternehmen ausgebremst. Das Problem hoher Energiepreise hingegen, über das so oft geschimpft wird, spiele lediglich für einige wenige Unternehmen eine Rolle.

Im Licht der aktuellen Ereignisse kann man diese Analyse nun ergänzen: Ein Pseudo-Frieden in der Ukraine wird den deutschen Konzernen nicht helfen, günstige russische Energielieferungen werden nicht wieder kommen. Es gibt kein Zurück in die Welt von vor 2022.

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