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Bernd Ziesemer Schlechtes Management, hohes China-Risiko

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
© Martin Kress
Die Bundesregierung setzt in ihrer neuen China-Strategie auf die Eigenverantwortung der Konzerne. Bei BASF, VW und Co. geht diese Hoffnung ins Leere

Private Investitionen zu steuern gehört in einer sozialen Marktwirtschaft nicht zu den Aufgaben der Regierung. Sie kann Anreize geben, einen gesetzlichen Rahmen setzen und den Unternehmen die Folgen ihres Handelns vor Augen führen. Dieser richtige Gedanken durchzieht die neue deutsche China-Strategie. Die beiden Kernsätze des 64-Seiten-Papiers der Bundesregierung lauten: „Unternehmen müssen geopolitische Risiken bei ihren Entscheidungen adäquat berücksichtigen. Die Kosten von Klumpenrisiken müssen verstärkt internalisiert werden.“

Eigentlich formuliert die Koalition damit nur Selbstverständliches: Risikomanagement gehört zu den wichtigsten Aufgaben guter Unternehmensführung. Und die meisten deutschen Konzerne halten sich auch im Fall ihres China-Engagements an diesen Grundsatz.

Was ist aber mit den Firmen, die seit vielen Jahren die Grundsätze guter Unternehmensführung missachten? Unter Corporate-Governance-Experten gelten Konzerne wie BASF oder VW seit vielen Jahren als hoffnungslose Fälle. Bei dem Chemiekonzern wechseln Vorstandschefs regelmäßig in den Aufsichtsratsvorsitz, das gesamte Management kreist in sich selbst, Outsider haben keine Chance. Bei dem Autokonzern regiert die Porsche-Piech-Sippe an den Konzerngremien vorbei nach Gutsherrenart, CEO Oliver Blume verwaltet in Personalunion sowohl den Chefposten bei Porsche als auch bei VW.

Viele Unternehmen verschleiern China-Engagement

Man kann die These wagen: Konzerne, die sich besonders wenig um die Prinzipien guter Unternehmensführung scheren, gehen auch die größten Wagnisse in China ein. Und sie weisen die wirklichen Risiken ihrer Milliardeninvestitionen im Reich der Mitte noch nicht einmal vollständig und detailliert in ihren Geschäftsberichten aus. Einige andere große Unternehmen halten es genauso und ihre Aktionäre versagen in ihrer Rolle als Eigentümer.

Die neue Berliner China-Strategie enthält viele starke Aussagen und gleichzeitig auch viele Formelkompromisse. An einem Punkt aber versagt sie völlig: die Konzerne wenigstens zu mehr Transparenz in ihrem China-Geschäft zu zwingen. Dabei geht es nicht um Investitionslenkung; Konzerne müssen eigenständig entscheiden, ob sie noch mehr Geld in China ausgeben wollen oder nicht.

Aber die Aufgabe der Politik ist es, die Interessen der kleinen Aktionäre und anderen Stakeholder zu schützen. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten auf vielen Feldern mehr Transparenz in den Unternehmen erzwungen – man denke nur an die Angaben über Vorstandsgehälter und Aufsichtsratstantiemen, die früher in den Konzernen wie ein Staatsgeheimnis behandelt wurden. Geschäftsberichte liefern heute sehr viel mehr Informationen als vor 20 Jahren. Es wäre daher kein Systembruch, auch mehr Informationen über den Umgang mit geopolitischen Risiken zu verlangen.

Viele Unternehmen verschleiern selbst die Basiszahlen ihres China-Engagements und verstecken sie, bisher völlig legal, unter der Rubrik „Fernost und Australien“. Angaben zum Anteil des China-Geschäfts an den Gewinnen fehlen ebenfalls. Welche Rolle es bei Unternehmen wie VW oder BASF wirklich spielt, werden wir erst erfahren, wenn es zu spät ist.  

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