Wann gab es eigentlich die letzten guten Nachrichten aus Ludwigshafen? Man kann sich gar nicht mehr daran erinnern. Die neusten Quartalszahlen von BASF liefern auf jeden Fall keinen auch noch so kleinen Hoffnungsschimmer: Der Umsatz des Konzerns fiel zuletzt um fast ein Viertel, das Vorsteuerergebnis um fast 60 Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet BASF jetzt nur noch einen Umsatz von 73 bis 76 Mrd. Euro und einen operativen Gewinn von 4 bis 4,4 Mrd. Euro. Das sind herbe Rückgänge gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber den letzten eigenen Planzahlen.
Vor allem aber machen die Zahlen deutlich, dass der Chemiekonzern nun schon zehn verlorene Jahre hinter sich hat. 2013 wies die Bilanz noch einen Gewinn von 7,2 Mrd. Euro aus, fast doppelt so viel wie jetzt. Der Aktienkurs, der vor acht Jahren schon mal bei fast 100 Euro stand, hat sich bis heute halbiert. Über all das verliert Vorstandschef Martin Brudermüller jedoch kein Wort. Auch bei der Vorstellung der neusten Quartalszahlen in der letzten Woche kam dem selbstgewissen Manager kein Wort der Selbstkritik über die Lippen. Nach seiner Meinung macht BASF alles richtig.
Dem Vorstand fällt deshalb nur eines ein, um das Allerschlimmste zu verhindern: sparen, sparen, sparen. Konkret heißt das: Jobs abbauen, Anlagen schließen, die Lagerbestände reduzieren, so wenig wie möglich Bargeld vorhalten, Investitionen herunterfahren. Und das alles vor allem am Stammsitz des Unternehmens am Rhein. Strategische Kurskorrekturen? Keine. Neue Ideen? Ebenfalls keine.
BASF bindet sich an riskantes China-Abenteuer
Stattdessen setzt der Vorstandschef starr auf ein „Weiter-so wie bisher“. Das gilt vor allem für sein Lieblingsprojekt: den neuen Standort im Süden Chinas, der noch für viele Jahre Milliarden Euro an Investitionen erfordert. In seiner Präsentation in der letzten Woche versuchte Brudermüller den Eindruck zu erwecken, der Konzern bemühe sich mit seinen Investitionsprojekten in den USA und im Ostdeutschland darum, Risiken geopolitisch auszutarieren. Doch davon kann in Wahrheit keine Rede sein: Kein anderes Projekt verschlingt auch nur annähernd so viel Geld wie der zweite Verbundstandort in China.
Wenn das China-Abenteuer schiefgeht, zum Beispiel bei einem Angriff auf Taiwan, fährt der Konzern gegen die Wand. BASF hat inzwischen so viel Substanz verloren, dass man sich die Folgen kaum ausmalen mag. Seit der Gründung des Konzerns 1865 galt in Ludwigshafen eigentlich die eiserne Regel, kein einzelnes Projekt dürfe so riskant sein, dass es Fortbestand des Unternehmens gefährden könne. Und lange handelten die BASF-Vorstände auch nach diesem Vorsatz. Als sich die Bayer AG 2018 den amerikanischen Monsanto-Konzern einverleibte, hörte man aus der Chefetage in Ludwigshafen, so ein hohes Risiko wäre man selbst niemals eingegangen. Heute muss man die Frage stellen: Fährt der Konzern mit seiner China-Strategie nicht längst ein ähnlich hohes Risiko wie Bayer damals mit Monsanto?