Die Corona-Krise macht auch Europas Brauereien zu schaffen. Allein in Deutschland ist der Absatz im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent eingebrochen . Zuletzt hatte sich die Zahl der Brauereien allerdings erhöht, wie der Verband Brewers of Europe, der Dachorganisation von 29 nationalen Brauereien, ermittelt hat. Knapp 10.300 Brauereien zählte der Verband in seinem letzten Bericht im Frühjahr 2020.
Damit ist die Bierbranche auch für die Wirtschaft der in dem Verband zusammengeschlossenen Länder ein wichtiger Faktor, wie die Datensammlungen und Berichte der Brewers of Europe für das Jahr 2018 zeigen. Eine Übersicht der acht wichtigsten Fakten zum Biermarkt in Europa:
#1 Nummer zwei weltweit
2018 wurden auf dem europäischen Kontinent insgesamt 405 Millionen Hektoliter produziert. Damit wurde die Marke von 400 Millionen Hektoliter das erste Mal seit einem Jahrzehnt wieder überschritten. Nimmt man die ehemaligen 28 EU-Staaten zusammen, ist die Staatengemeinschaft hinter China und vor den USA der zweitgrößte Bierproduzent der Welt. Und das zu Recht, denn die Auswahl mit rund 80 Arten von Bier und 50.000 Biermarken nicht gerade klein.
#2 2,3 Millionen Arbeitsplätze
Am Biermarkt hängen laut Brewers of Europe rund 2,3 Millionen Arbeitsplätze, von der Landwirtschaft bis zur Kneipe. Rund 130.000 entfallen dabei auf die Brauereien, der Großteil entstammt aus der Gastrobranche und dem Vertrieb der verschiedene Biermarken. Ein Arbeitsplatz im Brauerei-Sektor entspricht laut Brewers of Europe demnach 16 Arbeitsplätzen außerhalb der Branche.
#3 55 Mrd. Euro Wertschöpfung
Der gesamte Biermarkt leistet auch einen bedeutende Anteil zur Wirtschaftsleistung. Der Gesamtbeitrag zur Wertschöpfung in den EU-Mitgliedstaaten – damals noch inklusive Großbritanniens – beträgt rund 55 Mrd. Euro – 16 Milliarden davon entfallen auf den Brauereisektor.
#4 Gesamtausgaben von 26 Billionen Euro
Die Bierproduktion verursacht natürlich Kosten. Vor allem Verpackungen, darunter Flaschen, Dosen aber auch Kartons zählen zu den meist gekauften Produkten. Insgesamt kaufte der Sektor für die eigene Produktion im Jahr 2018 Waren für rund 26 Billionen Euro ein, rund 80 Prozent davon waren Inlandseinkäufe.
#5 Größter Konsum
Das meiste Bier wurde in 2018 in Tschechien getrunken. Rund 141 Liter pro Kopf zählt Brewers of Europe für das Jahr. Dicht gefolgt wurden die Tschechen dabei von Österreich mit 107 Litern pro Kopf, Deutschland mit 102 Litern pro Kopf und Polen mit 100 Litern pro Kopf. Den niedrigsten Bierkonsum hatten dagegen Frankreich und Italien: Hier lag der Pro-Kopf-Konsum bei 33 bzw. 34 Litern.
#6 Größter Exporteur
Auch wenn heimische Marken beim Konsum ihren Stammanteil haben, ist der Bierexport bei einigen europäischen Biermarken besonders hoch: In Estland gingen rund 61 Prozent des produzierten Bieres über die Landesgrenzen. Auch die Niederlande und Dänemark exportierten mit 59 und 51 Prozent mehr als die Hälfte ihrer Bierproduktion ins Ausland.
#7 Größter Importeur
Die höchsten Importzahlen innerhalb der EU verzeichnete Luxemburg. Acht von zehn Bieren wurden hier aus dem Ausland eingekauft. Mit deutlichem Abstand auf Rang zwei der größten europäischen Importeure war Lettland – mit immerhin zwei Dritteln an importiertem Bier. Die niedrigste Importrate hatten dagegen Tschechien und Polen mit etwa zwei Prozent.
#8 Meiste aktive Brauereien
Mit dem Brexit verschwindet auch ein beträchtlicher Teil der Brauereien aus der EU. 2018 zählte das Vereinigte Königreich mit 2030 aktiven Brauereien fast ein Fünftel aller Unternehmen der Branche. Auf den Plätzen zwei und drei rangierten Frankreich mit 1600 aktiven Brauereien und Deutschland mit 1542 aktiven Brauereien. Mit deutlichem Abstand folgte dann erst Italien mit rund 874 aktiven Brauereien.
#9 Größter Produktionsanteil von alkoholfreiem Bier
Die Produktvielfalt hat in den vergangenen Jahren zugenommen, dazu gehört auch die Sparte für Bier ohne oder mit geringem Alkoholanteil. In Spanien machte der Anteil an Alkoholfreiem knapp neun Prozent der gesamten Produktion aus. Damit ist das Land Spitzenreiter im europäischen Vergleich. Nur Deutschland hat mit 7,3 Prozent einen ähnlich hohen Anteil an alkoholfreiem Bier gemessen an der gesamten Produktion. Der niedrigste Anteil an alkoholfreiem Bier in der EU wurde übrigens in Irland produziert – gerade einmal 0,6 Prozent entfallen auf solche Sorten.
#10 Größter Produktionsanteil von Kleinbrauereien
Die Mehrheit der europäischen Brauereien gilt als Kleinbrauereien und macht damit knapp 80 Prozent der Branche aus. Ihr Anteil an der nationalen Produktion ist dennoch relativ klein. Den größten Anteil an produzierten Mengen Bier hatten die schwedischen Kleinbrauereien mit immerhin sechs Prozent. Für den Großteil der EU-Mitgliedstaaten bewegte sich der Anteil dagegen zwischen eins und drei Prozent – wobei der Anteil in Spanien und Deutschland sogar bei null lag.
Deutschlands beliebteste Biermarken
Beim Bier ist es häufig wie beim Fußball: Der Heimat wird die Treue gehalten. Das zeigt sich auch beim Ranking der beliebtesten Biermarken hierzulande
beliebteste deutsche Biermarken
Veltins belegt im deutschen Bier-Ranking Platz zehn. 8,5 Prozent der Umfrageteilnehmer können sich laut YouGov vorstellen, zu Flaschen dieser Marke zu greifen. Allerdings scheint Veltins bundesweit nicht so viele leidenschaftliche Fans zu haben. Die Biermarke schaffte es nur in einem Bundesland in die Top 3. Im Stammland Nordrhein-Westfalen belegte Veltins Platz zwei. Der Firmensitz der 1824 gegründeten Landbrauerei liegt bis heute in Meschede-Grevenstein im Sauerland. Die C. & A. Veltins GmbH ist nach den Zwillingen Carl und Anton Veltins benannt, die die Privatbrauerei ab 1905 führten. Mit Susanne Veltins ist die Firmenleitung bis heute Familiensache. Zum Unternehmen gehören die Marken V+, Pülleken und Grevensteiner.
Fast jeder zehnte Deutsche (9,2 Prozent) würde laut der Umfrage Jever kaufen. In Bremen rangiert das extra herbe Bier aus Friesland auf dem dritten Platz. Die Geschichte des Friesischen Brauhauses zu Jever begann 1848 mit dem Gastwirt Diedrich König. Damals gab es in der Region 20 kleine Braustätten. Jever setzte früh auf Marketing, um aus der Masse hervorzustechen. Während die Konkurrenten ihr Bier in Krügen auslieferten, gab es Jever ab 1870 in grünen Flaschen. Seit 1934 hob sich das Bier auch geschmacklich ab. Braumeister Ernst Böhme entschied sich, dem Wasser eine Spur mehr Hopfen beizumischen, wodurch das Pilsener seinen (friesisch) herben Geschmack erhielt. Das Brauhaus wurde erst an die Bavaria-St. Pauli-Brauerei in Hamburg-Altona verkauft. Später ging es an die Gebrüder Herz (Tchibo) und schließlich an die Radeberger Gruppe. Heute werden laut offiziellen Angaben bis zu 60.000 Flaschen pro Stunde abgefüllt. Das „v“ im Namen wird beim Bier übrigens als „w“, bei der Stadt – bis heute der Firmensitz – als „f“ ausgesprochen.
Franziskaner Weißbier liegt mit einer Zustimmung von 9,5 Prozent laut YouGov auf Platz acht der beliebtesten Biere Deutschlands. In Bayern rangiert es mit 21,7 Prozent auf Platz eins, kommt aber in keinem anderen Bundesland in die Top 3. Die Brauerei führt ihre Wurzeln ins Jahr 1363 zurück. Damals sei erstmals die „Bräustatt bey den Franziskanern“ in der Nähe der Residenz in München erwähnt worden. Franziskaner Weißbier gehört zu Anheuser-Busch InBev und damit zur größten Brauereigruppe der Welt.
Genau jeder zehnte Deutsche (10,0 Prozent) trinkt laut der Umfrage Radeberger. Mehr noch: Nur der Spitzenreiter dieser Rangliste ist in mehr Bundesländern die Nummer eins. Radeberger Pilsner führt die regionalen Rankings in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen an. In Mecklenburg-Vorpommern reicht es für Platz zwei. Die Radeberger Exportbierbrauerei wurde 1872 gegründet und hat ihren Sitz in Radeberg bei Dresden. Sie ist das Flaggschiff der Radeberger Gruppe, die ihrerseits zur Oetker-Gruppe gehört. Die Radeberger Gruppe in Frankfurt am Main ist nach eigenen Angaben mit mehr als 80 Marken (unter anderem Schöfferhofer, Clausthaler, Jever, Berliner Kindl) Marktführer auf dem deutschen Biermarkt.
Paulaner liegt mit einer Zustimmungsrate von 10,6 Prozent auf Platz sechs der beliebtesten Biere in Deutschland. Im Stammland Bayern muss sich die Marke mit Platz drei begnügen. In Baden-Württemberg liegt sie auf Platz zwei. Paulaner Brauerei Gruppe hat ihren Sitz in München. Die Mönche des Paulanerordens sollen spätestens ab 1634 Bier gebraut haben. Zur Paulaner Brauerei Gruppe gehören die Marken Hacker-Pschorr, Auerbräu, Thurn & Taxis, Hoepfner und Fürstenberg.
Spätestens ab 1951 wurde in deutschen Kneipen „Bitte ein Bit“ bestellt. Seitdem wirbt die Brauerei aus der Südeifel mit diesem Spruch. Bitburger ist im Stammland Rheinland-Pfaz sowie im Saarland aktuell die Nummer eins. In Nordrhein-Westfalen und Hessen kam es bei der YouGov-Erhebung auf den dritten Platz. Bundesweit reichte es für das 1817 gegründete Privatbrauerei für Rang fünf (11,6 Prozent). Das Unternehmen ist in siebter Generation in Familienbesitz und beschäftigt nach eigenen Angaben rund 1800 Mitarbeiter. Zur Bitburger Braugruppe gehören die Marken Köstritzer, Licher und Wernesgrüner. Der Export spielt bei Bitburger eine große Rolle. Die Produkte der Gruppe sollen in rund 90 Ländern der Welt getrunken werden. Die Vorlage für den „Bitte ein Bit“-Schriftzug im Logo stammt übrigens vom Urururenkel des Brauhausgründer, Theobald Simon.
Erdinger ist laut YouGov die beliebteste Weißbiermarke Deutschlands. Sie kommt mit 11,8 Prozent Zustimmung auf Platz vier des Gesamt-Rankings. Erdinger ist nach eigenen Angaben die größte deutsche Weißbierbrauerei in Familienbesitz. Der Gesamtabsatz lag 2019 bei 1,71 Millionen Hektolitern. Erdinger Weißbräu schaffte es aber nur in Bayern in die Top 3 und musste sich im Kampf der Weißbiere hinter Franziskaner mit Platz zwei begnügen. Die Privatbrauerei wurde 1886 gegründet. Erding, eine Stadt vor den Toren Münchens, ist bis heute Firmensitz. Das Weißbier wird nach der Hauptgärung ein zweites Mal in der Flasche gereift.
Bei Warsteiner macht es die Masse. Die Marke schafft es in keinem Bundesland auf Platz eins. Ansonsten reicht nur für einen zweiten Platz (Saarland) sowie drei dritte Plätze (Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz). Selbst im Stammland Nordrhein-Westfalen verfehlt die Marke das Treppchen. Bundesweit aber liegt Warsteiner mit 12,5 Prozent auf Platz drei der beliebtesten Biermarken. Die Warsteiner Brauerei Haus Cramer wurde 1753 von Antonius Cramer gegründet und in neunter Generation von Catharina Cramer geführt. Zur Warsteiner Gruppe gehören die Herforder Brauerei und die Paderborner Brauerei. Sie produziert nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Hektoliter pro Jahr. Der Umsatz 2018 habe bei über 400 Millionen Euro gelegen.
Beck's kann im Gegensatz zu Warsteiner auf eine starke regionale Identität setzen. Das herbe Bier aus Bremen trifft insbesondere den Geschmack der Norddeutschen. Beck's ist das beliebteste Bier in Bremen und Hamburg, Nummer zwei in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie in Hessen. Deutschlandweit kann nur ein Bier die Marke in die Schranke weisen (Zustimmungswert: 12,9 Prozent). Außerdem ist Beck's häufig im Ausland zu finden. Die Brauerei Beck wurde 1873 gegründet. Sie gehört wie Franziskaner zu Anheuser-Busch InBev.
Krombacher ist mit Abstand das beliebteste Bier in Deutschland. Die Marke sichert sich mit 16,8 Prozent im YouGov-Brandindex den ersten Platz. Sie schafft es in vier Bundesländern an die Spitze: Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Die Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH ist nach ihrem ehemaligen Chef benannt, der 1922 die Leitung des Familienunternehmens übernommen hatte. Der aktuelle Geschäftsführer heißt ebenfalls Bernhard Schadeberg. Alles begann mit einer kleinen Hausbrauerei, die 1803 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Heute ist Krombacher nach eigenen Angaben mit über sechs Millionen Hektolitern pro Jahr die größte Privatbrauerei Deutschlands. Das Unternehmen hält in Deutschland und Österreich die Markenrechte an Schweppes und Orangina. Krombach ist ein Stadtteil von Kreuztal in Nordrhein-Westfalen.