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Kuba „Unternehmer müssen wieder mit Geldkoffer nach Kuba einreisen“

Verfallene Häuser und ein amerikanischer Oldtimer – Kuba leidet unter einer anhaltenden Wirtschaftskrise
Verfallene Häuser und ein amerikanischer Oldtimer – Kuba leidet unter einer anhaltenden Wirtschaftskrise
© IMAGO / localpic
Kuba steckt in einer schweren Wirtschaftskrise. Um die Folgen abzumildern, weht seit kurzem ein Hauch von Privatisierung durch die kubanische Planwirtschaft. Und auch bei der Zusammenarbeit mit dem Staat gibt es weniger Tabus. Deutsche Unternehmen wittern Chancen, trotz US-Embargo

In Havanna wirkt es, als sei die Zeit stehengeblieben: Buicks, Chevrolets und Cadillacs gehören zum Stadtbild. Die Wagen stammen aus den 40er- und 50er-Jahren, als die USA und Kuba noch regen Handel miteinander trieben. Heute sind die Oldtimer stille Zeugen des US-Handelsembargos, das Kuba über sechs Jahrzehnte wirtschaftlich isoliert hat. Nach einer vorübergehenden Lockerung hatte US-Präsident Donald Trump die Sanktionen gegen Ende seiner Amtszeit erneut verschärft. Die Folgen bekommen auch deutsche Unternehmen zu spüren, die den kubanischen Markt für sich entdeckt haben. Hauptproblem ist die Finanzierung gemeinsamer Wirtschaftsprojekte.

Denn Trump hat gegen Ende seiner US-Präsidentschaft nicht nur die Lockerung der Sanktionen zurückgenommen, sondern Kuba auch wieder auf die US-Liste der Staaten gesetzt, die Terrorismus unterstützen. Kuba selbst bestreitet das vehement. Und viele Beobachter werten diesen Schritt vor allem als politischen Schachzug Trumps, der über seine Amtszeit hinaus wirtschaftliche Fakten geschaffen hat. Denn kaum jemand rechnet damit, dass sich die USA und Kuba vor den US-Präsidentschaftswahlen im November 2024 wieder annähern. Schließlich ist der Einfluss der Exilkubaner groß, die ein härteres Vorgehen gegen Kuba fordern und vor allem in Florida vertreten sind. Und Florida ist bekanntlich ein Staat, der bei Wahlen hart umkämpft ist.

Eines ist klar: Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind massiv: Für den Kuba-Experten Marcel Kunzmann hat Trump das sozialistische Land quasi vom internationalen Finanzsystem abgeschnitten: Internationale Kooperationen werden erschwert, mögliche Geschäftspartner Kubas von vornherein abgeschreckt. „Ausländische Unternehmer müssen jetzt wieder mit Geldkoffer nach Kuba einreisen, weil sämtliche Dollar-Transaktionen gesperrt sind“, berichtet Kunzmann im Podcast „Wirtschaft Welt & Weit“. 

Angesichts drohender Strafzahlungen schrecken viele Banken vor einer Finanzierung zurück, sobald Kuba im Spiel ist, bestätigt auch Uwe Paulsen, Geschäftsführer von „ElPuente@Cuba“. Sein Verband berät deutsche Unternehmen, die den Schritt auf den kubanischen Markt in Betracht ziehen. Über 1 Mrd. Euro hätten deutsche Unternehmen in Kuba investieren wollen, berichtet Paulsen, zum Beispiel in nachhaltige Projekte wie Solarparks und Biomassekraftwerke. Diese Gelder lägen seither auf Eis.

Vorsichtige Öffnung

Kuba selbst hingegen kommt ausländischen Partnern aktuell entgegen: So hat das Land den Privatsektor in ausgewählten Bereichen geöffnet. Auf dem Bau und in der Agrarbranche, aber auch in der Lebensmittelproduktion sind private Betriebe mit maximal 100 Beschäftigten erlaubt. Bereiche wie Energie- und Wasserversorgung, aber auch Gesundheitswesen, Bergbau oder auch die Medien bleiben weiter dem Staat vorbehalten.

Jenny Morín Nenoff hat über Kubas ökonomischen Transformationsprozess promoviert und die Veränderungen daher seit Jahren im Blick. Sie beobachtet auch beim Wirtschaften mit dem Staat deutliche Veränderungen: „Nach und nach werden Tabus gebrochen“, so ihre Beobachtungen. Früher sei eine staatliche Mehrheit unabdingbar gewesen. Heute dagegen könnten sich die Eigentumsverhältnisse durchaus zugunsten der Investoren verschieben.

Das gilt auch für den Energiesektor. So könnten ausländische Investoren alleinige Eigentümer eines Kraftwerks für erneuerbare Energien sein und den erzeugten Strom dann an den kubanischen Staat verkaufen, sagt Kuba-Experte Kunzmann. Seiner Ansicht nach liegt das größte Potenzial für deutsche Unternehmen bei erneuerbaren Energien, denn die sollen auch auf Kuba stark ausgebaut werden. Der Investitionsbedarf sei groß, die Gesetzgebung flexibel. 

Auch beim Thema E-Mobilität könnten deutsche Unternehmen künftig auf Kuba mitmischen, glaubt Kunzmann, etwa bei der Ladeinfrastruktur. Auf den Straßen Havannas bekommt man von diesen Ideen allerdings noch nicht wirklich viel mit. Dort dominieren weiter die US-Oldtimer – wenn sie nicht gerade vor einer Tankstelle Schlange stehen müssen. 

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