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Alltagsökonomie Wovon machen wir abhängig, wie viel Trinkgeld wir geben?

Die Höhe des Trinkgelds hängt von verschiedenen Faktoren ab.
Die Höhe des Trinkgelds hängt von verschiedenen Faktoren ab.
© Dan Smedley / Unsplash
Trinkgeld – eigentlich als belohnende Anerkennung gedacht für Servicekräfte, die ihren Job besonders gut gemacht haben. Wovon machen wir abhängig, wie hoch unser Trinkgeld ausfällt?

Die Qualität der empfangenen Dienstleistung, so Studien, sind kein ausschlaggebender Faktor für die Höhe des Trinkgelds. Trotzdem spielen mehrere Faktoren in unsere Entscheidung mit ein. Geht man etwa mit einer Gruppe ins Restaurant, lässt sich laut Forschungen der Universität Frankfurt feststellen, dass alle Leute der Gruppe sich beim Bezahlen stark aneinander orientieren. Haben alle Freunde zuvor großzügiges Trinkgeld gegeben, wird man selbst nicht abweichen wollen. Andererseits: Geben alle Freunde vorher ein Trinkgeld, das man selber für zu gering hält, kommt der Wunsch auf, einen Ausgleich zu schaffen. Dann rundet man schnell mal großzügiger, quasi als Wiedergutmachung. Im Vergleich geben Leute, die sich für ein erstes Date treffen, überdurchschnittlich viel Trinkgeld – man möchte ja schließlich imponieren.

Aber auch das Verhalten des Personals beeinflusst unsere Trinkgeldgabe extrem – und das meistens ganz unbewusst. Hockt ein Kellner sich neben den Tisch, während er die Bestellung aufnimmt, und kommt so auf Augenhöhe mit dem Gast, kann das die Trinkgeldgabe am Ende des Restaurantbesuchs erhöhen. Auch die Wiederholung des Kundenwunsches nach der Bestellung kann einen Unterschied bewirken. Der Mensch als soziales Wesen mag es, von anderen gespiegelt zu werden.

Unsere Entscheidungen passieren unbewusst

Aber auch, unsere Bedienung als persönliches Individuum wahrzunehmen, steigert unser Verlangen, ein gutes Trinkgeld zu geben. Stellt der Kellner sich etwa mit Namen vor oder die Barfrau hebt sich durch ein außergewöhnliches Outfit ab, tendieren wir gern zur Großzügigkeit. Und auch auf leichte Berührungen, etwa an der Hand bei der Rückgabe des Wechselgelds, reagieren wir ähnlich. Unsere Beziehung zur Servicekraft fühlt sich dann persönlicher an. Laut der Forschung von Michael Lynn, Professor an der Cornell Universität mit einem Schwerpunkt auf Trinkgeldforschung, ist die Trinkgeldgabe für uns in erster Linie eine soziale Interaktion mit dem bedienenden Gegenüber. Der dazugehörende Kommunikationsprozess ist Teil dieser Interaktion, weshalb wir uns durch solche Kleinigkeiten im Verhalten des Kellners beeinflussen lassen.

Laut der Forschung an der Uni Frankfurt gilt für Gäste zwar die 10-Prozent-Regel als Anhaltspunkt fürs Trinkgeld . Es fließen aber eben auch zahlreiche weitere Faktoren in unsere Entscheidung mit ein. Das passiert meist unbewusst. Wenn der Kellner sich beim nächsten Restaurantbesuch namentlich vorstellt, besteht aber kein Grund, misstrauisch zu werden. Genau wie Gäste handeln auch Servicekräfte eben nicht kalkulierend oder nach einer strengen Strategie. Solche Gesten sind oft ebenso intuitiv wie unsere Trinkgeldgabe.

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