Warum Janet Yellen?
Eigentlich sollte es zunächst ein anderer werden: Larry Summers, der ehemalige Harvard-Präsident, war der Wunschkandidat von US-Präsident Barack Obama. Linke Demokraten widersetzten sich jedoch, unter anderem weil Summers so ein Heißsporn ist. Also Janet Yellen. (Mehr zum Auswahlprozess im Wall Street Journal.)
Sie lehrte schon mit 25 Jahren in Harvard, später an der London School of Economics, in Berkeley, beriet in den 1990er-Jahren US-Präsident Bill Clinton und wurde 2004 Gouverneurin der Notenbank von San Francisco ehe sie 2010 zur Vizepräsidentin der US-Notenbank aufstieg. Die FAZ urteilt:
„Es gibt wohl niemanden, der auf dem Papier qualifizierter ist als sie für den Posten des Fed-Chefs.“
Janet Yellen war eine der Wenigen, die die Finanzkrise schon früh kommen sahen. Sie warnte ihre Kollegen bei der amerikanischen Notenbank vor der Immobilienblase, hatte aber in ihrer Karriere bisher noch keine Chance, die Politik wirklich zu beeinflussen und zu verändern. Dafür war sie als Gouverneurin der Notenbank von San Francisco allein zu schwach und als rein ökonomische Beraterin Clintons zu akademisch. Jetzt aber kann sie Dinge ändern. Business Insider beschreibt sie als nun „die mächtigste Frau der amerikanischen Geschichte“.
Wofür wird sie ihre Macht nutzen?
Ihre ganze Karriere hindurch begleiten Yellen zwei Themen Geldpolitik und Arbeitslosigkeit. Manchmal forschte sie dabei auch mit ihrem Mann, dem Nobelpreisträger George Akerlof zusammen. Die FAZ berichtet, dass ihre gemeinsame Lieblingsstudie über Ostdeutschland handelt. Darin hatten sie empfohlen die Gefahren der D-Mark-Einführung durch Lohnsubventionen abzufedern. Die FAZ:
„Diese Arbeit zeigt, worum es bei Yellen häufig ging: die Probleme des wirklichen Lebens erkennen - und lösen. Arbeitslosigkeit und Ungleichheit waren wichtige Themen für sie und sind es bis heute. Auch in der Geldpolitik. Das passt vielen überhaupt nicht in den Kram. Die Konservativen in Amerika fürchten, dass Yellen zu einseitig ist. Und zwar, weil sie eine Inflation weniger fürchtet als die Arbeitslosigkeit.“
„Quantitative Easing“, die lockere Geldpolitik des scheidenden Fed-Chefs Ben Bernanke dürfte Yellen also fortsetzen. So sieht es auch die New York Times:
„But her views and Mr. Bernanke’s appear close enough that markets have considered her potential ascension a sign of continuity at the Fed.“
Wie arbeitet Yellen?
Alle Beobachter sind sich einig: Diese Frau ist das Gegenteil des lauten, polternden Summers. Immer wieder wird sie als eine ruhige, überlegte Person beschrieben. Etwa in diesem langen und lesenswerten Hintergrund-Stück der Washington Post:
„In interviews with more than a dozen people who have worked closely with Yellen, the portrait that emerges is of a careful and deliberate thinker who has been mostly right in her assessments over the tumultuous past six years of crisis, recession and grinding recovery.“
Als Beleg führt die Washington Post etwa diese bemerkenswerte Anektdote an:
„Traditionally, all seven governors rely on the same staff members for support in conducting research or writing a speech. Yellen, by contrast, built a small group of loyal staffers who worked primarily for her, including one economist, Andrew Levin, whom Fed insiders described as functioning for a time as her de facto chief of staff.“
Wenn sie nur Zeit für einen Text haben, dann lesen Sie...
…das FAZ-Stück. Gute Arbeit unserer Kollegen aus Frankfurt. Ein Porträt des Menschen Yellen – und der Ökonomin.
Mehr zum Thema: Summers Ausstieg befeuert die Fed-Debatte, Lass die Sau raus und Das Rennen um die Fed