Auf den ersten Blick wirkt der Ausstieg von Larry Summers aus dem Rennen um die Nachfolge von Fed-Chef Ben Bernanke als neuer Rückschlag für US-Präsident Barack Obama. Der frühere Finanzminister unter Bill Clintons war Obamas Favorit für den weltweit wichtigsten Notenbanker-Posten. Selbst in Obamas Demokratischer Partei gab es jedoch Widerstand gegen Summers. Für die „New York Times“ passt Summers Rückzug in Obamas bislang glücklose zweite Amtszeit:
„It adds to the rocky nature of Mr. Obama’s fifth year, following the failure of a gun-rights bill, the stalling of an immigration overhaul and the lack of progress on a budget deal, on top of the back-and-forth over whether to conduct airstrikes in Syria to punish the Assad regime for a poison gas attack that killed hundreds of civilians.“
Financial-Times-Kolumnist Edward Luce bewertet den Rückzug etwas anders. „By withdrawing, Mr Summers has done everyone a favour, including Barack Obama“, schreibt er. Ähnlich urteilt Joshua Green vom Wirtschaftsmagazin „Businessweek“:
„Better to withdraw gracefully and preserve the possibility of a role in a future Democratic administration that to risk losing a Senate confirmation vote and see his political career come to a swift and decisive end.“
Das Desaster wäre für den Präsidenten noch größer gewesen, wenn Summers bei einer Abstimmung im Senat am Widerstand der eigenen Leuten gescheitert wäre. Den konservativen Republikanern ist er ohnehin kaum vermittelbar. Die Kritik der Demokraten an ihm entzündet sich an seiner Rolle bei der Deregulierung der Finanzmärkte in den 90er-Jahren. Ihm wird eine Mitschuld an den Exzessen und an der folgenden Krise zugeschoben. Luce empfindet die Kritik an Summers ungerecht:
„Most of Mr Summer’s critics focused on his deregulatory history and his big earnings from Wall Street. But those who claimed Mr Summers is a monetary hawk ignored all the evidence pointing the other way. Just like Ms Yellen, a veteran of the Fed, Mr Summers believes in its dual mandate to aim for full employment as well as low inflation.“
Janet Yellen, die Vize-Chefin der Fed, ist nach Summers’ Ausstieg die Favoritin für die Bernanke-Nachfolge. Für FT-Kolumnist Luce gehören beide zum keynesianischen Lager. Yellen wäre die erste Frau an der Spitze der amerikanischen Notenbank. Das ist aber nicht der Grund, warum die Finanzmärkte positiv auf den Rückzug von Obamas Vertrauten reagierten. Sie erwarten vielmehr, dass Yellen die lockere Geldpolitik Bernankes zunächst fortsetzen würde. Der scheidende Fed-Chef hat aber bereits das Ende des sogenannten Quantitive Easing angekündigt und damit die Märkte weltweit in Unruhe versetzt.
Es ist aber noch nicht ausgemacht, dass Obamas Wahl auf Yellen fällt. Die „New York Times“ schreibt, dass Obama sie kaum kennt. Es wird daher auch über andere Namen spekuliert, zum Beispiel Timothy Geithner, Obamas Finanzminister aus dessen erster Amtszeit, der jedoch abgewinkt hat. Oder Donald Kohn, Yellens Vorgänger als Vize-Chef. Ebenfalls im Gespräch sind laut FAZ der Ökonom Stanley Fischer und Roger Ferguson, der ebenfalls früher einmal Vizevorsitzender der Fed war.
Wer auch immer den Chefposten übernimmt, sie oder er steht vor einer schwierigen Aufgabe, wie Jon Hilsenrath vom „Wall Street Journal“ schreibt:
„Wenn der nächste Fed-Chef die Anleihekäufe zu früh oder zu radikal senkt, könnten die Ausleihungskosten steigen, was den Konsum und die Unternehmensausgaben abwürgen könnte. Dann droht der US-Wirtschaft erneut eine Rezession. Wenn die Fed andererseits nicht schnell genug handelt, könnte es zu einer Inflation kommen oder zu einer neuen Blase am Finanzmarkt.“
Am Mittwoch wird Bernanke noch einmal einen großen Auftritt haben. Gespannt warten die Märkte, ob er jetzt schon die geldpolitischen Zügel anzieht, oder ob er diese knifflige Aufgabe seinem Nachfolger überlässt.
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Fotos: © Bloomberg