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Machtvakuum vs. Machtmissbrauch Unternehmensführung braucht gesunde Macht

Eine Frau leitet ein Meeting in einem Konferenzraum
Machtmissbrauch oder Machtvakuum? Beides ist nicht gut
© Getty Images
Männer tendieren zum Machtmissbrauch, Frauen zum Machtvakuum. Gut ist beides nicht. Macht muss in gute, verantwortungsbewusste Hände von Menschen, die ihr eigenes Ego zügeln können, kein Machtvakuum besitzen und zu Vorbildern werden

Träger von Macht waren lange männlich, mit Einführung der Quote wird Macht weiblicher. Beide Geschlechter leben Macht generell unterschiedlich aus.

„In der weiblichen Persönlichkeitsstruktur gibt es ein Machtvakuum. Dieses Vakuum gründet auf einem entsprechenden Sozialisationsprozess und der gesellschaftlichen Bewertung von Macht – insbesondere jener Macht, die von Frauen ausgeübt wird. (...) Doch diese zählt nicht zu den weiblichen Attributen der Rollenzuschreibungen. Vielmehr, so wage ich zu behaupten, herrscht in unserer Gesellschaft ein internalisiertes Verbot für das weibliche Geschlecht, nach Macht zu greifen und damit eigene Macht zu entwickeln. Fakt ist: Männer wie Frauen brauchen Macht, um ein Unternehmen zu führen. (Zitat aus: “Raus aus dem Regiment der Rollenzuschreibungen“, Springer, 2023)

Dieses Machtvakuum bei Frauen führt dazu, dass sie es zwar mithilfe der Quote in Machtpositionen schaffen und für Topführungspositionen auch mit ausreichend Qualifikationen und Kompetenzen ausgestattet sind, auf der psychischen Ebene aber oftmals den Schein erwecken, als würde ihr gesamtes Verhaltensrepertoire auf Anpassung ausgelegt sein: „Wie muss ich mich verhalten, damit ich gut ankomme, möglichst wenig Fehler mache? Also agiere ich so wie ich meine, dass meine Kolleg:innen, der Vorstand, die Geschäftsleitung mich haben will.“ Authentizität ist hier nicht gefragt.

Männer dehnen ihre Macht aus – bis zum Missbrauch

Männer in Machtpositionen, die Macht Jahrtausende trainiert haben, sind erwünscht, gewollt, und auch positiv honoriert, und neigen dazu ihre Macht auszudehnen: Sie neigen zu Machtmissbrauch. Nicht nur gegenüber Frauen, sondern auch gegenüber kompetenten männlichen Mitstreitern, die ihnen ihr Machtrevier möglicherweise streitig machen können. Prominente Leitfiguren wie jüngst der Fall Rammstein haben gezeigt, wie weitreichend Machtmissbrauch, wie subtil, wie lange und vor allem mit welchem Strategien Machtmissbrauch betrieben werden kann.

Martina Lackner: Psychologische Executive Mentorin und Autorin. martinalackner.com
Martina Lackner: Psychologische Executive Mentorin und Autorin. martinalackner.com

Das traumatische Erbe, Sigmund Freud spricht von einer Gefühlserbschaft, wie Krieg und Gewalt vorausgehender Generationen, ist bereits als eine Disposition für negative Machtentfaltung angelegt, noch ehe Erziehung, negative Vorbilder, Glaubensätze, Bildung und Milieu ihre Wirkung entfalten.

Während Frauen dazu neigen, aufgrund ihrer biologischen Anlage sich mit Partnerwahl und Fortpflanzung zu beschäftigen, haben männliche Geschlechtsgenossen Zeit und Ressource an ihrer Machtentfaltung – sprich Aufstieg in Führungspositionen zu arbeiten.

Frauen begreifen Macht als etwas Schmutziges

Während Frauen, Macht jedoch als etwas Schmutziges begreifen und von sich aus nur zögerlich nach Top-Führungspositionen streben, suchen gerade ihre männlichen Kollegen die Macht, in Form von Level, Status, Einkommen und Boni.

Im Unternehmenskontext treffen dann wenige nach Macht strebende Frauen auf viele mächtige Männer. Nicht, dass Frauen nicht nach Führungspositionen streben, das schon, aber nicht nach Macht! Hier kommt es zu einer Tabuisierung von Machtwillen, sie wollen führen, aber nicht nach Macht greifen. Was einer Art Selbstverhinderungsmechanismus gleich kommt. Sie bremsen sich selbst permanent aus, und nicht wie viele denken, die gläserne Decke wäre der Hemmschuh. Sie sind es auch selbst.

Macht verhilft zu Lustgewinn und gefühlter Größe

Manche Männer hingegen erliegen nach einem ruhmreichen Karriereaufstieg der Illusion, sie wären unantastbar und es gäbe keine moralisch ethischen Grenzen mehr. Es kommt zu einer Selbstüberhöhung des eigenen Ichs gepaart mit einem geringen Selbstwert, der in seiner Grenzenlosigkeit in Machtmissbrauch endet. Wobei der geringe Selbstwert in der Tradition transgenerationaler Übertragungen steht. Ein guter Selbstwert kommt aus einer emotionalen Stärkung heraus, die von Eltern geleistet werden muss. Ich bin eingangs auf Kriegstraumata zu sprechen gekommen. Diese und weitere emotionale Verletzungen und Kränkungen aus den Herkunftsfamilien beeinflussen maßgeblich Selbstwertsteigerung. Bei Menschen bleibt oft aufgrund schlechter familiärer Rahmenbedingungen der Selbstwert in den Kinderschuhen stecken, was dazu führt, dass im Erwachsenenalter Kompensationsstrategien entwickelt werden – positive, aber auch negative. Machtmissbrauch ist bei besonders erfolgreichen Menschen, vor allem Männern, das Mittel, um sich wertvoll und gut zu fühlen. Macht über andere, die Ohnmacht, die durch die eigene Macht erzeugt wird, verhilft zu Lustgewinn und eigener gefühlter Größe.

Martina Lackner: „Raus aus dem Regiment der Rollenzuschreibungen“, Springer, 2023. 
Martina Lackner: „Raus aus dem Regiment der Rollenzuschreibungen“, Springer, 2023. 

Beide Geschlechter sind in der Fixierung auf das jeweilige Gegenüber: Frauen, die sich anpassen und oftmals auch männlichen Habitus übernehmen, damit ihre Karrierechancen steigen, und Männer, die die Anpassung für sich nutzen, indem sie emotionale Abhängigkeiten schaffen. Wobei der Missbrauch sich über Geschlechter und Hierarchieebenen hinweg durchzieht. Niemand ist vor Missbrauch gefeit. Nur besonders starke, emotional und finanziell unabhängige Persönlichkeiten oder die Generation Z, die zunehmend den Verlockungen der Unternehmen widerstehen kann, sind Ausnahmen.

Wobei zur Gen Z zu sagen ist: Die Wahl zu gehen oder Jobs nicht anzunehmen, kann auch nur jemand haben, der es sich erlauben kann zu gehen. Die Gen Z kommt vermutlich aus Wohlstandsfamilien, die finanzielle und emotionale Sicherheit geben.

Was brauchen wir in Zeiten der Transformation?

Wir brauchen Entscheider – Männer wie Frauen, die in der Lage sind, gesunde und verantwortungsbewusste Macht zu leben. Machtvakuum führt dazu, dass sich Frauen besonders anstrengen müssen, einer Rolle gerecht zu werden, sie powern sich aus. Machtmissbrauch von Männern führt in der Regel zu unternehmensinternen Dysbalancen.

Ich spreche in diesem Kontext nicht nur in der Konsequenz über Menschen, die Übergriffe oder persönliche Demontagen erfahren, sondern um Konsequenzen, die das Unternehmen als Wirtschaftseinheit betreffen. Korruption, unlautere Geschäfte oder selbst Wirtschaftsdeals, die Investitionen in Länder mit hohem Gewinn versprechen, und Lieferketten, die plötzlich zur Bedrohung werden, weil sie nicht funktionieren, lösen Dysbalancen aus. Scheinbarer Fachkräftemangel hängt auch damit zusammen, dass man/frau in bestimmten Unternehmen nicht arbeiten will.

Macht und Strategien, die im ersten Schritt scheinbaren Mega-Erfolg versprechen, stellen langfristig gedacht, ein Desaster dar. Der Missbrauch beginnt da, wo schnelle Erfolge gekoppelt an Geld gesehen werden, und das Gemeinwohl, das langfristige Wohl eines Unternehmens und das der Mitarbeiter außer Acht gelassen wird. Denn im Worstcase, springt ja immer noch der deutsche Staat ein, der dann den Rettungsschirm aufspannt, damit am Ende des Prozesses wieder Rendite und Boni ausbezahlt werden. Das ist ein krankes System.

Wir brauchen Unternehmenslenker, die nachhaltig wirtschaften, auf das Wohl der Gemeinschaft als sinnstiftendes Unternehmensziel ausgerichtet sind, mit Persönlichkeiten, die weder unter einem Machtvakuum leiden, noch ihr eigenes Ego zügeln können, sondern in der Selbstdisziplin und Selbstverantwortung einen inneren Wertekompass als Maßgabe und Leitlinie ihres Handelns verstehen.

Kurz gesagt: Macht muss in gute, verantwortungsbewusste Hände von Menschen, die ihr eigenes Ego zügeln können, kein Machtvakuum besitzen und zu Vorbildern werden. Denn daran krankt Deutschland, sowohl auf Seiten der Frauen als auch auf Seiten der Männer.

Wir brauchen GESUNDE Macht!

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