Deutschland hat starke Marken. Die weltweit bekanntesten gehören den Automobilkonzernen. Sie haben sich ihren Weltruf nicht zuletzt durch ihre klare Markenführung erarbeitet. So entstand nach einem New-York-Besuch von Ferry Porsche im Jahr 1952 das berühmte Wappen für seine Autos. Der amerikanische Automobilimporteur Max Hoffman hatte Ferry Porsche um ein optisch ansprechendes Qualitätssiegel für den Sportwagen Typ 356 gebeten, um die Autos besser anpreisen und von anderen Herstellern deutlicher unterscheiden zu können. Porsche erkannte schon damals, dass diese Information, die für das Auto völlige irrelevant ist, den Unterschied machen wird. Noch in New York zeichnete er einen ersten Logoentwurf auf eine Serviette.
Von dieser Idee inspiriert, ließ Ferry Porsche im Rahmen einer Ausschreibung unter Kunsthochschulen verschiedene Entwürfe anfertigen, die ihm jedoch nicht gefielen und die er alle verwarf. Die Lösung für das neue Logo lieferte sein zeichnerisch hoch begabter Konstrukteur Franz Xaver Reimspieß, der vermutlich schon 1936 das Logo von Volkswagen entwickelt hatte. Er entwarf für Porsche ein Fantasiewappen, welches gleichermaßen sowohl die Wurzeln des Unternehmens als auch die Qualität und Dynamik der Produkte symbolisieren sollte. Ferry Porsche war von dem Designvorschlag begeistert. Er sah in den Konturen eines goldenen Schildes ein aufsteigendes Pferd. Hierbei handelte es sich um das Stuttgarter Wappen, über dem der Name der Stadt zu lesen war. Ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort. Umgeben wurde das Stadtsiegel von den rot-schwarzen Landesfarben mit den stilisierten Geweihstangen aus dem traditionellen Wappen von Württemberg-Hohenzollern. Hiermit sollten die Tradition und die Qualität der deutschen Wertarbeit symbolisiert werden. Über dem Wappen thronte der gewölbte Schriftzug „Porsche“, der die Dynamik der Sportwagen erfassen sollte.
Ferry Porsche reichte das neue Markenzeichen beim Deutschen Patentamt ein und ließ das Porschewappen bereits Ende 1952 erstmals auf dem Lenkrad anbringen. 1954 wurde das Markenzeichen auf der Fronthaube integriert. Nur ein Jahr später kam es zum aufsehenerregendsten Autounfall aller Zeiten: Am 30. September 1955 starb James Dean in seinem silbernen Porsche 550 Spyder. Der schwere Unfall beschädigte die Automarke nicht; vielmehr verschmolzen James Dean und Porsche zu einem gemeinsamen Mythos.
In den wilden 1970er-Jahren wurde der US-Schauspieler Steve McQueen, der im Cockpit von Porsche Autorennen fuhr, zum wichtigsten Botschafter der Marke. Heute würde die Aufmerksamkeitsökonomie von einem Top-Influencer sprechen. Nur waren seine Geschichten erheblich cooler als die unzähligen Kurzvideos der oftmals belanglosen Youtube-Stars heute. Die Mischung aus Design, Qualität, Motorsport und Hollywood-Stars hat das Pferdewappen aus Zuffenhausen zu einer der berühmtesten Marken der Welt gemacht. Porsche hat nicht nur Autos gebaut, sondern eine Ästhetik erschaffen. Der angloamerikanische Philosoph und Kybernetiker Gregory Bateson prägte einen wichtigen Satz: „Ästhetik ist die Aufmerksamkeit für das Muster, das verbindet.“ Porsche hat dieses Muster bedient. Der 911er ist im 20. Jahrhundert zum Kultstatus erhoben worden.
All das ist kein Zufall, sondern harte Arbeit. Luxusmarken sind zum größten Fetisch unserer Zeit geworden. Das weltweite Marktvolumen von Luxusgütern wie Uhren, Mode, Schmuck, Autos, Yachten, Privatjets und anderen Produkten liegt pro Jahr bei weit über 1 Billion Euro. Tendenz steigend. Es handelt sich um einen riesigen Wirtschaftszweig. Und die Kommunikationsindustrie aus Marketing, Werbung, Public Relations (PR), Social Media, Film und Fotografie ist angetreten, um Tag für Tag die richtigen Vermarktungsstrategien für die verschiedenen Marken voranzutreiben und immer neue Bedürfnisse in der Bevölkerung zu wecken. Das Internet ist voll davon. Und die deutsche Automobilindustrie ist ein wichtiger Bestandteil dieses Marktes.
Unzählige Männer sind zu Enthusiasten geworden, die ihrer Automarke huldigen. Für sie dokumentiert das Auto ihren sozialen Status. Psycholog:innen und Hirnforscher:innen haben herausgefunden, dass Männer durch einen Sportwagen stimuliert werden: Ein solches Vehikel kann das Sex-Zentrum im Gehirn des Mannes aktivieren. Porsche hat die Männerphantasien früh erkannt. So hat das Logo des Sportwagenherstellers längst Einzug in die Wohnungen und Kleiderschränke der Fans gehalten. Für sie gibt es Kaffeemaschinen, Toaster, Wasserkocher, Sonnenbrillen, Kugelschreiber, Taschen, Manschettenknöpfe, Jacken und T-Shirts. Alles von der Marke. Alles für die Marke. Doch diese strategische Markenführung ist kein Kinderspiel. Vielmehr ist sie der entscheidende Hebel für die interne Führung des Unternehmens und die externe Marktbearbeitung. Hierbei müssen Manager:innen viel weniger auf die Platzierung des Logos als vielmehr auf die Werte, Haltung und Kultur, die hinter der Marke liegen, achten. Heute wissen wir, dass man eine Marke daran erkennt, dass man sie erkennt. Die Marketingverantwortlichen bei Porsche tun alles, damit das so bleibt. Markenführung ist zu einer strategischen Managementaufgabe geworden.
Porsche hat mit seinem Markenkern „Intelligent Performance“ eine klare Ausrichtung vorgenommen. In den Markenwerten werden die Gegensätze aus „Innovation & Tradition“ oder „Performance & Alltagstauglichkeit“ miteinander verbunden. Ebenso stellt sich der Automobilhersteller der Herausforderung, sehr gegensätzliche Werte wie „Exklusivität & Soziale Akzeptanz“ miteinander zu vereinen. Der Sportwagenbauer unternimmt damit den Versuch, seiner Käuferschaft Exklusivität zu vermitteln und gleichzeitig bei der Bevölkerung eine soziale Akzeptanz zu erzielen. Die Autos sollen, so das Unternehmen, für einen Traum stehen, der erreichbar ist.
Kein leichtes Unterfangen, denn die deutsche Automobilindustrie hat alternative Antriebsformen der Zukunft ignoriert. Längst steht die Individualmobilität mit ihren PS-starken Motoren in der Kritik, da sie keine Lösung in den Ballungsräumen und Megacitys mehr bietet. Das Klima, die Umwelt und die Menschheit leiden. Ein Teenager begann 2018 mit seinem stillen Protest für mehr Klimaschutz. Was als Mahnwache vor dem schwedischen Parlament seinen Anfang nahm, ist zur Fridays-for-Future-Bewegung geworden. Und längst hat sich Greta Thunberg mit den Mächtigen angelegt: „Einige Leute, einige Unternehmen, vor allem einige Entscheidungsträger haben genau gewusst, welchen unbezahlbaren Wert sie opfern, um weiterhin unvorstellbare Mengen Geld zu verdienen.“ In ihrer Rede vor den Vereinten Nationen in New York nimmt die junge Schwedin kein Blatt vor den Mund: „Mehr als 30 Jahre waren die Zeichen für jeden sichtbar. Wie könnt ihr es wagen, weiterhin wegzuschauen und hierherkommen und weiter zu sagen, ihr würdet genug tun?“ Den Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft wirft sie Versagen vor und wählt drastische Worte: „Ihr lasst uns im Stich! Aber die jungen Leute beginnen, euren Verrat zu durchschauen.“ Wütend und empört ruft sie den Entscheider:innen zu: „Meine Botschaft an Sie ist: Wir beobachten Sie.“
Die Automobilkonzerne hatten in der Vergangenheit weder Angst vor Regierungen noch vor Aufsichtsbehörden oder Umweltverbänden, denn sie hatten stets die größten Druckmittel auf ihrer Seite: Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Doch mit Fridays-for-Future steht ihnen eine Massenbewegung gegenüber, welche die Abhängigkeit vom Auto außer Kraft setzt. Sie fordert ein radikales Umsteuern. Die Automobilunternehmen stehen zum ersten Mal in ihrer Geschichte unter einem enormen Anpassungsdruck. Die Konsumentinnen und Konsumenten von morgen wollen keine Verbrennungsmotoren mehr. Viele von ihnen wollen überhaupt kein Auto mehr. Das Auto ist kein Fetisch mehr.
Ein Anbieter wie Porsche muss seine Markenwerte aus Exklusivität und sozialer Akzeptanz neu versöhnen und alle dringenden Fragen der Nachhaltigkeit beantworten. Die alte Marketingfrage lautete stets: Kann die Marke genügend Kraft entfalten, um die Kundschaft zu verführen? Diese Frage hat ihre Gültigkeit verloren. Die Greta-Generation lässt sich vom schönen Schein nicht blenden. Sie hat andere Träume als die Generationen vor ihr. Die Marketingfragen des 21. Jahrhunderts lauten: Welchen Sinn stiftet das Unternehmen? Welchem Zweck dienen seine Produkte? Verkörpert die Marke Glaubwürdigkeit? Erbringt das Markenprodukt eine nachhaltige Leistung für Umwelt, Gesellschaft und Mensch? Wenn Konzerne auf diese Fragen keine Antworten haben, können sie die nächsten Generationen als Kundschaft abschreiben. Viele bekannte Marken werden den Wandel nicht schaffen. Sie werden sterben. Die Verantwortlichen der Unternehmen müssen die Worte der Schwedin ernst nehmen. Die junge Generation hat die medialen Wirkungsprinzipien durchschaut. Politik und Wirtschaft stehen unter besonderer Beobachtung. Doch die Wirtschaft hat längst verstanden, dass es mehr gibt als eine sture Gewinnmaximierung.
NEURO-LINGUISTISCHes PROGRAMMIEREN
Die Inszenierung von Träumen ist das Arbeitsfeld der Werbung. Kommunikative Verführung hat drei Buchstaben: NLP. Das Modell des Neuro-Linguistischen Programmierens (NLP) wurde in den 1970er Jahren von Richard Bandler und John Grinder entwickelt und seither kontinuierlich ergänzt und verfeinert. Doch bis heute konnte NLP seine Wirksamkeit nicht nachweisen und wird in der Wissenschaft abgelehnt. Somit spielt NLP im akademischen Lehrbetrieb keine Rolle. Trotzdem weise ich an dieser Stelle darauf hin, um Ihnen ein umfassendes Bild von verschiedenen Kommunikationsmodellen zu geben. Auch in diesem Fall gilt der Grundsatz, wie in der gesamten Kommunikationslehre, dass jeder Sender über die Wahl seiner Worte, Kommunikationstechniken und -wege selbst entscheidet. Dem Empfänger obliegt es, die Nachrichten des Senders zu entschlüsseln und darauf angemessen zu reagieren. Diesen ethischen Anspruch müssen alle Beteiligten innerhalb eines Kommunikationsprozesses für sich verantworten. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, sind ein breiter Kenntnisstand und tiefes Wissen über die verschiedenen Methoden notwendig, damit Sie die richtige Wahl der Mittel treffen können.
Mittels Manipulation ist es möglich, die Interessen eines Individuums zu beeinflussen. Wir kennen das aus der täglichen Werbung, der Beeinflussung im Social Web oder durch die politischen Parteien. Die schlimmsten Erfahrungen mit Manipulation hat die Welt durch die Propaganda der NS-Diktatur gemacht. Die Beispiele belegen, dass gezielte Beeinflussung entweder der vorbewussten Filter oder der unbewussten Verhaltensmuster, die meist emotionaler Natur sind, das Denken und Verhalten verändern kann. Natürlich wissen Sie, dass eine Information umso stärker wirkt, je öfter diese wiederholt wird. In der Werbebranche wird das als Penetrationstechnik bezeichnet. Diese wird eingesetzt, um eine bestimmte Werbebotschaft bei den Endverbraucher:innen zu verankern und so deren Kaufverhalten zu beeinflussen. Doch auch wir stützen uns in unserem Alltag auf Manipulationstechniken. Dies geschieht in einem ständigen Kreislauf der Kommunikation, indem wir andere manipulieren und von anderen beeinflusst werden. Nur wenn wir uns der Methoden der Manipulation bewusst sind und über die nötige Kompetenz des Selbstmanagements verfügen, können wir uns vor ungewollter oder negativer Beeinflussung schützen. Doch festzuhalten bleibt: Kommunikation ist immer auch mit Manipulation verbunden.
Das Neuro-Linguistische Programmieren befasst sich mit den Zusammenhängen zwischen dem Körper (Neuro – die Prozesse in unserem Nervensystem), der Sprache (Linguistik – durch die Sprache werden die nervlichen Vorgänge, die Erfahrungen in der Welt und in uns selbst, dargestellt) sowie der Wechselwirkung zwischen den Denk- und Verhaltensmustern des Menschen (Programmierung – alle Denkmuster, über die sich innere Einstellungen in ein praktisches Handeln niederschlagen). Danach geht es um Interventionsmuster und Techniken zur Veränderung menschlichen Verhaltens und Erlebens. Am Anfang standen folgende Fragen im Zentrum:
- Was macht Kommunikation wirksam?
- Wie gehen wir kommunikativ auf andere Menschen ein?
- Was machen wir automatisch und intuitiv richtig?
Dazu analysierten Bandler und Grinder die Arbeit des Hypnotherapeuten Milton H. Erickson, der Familientherapeutin Virginia Satir und des Gestalttherapeuten Frederick S. Perls. Die Ergebnisse ihrer Ausarbeitung wurden zur Grundlage für ihr Modell. NLP geht davon aus, dass das Sprechen mit dem Denken und Fühlen eng verbunden ist. Die Wechselwirkung schafft, so die Entwickler, die Möglichkeit, mit Sprache sowohl das Denken und Handeln anderer Menschen als auch das eigene zu beeinflussen. NLP zielt darauf ab, das eigene Gesprächsverhalten an das Verhalten der anderen Person anzupassen. Voraussetzung für diese Verhaltensjustierung sind Kenntnisse über eigene Verhaltensmuster und die Beobachtung der Verhaltensmuster des Gegenübers. Diese Methode wird auch als Spiegeltechnik bezeichnet, da wir Menschen uns gerne in anderen wiederfinden – uns also gerne spiegeln.
Geschulte Verkäufer:innen nutzen diese Technik. Zuerst beobachten sie die Kleidung, das Verhalten, die Interessenlage und die emotionale Lage der Kundschaft, um eine gezielte Gesprächseröffnung vorzunehmen. Im Gesprächsverlauf wird der Kundschaft ein Gefühl von Nähe, Verständnis und gleicher Wertvorstellung vermittelt. Damit versucht das Personal seine Kund:innen zu spiegeln und das Verlangen nach dem Produkt zu steigern. Ein gutes Beispiel sind Nobelautohäuser, wo die Verkäufer:innen auf verschiedene Gesprächssituationen trainiert sind. Auch ihre Wahrnehmung ist geschult.
Wahrnehmung der inneren Landkarte
Die Basis jeder Kommunikationsform ist die Beobachtung. Die genaue Wahrnehmung der inneren Prozesse eines anderen Menschen – seiner Freude, Wünsche, Sorgen und Ängste – ist für den Gesprächseinstieg und den Verlauf der Konversation entscheidend. Ziel des Neuro-Linguistischen Programmierens ist es, die Welt des anderen zu verstehen. Jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens Erfahrungen gesammelt. Mit diesen Erfahrungen hat jede Person – nach dem NLP-Modell – eine Art innere Landkarte im Kopf entwickelt, an der sie sich orientiert. Diese Karte ist wie ein Routenplan für das eigene Leben zu verstehen. Wer die innere Landkarte des anderen lesen kann, ist in der Lage, die unterschiedlichen Vorstellungen im Gespräch zu berücksichtigen und herauszuarbeiten. Wer hingegen die innere Landkarte des anderen entschlüsselt hat, kann die betreffende Person manipulieren. Nach der NLP-Methode gibt es verschiedene Landkarten in den Köpfen der Menschen:
Visuell orientierte Menschen. Visuell orientierte Menschen wenden ihre Aufmerksamkeit dem Sichtbaren zu und verarbeiten ihre Erfahrungen meist visuell. Sie haben Bilder im Kopf und nutzen diese kommunikativ. Wenn diese Personen einen Raum betreten, lassen sie die Architektur auf sich wirken und nehmen besonders stark die Farben und Formen wahr. Die Autostadt in Wolfsburg, die BMW-Welt in München und die Automobilmuseen der großen Hersteller können Highlights für diesen Typus von Menschen darstellen. Wenn die Raumgestaltung ihre Zustimmung findet, verwenden sie Sätze, wie „Das sieht aber toll aus“. Die geschulten Zuhörer:innen werden das bestehende „Kopfkino“ aufnehmen und eine Vorstellung mit der Person weiterentwickeln. Hierbei werden sie ein inneres Leitbild verwenden. Die Zuhörerschaft übernimmt die bildhafte Sprache und verstärkt die Wirkung mit Sätzen, wie „Eine wunderbare Vorstellung, die Sie da entwickelt haben“. Ein weiterer Ankerpunkt neben der Architektur sind die hochwertigen Automagazine mit ihren aufwendigen Fotos und Grafiken, die im Gedächtnis der visuellen Typen abgespeichert werden.
Auditiv orientierte Menschen. Das Hörbare hat für den auditiv orientierten Menschen eine besonders hohe Bedeutung. Er liebt Musik und das gute Gespräch. Diese Personengruppe hört oft noch klangliche Nuancen, wo andere keine Unterschiede mehr feststellen können. Viele auditive Menschen sind musikalisch, aber auch lärmempfindlich. Daher setzen Nobelautohäuser eine angenehme, aber nicht aufdringliche Hintergrundmusik oder zu bestimmten Anlässen eine Pianistin oder einen Pianisten ein, um die richtige Untermalung des Aufenthalts zu bieten. Ziel ist es, diese Personen vom guten Klang zu überzeugen: „Das klingt aber gut. Um welche Interpretation könnte es sich handeln?“ Über die Musik wird das Gespräch eröffnet. Erfolgreich ist diese Strategie erst, wenn über die Musik eine Assoziation mit der Marke entsteht. Daher entwickeln große Unternehmen eigene Soundmarken, die in ihren Werbefilmen, Radiospots und Telefonwarteschleifen eingespielt werden. Die auditiv orientierten Personen sprechen ihre Handlungsoptionen, Probleme oder Entscheidungen im sogenannten „inneren Dialog“ durch. Daher bietet geschultes Personal diesen Kundinnen oder Kunden eine Reflexion an. Einen kommunikativen Anker kann man diesen Menschen mit einem Satz wie „Ihre Aussage hallt bei mir immer noch nach“ zuwerfen.
Kinästhetisch orientierte Menschen. Personen dieses Typs nehmen bevorzugt kinästhetisch, also über das Fühlen, Tasten und Bewegen, wahr. Der kinästhetisch orientierte Mensch muss die Dinge anfassen und bewegen können, damit er sie erfahren kann. In einem Autohaus ziehen ihn die Cockpits der verschiedenen Modelle magisch an. Jeder Knopf, den man drücken oder drehen kann, muss ausprobiert werden. So erschließt sich der kinästhetisch orientierte Mensch die Funktionen hinter den Knöpfen. Er begreift durchs Begreifen. Und tut dies auch kund: „Das fühlt sich aber gut an.“ Er schätzt Verkäufer:innen, die ihm neue Erfahrungshorizonte ermöglichen, wie eine Probefahrt auf einer Teststecke oder einen Werksbesuch, wo er die neuesten Produkte anfassen und ausprobieren darf. Er mag verbindliche Gesprächspartner:innen, die dieses auch verbal ausdrücken: „Dafür lege ich meine Hand ins Feuer.“
Auditiv-digital orientierte Menschen. Menschen, die ausgeprägt auditiv-digital verarbeiten, sind die Logiker unter uns. In der Regel können sie gut mit Zahlen, Daten und Fakten umgehen und sich darüber die Welt erschließen. Diese Personen sind permanent am Denken. Bei ihnen läuft meistens ein innerer Dialog ab, den sie gerne mit sich selbst führen. Sie behaupten von sich, dass sie über keine inneren Bilder verfügen. Vielmehr strukturieren sie ihr Leben über das Erstellen von Checklisten. In der Vorbereitung auf einen Autokauf orientieren sie sich an den Leistungs- und Verbrauchswerten des Wagens sowie den Leasingraten des Händlers. Alle Listen werden zusammengetragen und ausgewertet. Der befreiende Satz lautet dann: „Das Ergebnis ist eindeutig.“
Verkäufer:innen, die alle Listen und Berechnungen nicht nur vorlegen, sondern auch selbst berechnen können, punkten bei auditiv-digital orientierten Personen. Der Schlüsselsatz des Personals kann beispielsweise lauten: „Unser Computerprogramm bestätigt ihre Annahme zu 100 Prozent.“ Je besser Sie die bevorzugten Wahrnehmungsmuster und inneren Prozesse Ihrer Mitmenschen kennen und auf diese eingehen, umso besser können Sie mit ihnen kommunizieren. Das Ziel im NLP ist es, die Landkarte des anderen zu kennen und sich gedanklich auf ihr zu bewegen. Ein wichtiger Grundsatz für die Kommunikation lautet: Sprechen Sie die Sprache des anderen.
RAPPORT – eine Verbindung herstellen
Der Begriff Rapport kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie Beziehung oder Verbindung. Im NLP beschreibt er die unmittelbare Kontaktaufnahme und Kontaktpflege zwischen zwei Personen. Der Psychoanalytiker Daniel Stern verwendet in diesem Zusammenhang den englischen Begriff Attunement, also die Einstimmung auf die emotionale Kommunikation. Es handelt sich um eine wichtige Voraussetzung für eine gelingende Kommunikation. Doch der Rapport im NLP geht noch weiter. Er verlangt, die eigene Körperhaltung, Stimmlage und Wortwahl dem Gegenüber anzupassen, um diesem auf der gleichen Wellenlänge zu begegnen. Diese NLP-Technik wird eingesetzt, um Kommunikationspartner:innen in einen gewünschten Zustand zu versetzen.
PACING – im Gleichschritt gehen
Das englische Wort Pace wird mit Gangart übersetzt. Entsprechend bedeutet Pacing im NLP, sich den Gesprächspartner:innen anzugleichen, indem man zeitgleich mit ihnen ein Verhalten übernimmt, aber nicht mit dem gleichen Körperteil, mit dem sie es tun. Hierbei werden Körperhaltung, Gestik, Mimik, Sprechweise und Stimmlage unauffällig kopiert. Schlechtes Pacing kommt allerdings einem Nachäffen gleich und scheitert. Vielmehr versucht man, sich auf die Gangart der anderen Person einzustellen und mit ihr einen Gleichschritt zu erzeugen. Als Grundthese hinter Pacing steht, dass sich Vertrauen durch Ähnlichkeit und Übereinstimmung aufbauen lässt. Hat sich der sogenannte Pacer, zum Beispiel in einem Verkaufsgespräch, auf sein Gegenüber eingestellt, beginnt er, ihn zu seinem Ziel zu leiten. Die Person, die sich in den Gleichschritt des anderen begeben hat, übernimmt nun die Führung.
LEADING – die Leitung übernehmen
Leading bedeutet das Führen von anderen Menschen. Leading ist der Prozess, bei dem die Person im Stadium des Pacing ihr Verhalten verändert und durch langsames, eindringliches oder bestimmtes Reden die Führung übernimmt. Die andere Person folgt ihr nun. Führen auf diese Art gelingt nur, wenn eine bestimmte Intensität an Kontaktdichte, Nähe und gleicher Wellenlänge im Rapport erzielt wurde. Dieses Vorgehen zielt darauf ab, das Wohlgefühl zu steigern, sodass die Gesprächspartner:innen geneigt sind, auf die Vorschläge und Führung positiv zu reagieren.
ANCHORing – einen Anker werfen
Unter dem Begriff des Ankerns werden im NLP äußere Reize verstanden, die in unserem Erleben wie ein Schlüssel innere Räume öffnen. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Pawlowsche Reflex. Der russische Mediziner und Forscher Iwan Petrowitsch Pawlow hat durch ein empirisches Experiment mit Hunden den Nachweis der klassischen Konditionierung erbracht. Die Hunde reagierten auf einen Glockenton mit Speichelfluss, weil sie in dem Experiment gelernt hatten, dass sie ihr Futter erhalten, wenn die Glocke ertönt. Später, als nur noch der Ton zu hören war und es kein Futter mehr gab, lief der Speichel bei den Hunden trotzdem.
Ein gleiches Phänomen konnte auch bei Menschen festgestellt werden. Der Fliegeralarm im Zweiten Weltkrieg löste bei den Menschen Ängste und Fluchtreaktionen aus. Doch auch nach dem Krieg waren bei Alarmübungen diese Reaktionen bei den Menschen festzustellen. Der Mensch ist also konditionierbar.
Anker erzeugen Gewohnheiten, welche die Grundlage unserer Orientierung bilden. Jeder von uns reagiert auf Reize, die zuvor durch eine Konditionierung gesetzt wurden. Unser Unterbewusstsein braucht Konditionierungen, um ein gelerntes Verhaltensmuster rasch einsetzen zu können, wie bei der allgemeingültigen Regel unseres Ampelsystems: Bei Rot stehen und bei Grün gehen wir. Wesentlich ist, dass Anker direkt auf unser Unterbewusstsein wirken, sie aber auch vom Bewusstsein erkannt und genutzt werden können. Nur ein sehr kleiner Teil unseres täglichen Handelns wird von uns bewusst gesteuert. Der Großteil unserer Handlungen wird durch unbewusste Programmabläufe bestimmt. Es gibt verschieden starke Anker. Ihre Stärke hängt von der Intensität, Qualität, Häufigkeit und deren Wirkung auf die Zielperson ab. So können Musik, Bilder, Düfte, Lichtkonzepte, Stimmen oder Orte ein bestimmtes Ereignis bei einem Menschen wieder hervorbringen. Anker können in allen Sinnessystemen genutzt werden. Beim Pawlowschen Hund war es der Glockenton. Entscheidend ist, dass es sich um ein intensives Erlebnis handelt, damit dieses auch abrufbar ist. Somit werden über die Anker Erfahrungen mobilisiert, die dabei helfen sollen, ein gesetztes Ziel zu erreichen. Die NLP-Methode versteht sich selbst als die Kunst, gezielt und intelligent Anker zu setzen.
Darauf greift auch die Werbung zurück. Die wichtigste Werbekundschaft in Deutschland, die Automobilindustrie, hat jede Menge Anker zu bieten: Betritt man ein hochpreisiges Autohaus, wird man von einer bestimmten Architektur und Raumgestaltung begrüßt. Es sind bestimmte Licht-, Musik- und Duftkonzepte hinterlegt. Die Wünsche der Kund:innen werden von geschultem Personal mit einer angelegten Gesprächsführung optimal entwickelt. Unterstützt wird das Ganze durch eigene Museen, Werksbesichtigungen, Teststrecken, Events, Showrooms und Fußballteams. Längst verkaufen die Automobilkonzerne kein einzelnes Auto mehr; sie verkaufen eine ganze Erlebniswelt. Sie werfen uns regelmäßig Anker für den nächsten Autokauf zu.
Doch auch der Mensch kann ganz gezielt Anker setzen. Hierzu können alle Sinnessysteme genutzt werden: Visuelle Anker durch Mimik, Gestik und Körpersprache. Auditive Anker durch Stimmenführung, Lautstärke oder eine besondere Betonung. Und kinästhetische Anker durch Berührungen.
Framing – einen neuen Rahmen schaffen
Der Begriff Framing kommt aus dem Englischen und bedeutet Rahmen oder Einrahmen. Umgangssprachlich wird es auch als Schubladendenken beschrieben. Der Ursprung des wissenschaftlichen Begriffs Framing geht auf den angloamerikanischen Psychiater Gregory Bateson zurück, der 1972 damit ein psychologisches Phänomen beschrieb: die Exklusion und Inklusion bestimmter Informationen in Nachrichten. In der Medienwirkungsforschung beschreibt Framing die Einbettung von Ereignissen und Themen in ein Deutungsraster. Komplexe Informationen werden damit strukturiert oder selektiert aufbereitet, sodass eine bestimmte Ursachenbeschreibung, Problemdefinition oder Bewertung in der jeweiligen Thematik dargestellt wird. Mithilfe von Frames versuchen Journalist:innen, ihrer Leserschaft bestimmte Bilder zu vermitteln, um komplexe Themen anschaulich darzustellen: So wird aus einem politischen Wahlkampf zwischen zwei gleich starken Kandidat:innen von den Journalist:innen ein Bild eines Gladiatorenkampfes entwickelt. Sind die Kandidat:innen nicht gleich stark, wird von den Medien gerne die Metapher von David gegen Goliath bemüht, um in ihrer Darstellung einen Spannungsbogen zu erzeugen. Da die Bilder und Metaphern der Leserschaft bekannt sind, können sie der medialen Darstellung gut folgen. Sie nehmen die Darstellung und damit auch den gewählten Rahmen der Nachricht an. Fraglich bleibt, welcher Rahmen für die Nachricht gewählt wurde und ob dieser der Wirklichkeit entspricht.
Am besten kann man das Phänomen des Framing am Beispiel eines Wasserglases erläutern: Durch die Wahl der Rahmung kann eine positive Deutung mit einem halb vollen Wasserglas oder eine negative Deutung mit einem halb leeren Wasserglas erzeugt werden. Entscheidend bleibt, ob wir über die Darstellung des gesamten Bildes verfügen. Daher sind folgende Fragen wichtig:
- Welcher Rahmen wird mir geboten?
- Welche Sichtweise wird mir angeboten?
- Wie kann ich diesen Rahmen überprüfen?
- Kenne ich selbst das gesamte Bild?
- Wie kann ich mir ein eigenes Bild machen?
Im Alltag stellen wir uns diese entscheidenden Fragen meistens nicht.
Schaut man genauer hin, so stellt man fest, dass es im NLP weniger um das Framing, sondern vielmehr um das Reframing geht. Der englische Begriff Reframing bedeutet Umdeutung. Diese Technik der Umdeutung wurde in der Systemischen Familientherapie, die auf Virginia Satir zurückgeht, entwickelt. So hat Satir bei ihren Mandant:innen ein negativ wahrgenommenes Verhalten, wie zum Beispiel „Meine Mutter mischt sich ständig in mein Leben ein“ in eine positive Botschaft „Ihre Mutter möchte Sie also beschützen“ gewandelt, um eine Sensibilisierung bei dem Kind zu erzeugen und der Mutter die negativen Folgen ihres „gutgemeinten“ Verhaltens darzustellen. Verlassen wir unseren geistigen Rahmen, können neue Vorstellungen entstehen. So können wir die positiven Absichten unseres Gegenübers erkennen und möglicherweise besser annehmen. Der innere Rahmen eines Menschen ist auch immer sein eigener Käfig: Einerseits schränkt uns unsere Sichtweise ein, andererseits gibt sie uns Sicherheit, da wir keine neuen Perspektiven zulassen müssen.
Im Neuro-Linguistischen Programmieren wird der Umdeutungsmethodik, dem Reframing, ein hoher Stellenwert eingeräumt. Eine Umdeutung kann, wie in der Familientherapie, einen Perspektivwechsel ermöglichen und damit Konflikte entschärfen. Auch bei Verkaufsgesprächen wird diese Technik gezielt zum Einsatz gebracht.
In unserem fiktiven Autohaus könnte sich folgende Szene abspielen, in der ein älterer Kunde über den ihm angebotenen Sportwagen klagt: „Der Einstieg bei diesem Fahrzeug ist nicht angenehm.“ Der junge Verkäufer wird seinem Kunden nicht den problemlosen Einstieg in den engen Sportwagen demonstrieren, sondern eine ganz gezielte und auch nachvollziehbare Umdeutung vornehmen: „Die gleiche Fahrdynamik dieses Sportwagens haben wir in unseren neuen SUV übernommen. Der SUV hat den großen Vorteil, dass bei diesem Fahrzeug der Einstieg, die Sitze und die Straßenübersicht deutlich komfortabler sind.“
Diese Umdeutung ist vollständig nachvollziehbar. Gefährlich wird es erst dann, wenn durch eine gezielte Umdeutung von außen einer Situation eine völlig andere Bedeutung zugewiesen wird, als sie in Wirklichkeit hat. Diese aktive Umdeutung führt, wenn sie bemerkt wird, zu erheblichen Konflikten. Aktiv betriebene Umdeutungen, die nicht bemerkt werden, haben meistens einen Verlierer: die Wahrheit.
Am Ende bleiben nur zwei offene Fragen: Was ist die Wahrheit? Und ist die Wahrheit die Erfindung eines Lügners?