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Erfolg Schuld sind immer die anderen – wie diese Haltung Firmen lähmt

Mann mit Karton auf dem Kopf, auf dem ein schlecht gelaunter Smiley ist
Führungskräfte können viel tun, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verantwortung übernehmen
© Zoonar | Elnur Amikishiyev / Picture Alliance
Über Jahre haben wir als Gesellschaft Verantwortungslosigkeit kultiviert: Ruckelt es im Job, ist der Chef schuld, läuft es in der Firma schlecht, soll die Politik helfen. So befreien Sie sich davon

Abwrackprämie, Bankenrettung, Kurzarbeitergeld, Corona-Hilfen – so sinnvoll die einzelnen Hilfsmaßnahmen gewesen sein mögen, so sehr haben sie ein Klima erzeugt, in dem bei jeder neuen Krise instinktiv nach politischer Hilfe gerufen wird, anstatt selbst aktiv zu werden. Dass die Politik bei der Unterstützung der Wirtschaft aktuell – vorsichtig formuliert – wenig hilfreich agiert, ist evident, darf aber nicht als Universalentschuldigung für die schwierige Lage herhalten, in der sich viele Unternehmen aktuell befinden. Im Gegenteil: Gerade in herausfordernden Zeiten liegt es an Unternehmen und ihren Führungspersönlichkeiten, mit Tatkraft, Mut und Fokus voranzugehen. 

Fehlende Verantwortung führt zu wirtschaftlichem Schaden

Doch daran mangelt es vielerorts – mit verheerenden Folgen: In einer Welt voller Unsicherheiten und rasend schneller Veränderungen gefährdet fehlende Verantwortung die strukturelle Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Wenn zu wenige bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, werden Entscheidungen verschleppt und existenzielle Risiken weggenuschelt. In der Folge leiden Effizienz, Innovationskraft und Mitarbeiterzufriedenheit, was in Kombination im schlimmsten Fall das ganze Unternehmen gefährdet. 

Die entscheidende Frage: Was kann man dagegen tun? Wie kann man eine Kultur der Verantwortungsübernahme fördern? Unternehmen können hier an fünf konkreten Hebeln ansetzen:

Einfache Strukturen

Die Ordnungskraft von Organisationsstrukturen ist nicht zu unterschätzen. Sie sind der Heimathafen der Mitarbeitenden; in ihnen werden Budgets und Ziele geplant, und in ihnen wird Verantwortung übernommen. Oder eben nicht, wenn Strukturen so komplex gewachsen sind, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Abhilfe soll dann eine Reorganisation schaffen, doch die greift häufig zu kurz, wenn sie nicht von der expliziten Diskussion und Definition von Rollen und Verantwortlichkeiten flankiert wird.

Klare Verantwortlichkeit im Team

Auch wenn Organisationseinheiten klar definiert sind, erfolgt das Gros der Wertschöpfung heute in crossfunktionalen Teams, die jedoch per Definition die Klarheit von Organisationseinheiten unterminieren. Zwei Ansätze helfen, hier den Überblick zu behalten. Erstens: klare Zuordnung der Verantwortlichkeit. Ein Team aus Einkauf, Forschung und Entwicklung, Produktion und Produktmanagement hat etwa die Mission, Beschaffungskosten zu senken. 

Auch wenn es hier alle Perspektiven braucht, liegt die Verantwortung naheliegenderweise beim Einkauf. Zweitens: die Teamgröße begrenzen. Gerade, wenn die Verantwortung nicht eindeutig zugeordnet werden kann, sollte das Team klein bleiben – idealerweise fünf bis zehn Personen –, da in größeren Teams Verantwortung und Engagement zu leicht diffundieren.

Ergebnis-orientierte Anreizsysteme

Ein kritischer Blick auf Anreizsysteme lohnt sich, haben Incentives doch eine hohe Symbolkraft. Das Problem: Oft liegt bei der Zieldefinition der Fokus auf der Input-Ebene – etwa der Anzahl bestimmter Aktivitäten – statt auf den Ergebnissen, also der Output-Ebene. Am Ende zählt aber das Ergebnis. 

Es empfiehlt sich zudem, auch die Outcome-Ebene, zum Beispiel Umsatz oder Gewinn, als Teil des Anreizsystems zu verstehen. Damit verlässt man bewusst die individuelle Ebene und macht klar, dass jede und jeder für den Erfolg im Großen und Ganzen mitverantwortlich ist. Qualitative Ziele hingegen sind tendenziell eher für die ebenso wichtige Persönlichkeitsentwicklung geeignet und sollten von Boni losgelöst gedacht werden.

Vertrauen und Orientierung für Mitarbeitende 

Wenn Mitarbeitende die Befugnis haben, Entscheidungen zu treffen und autonom zu handeln, fühlen sie sich stärker mit ihrer Arbeit verbunden und engagieren sich mehr. Damit das gelingt, braucht es jedoch ein Verständnis dafür, worauf einzelne Aktivitäten einzahlen. Klare Ziele auf allen Ebenen sind hier notwendig: Was will mein Team erreichen? Was meine Abteilung, mein Bereich und wir als gesamtes Unternehmen?

Transparente und regelmäßige Kommunikation sowie offener Dialog helfen hier, den Überblick zu behalten und sich auf Ziele zu verständigen. In der Realität klafft hier jedoch eine Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit: Während Mitarbeitende sich mehr Freiraum und Vertrauen wünschen, fällt es Führungskräften schwer, Kontrolle abzugeben.

Führungskraft muss klar kommunizieren

Natürlich stinkt der Fisch auch beim Thema Verantwortung oft vom Kopf her. Solange Ausreden und Schuldzuweisungen von Führungskräften akzeptiert oder gar selbst praktiziert werden – das zeigt nicht zuletzt der stete Fingerzeig auf die Politik –, stehen die Chancen für eine Kultur der Verantwortung schlecht. 

In den Führungskräften liegt aber auch eine riesige Chance, eine Kultur der Verantwortung zu etablieren. Durch Leadership by Example setzen sie den Standard, dem Mitarbeitende folgen können. Dazu gehört, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen und deren Hintergründe transparent zu kommunizieren, Vertrauen zu schenken, aber auch eigene Fehler einzugestehen und als Lernchance zu nutzen.

Dominik Kaufmann ist Gründer und Geschäftsführer der Strategieberatung Kaufmann/Langhans. Er berät mittelständische Unternehmen aus unterschiedlichen Industrien bei der Strategieentwicklung und -umsetzung. 

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