Anzeige

Markus Väth Drei Dinge, die ich über Führung gelernt habe

Markus Väth
Markus Väth
© PR
Neulich bin ich mit meiner persönlichen Führungskompetenz ziemlich auf die Nase gefallen. Das war schmerzhaft, hat mich aber einige wichtige Dinge über Führung gelehrt 

Ich wollte, dass die Dinge anders laufen als bisher 

Im Herbst vorigen Jahres habe ich eine Bewegung mit dem Namen „Radikal Arbeiten“ gegründet. Zwar hatte ich eine vage Idee im Kopf, aber wie man es von guten Führungskräften erwartet, gab ich den Menschen, die sich in der Bewegung versammelt haben, nicht vor, wie sie meine Gedanken, meine Ideen verarbeiten sollen. Es sollte anders laufen als beim Thema New Work. Darüber schrieb ich in den vergangenen Jahren Bücher – die New Work Charta – und hielt viele Vorträge. Kurz: Ich gab Menschen meine Ideen vor, mit denen sie sich auseinandersetzen konnten. 

Zuviel Freiheit machte meine Mitstreiter orientierungslos 

Genau das sollte mit „Radikal Arbeiten“ nicht passieren. Sei eine gute Führungskraft, sagte ich mir. Gib den Leuten Raum für eigene Ideen. Arbeite dann wiederum mit den Ergebnissen. Nimm die Leute mit, diskutiere auf Augenhöhe, erarbeite gemeinsame Resultate. Ein wunderschöner Gedanke, nur – er ging leider schief. Die Menschen um mich herum waren überfordert mit der Freiheit, die ich ihnen gab. Meine Vorgaben waren zu ungenau, meine Begeisterung und meine Einladung trugen sie nicht zu eigener Initiative und entsprechenden Ergebnissen. Sie waren motiviert, aber orientierungslos. 

Nachdem ich einige frustrierende Meetings erleben musste, in denen ich zunächst nicht verstand, was das eigentliche Problem war, kehrte ich notgedrungen in die Rolle des Anführers zurück. Ich entwickelte einige Grundideen zum Radikalen Arbeiten und präsentierte sie bei einem Online-Barcamp der Bewegung. Und siehe da: Es kam buchstäblich wieder Bewegung in die Sache. Menschen finden wieder einen Punkt zum Andocken, eine konkrete Idee, an der sie andocken konnten. 

Drei Lehren für die Führung

Die Phase des Ausprobierens, der Diskussion hinter den Kulissen und des gemeinsamen Herausfindens von Rolle und Aufgabe zog sich über mehrere Monate hin. Und auch wenn noch nicht alles zu meiner Zufriedenheit gelöst wurde, habe ich in dieser Zeit drei wichtige Dinge über Führung und meine Führungsrolle gelernt: 

1. Deine Begeisterung ist kein Garant für das Engagement anderer 

Auch wenn dir bestimmte Dinge schlüssig vorkommen und du denkst, dass andere Menschen dir auf deinem Weg scheinbar mühelos folgen können: In der Regel ist das nicht der Fall. Unterschätze niemals die Fragezeichen in den Köpfen auch der motivierten Leute. Erklären, begründen, spiegeln – das sind Fähigkeiten, die eine gute Führungskraft in Zeiten der Veränderung bringen muss.

2. Dosierte Freiheit ist für die meisten Menschen ausreichend 

Diese Aussage klingt vielleicht ein wenig hart, aber zumindest meine Erfahrung zeigt, dass die wenigsten Menschen überhaupt keine Vorgaben wollen nach dem Motto: „Mach mal“. Komplette Freiheit überfordert (zunächst) viele Menschen, gerade im Arbeitsprozess. Deshalb ist es Führungsaufgabe, die richtige Dosis Freiheit zu finden und innerhalb dieser „Leitplanken“ gemeinsam mit den unterschiedlichen Menschen zu arbeiten. Und dafür wiederum muss man mit ihnen sprechen, ihr Freiheitslevel herausfinden und dann gemeinsam testen. 

3. Akzeptiere die Rolle des Anführers 

Auch wenn viel darübergeschrieben wird, dass Führung an Bedeutung verliert, kommt man meiner Meinung nicht daran vorbei, dass eine Führungskraft grundsätzlich zwei Dinge bieten sollte: Orientierung in der Sache und Stabilität in der Emotion. Natürlich habe auch ich meinen Frust in den Meetings ausgedrückt, aber möglichst in einer reflektierten Form, die einen Boden schafft für die weitere Diskussion. Weder zorniges Poltern noch jammerndes Klagen ist hier angebracht. Emotionale Kompetenz und eine klare Kommunikation über Ziele und Inhalte – das sind und bleiben die beiden Grundpfeiler jeder erfolgreichen Führung.

Letztendlich bin ich dankbar für diese Führungserfahrung der letzten Monate. Ohne sie hätte ich vielleicht entscheidende Dinge über Führung nicht begriffen. Und ich bin dankbar für die Menschen, die diesen Weg mit mir gehen. Denn auch das ist wahr: Es gibt keine kompetente Führung ohne kompetente Geführte. Auch sie sind ein Geschenk, das wir in der Führung würdigen sollten.

Markus Väth ist Arbeitspsychologe und Schöpfer des Begriffs „Radikal Arbeiten“. Dahinter verbirgt sich eine Philosophie, die Arbeit wieder zu ihrem Kern zurückführen soll: weniger Sinnlosigkeit und Demotivation, mehr Wirksamkeit und Freude. Er ist mehrfacher Buchautor und arbeitet unter anderem als Vortragsredner und Organisationscoach.  

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel