Herr Fahrenholz, Sie sind in einem Plattenbau im Ostberliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf aufgewachsen. War es eine harte Kindheit?
Ach was, ich hatte immer genug zu essen und eine gute Schulausbildung. Aber ja, ich komme aus bodenständigen Verhältnissen. Meine Mutter war alleinerziehend. Sie ist aus Russland in die DDR eingewandert.
Wovon haben Sie geträumt?
Ich wollte Pilot werden. Das hätte wohl auch geklappt, aber dann habe ich mich umentschieden und Wirtschaft studiert.
Warum? Wollten Sie reich werden?
Geld war schon ein wichtiger Antrieb, ich habe es aber eher als eine Art Schulnote für Erfolg gesehen. Man kann daran messen, ob man etwas erreicht hat.
Viele Gründer sagen, sie wollten die Welt verändern …
Das ist doch Unsinn. Ich kann ehrlich sagen: Ja, ich wollte damit reich werden. Und ich fände es anmaßend zu behaupten, ich hätte die Welt mit einem Pizzabringdienst verändern wollen.
Damit spielen Sie auf Lieferheld an, das Start-up, das Sie 2009 in Berlin gründeten und aus dem später Delivery Hero wurde.
Das war eine verrückte Zeit. Wir haben im Büro geschlafen und sind morgens zu H&M gegangen, um uns frische T-Shirts zu kaufen.
Auf dem Papier dürften Sie schnell Millionär gewesen sein. Wann war das Geld auch auf dem Konto?
Ungefähr 2013, da hatte ich genug Anteile an neue Investoren verkauft. Ich habe das aber extrem selten gemacht, was viele nicht verstanden haben.
Beim Börsengang 2017, bei dem Delivery Hero mit 4,4 Mrd. Euro bewertet wurde, haben Sie aber bestimmt Kasse gemacht.
Ich habe wieder nur ein paar Prozente verkauft. Und der Aktienkurs gibt mir recht.
Hat sich Ihr Lebensstil verändert?
Ein bisschen. Ich habe mit dem Motorsport nun ein etwas teureres Hobby. Zusammen mit drei Freunden besitze ich ein altes Formel-Renault-Auto und habe mir einen BMW M3 geleistet. Und einen Ferrari, den ich aber nach acht Monaten wieder verkauft habe, das war nichts für mich. Da hieß es dann sofort: Der Fahrenholz dreht durch.
2014 gaben Sie Ihre operative Rolle bei Delivery Hero auf. Warum?
Die Arbeit war im Wesentlichen getan, die Prozesse standen, die Plattform war entwickelt. Ich hätte weiter die Erfolgswelle reiten können, aber ich wollte lieber noch mal von vorn anfangen. Also haben wir Book a Tiger gegründet, eine Plattform zur Putzkraftvermittlung.
Letztes Jahr mussten Sie das Plattformprinzip allerdings aufgeben.
Wir haben festgestellt, dass man Privathaushalten mit selbstständigen Reinigungskräften keine hohe Qualität garantieren kann. Jeder, der etwas anderes sagt, kennt seine Zahlen nicht oder lügt. Wir haben also fast 1000 Putzkräfte angestellt. Daneben betreiben wir aber weiterhin eine Plattform, auf der wir Geschäftskunden mit anderen Reinigungsfirmen verknüpfen.
Sind Sie eigentlich manchmal noch in Marzahn-Hellersdorf?
Regelmäßig! Da gibt es immer noch meinen Lieblingsdöner.