Herr Gschwandtner, Ihr Weg zum App-Erfinder war nicht vorgezeichnet. Eigentlich sollten Sie den Hof Ihrer Eltern übernehmen.
Weil mein älterer Bruder nicht wollte, war ich an der Reihe. Ich bin auch fünf Jahre auf eine Landwirtschaftsschule gegangen. Aber nach dem Abschluss habe ich meinen Eltern gesagt: Liebe Mama, lieber Papa, das ist nicht meine Leidenschaft, ich werde Software und Technologie studieren. Mit drei Kommilitonen habe ich dann später die Jogging-App „Runtastic“ gestartet.
Wie viel Gehalt haben Sie sich am Anfang gezahlt?
Die ersten neun Monate gar nichts. Danach gab es 900 Euro für jeden – netto. Und irgendwann dann um die 3000 Euro brutto. Aber wir waren immer sparsam und total auf Wachstum fixiert. Nach acht Monaten haben wir in einem Wettbewerb 50.000 Euro gewonnen. Wir haben uns einen Bonus von 250 Euro ausgezahlt und die restlichen 49.000 sofort in die Firma reinvestiert.
Wann war die erste Million da?
Am 13. September 2013. Da hat Axel Springer uns 50,1 Prozent der Anteile abgekauft.
Und dann gab’s Schampus?
Nein, wir haben zuerst ganz professionell unser Team informiert. Wir Gründer haben erst am folgenden Wochenende darauf angestoßen. Im Feiern sind wir gar nicht so schlecht, nur passiert das oft mit Verzögerung. Und immer muss ich mich drum kümmern. Ich bin hier CEO und CPO – Chief Party Officer.
Hat das Geld Sie verändert?
Wir sind deswegen keine Stunde später aufgestanden und haben keinen Tag weniger gearbeitet. Wir wollten weiter Gas geben. Aber bei unserem jährlichen Gründerurlaub ist jetzt vielleicht auch mal ein kleines Boot dabei, das gab es früher nicht. Mit den Mitarbeitern haben wir uns schon was geleistet: Nach dem Springer-Einstieg waren wir alle zusammen auf Mallorca.
Und was haben Sie sich gegönnt?
Ich habe mir einen Kindheitstraum erfüllt: einen Porsche 911. Mein Plan war immer, mir den leisten zu können, bevor ich 35 bin, dafür wollte ich viel tun und hart arbeiten. Über den Autokauf habe ich sehr offen auf Facebook geschrieben, um die Kritik vorwegzunehmen. Ich habe auch ein Foto gezeigt, auf dem man sieht, wie ich vom Fahren Gänsehaut bekomme. Die Reaktionen auf den Post waren sehr positiv.
Vor knapp zwei Jahren hat Adidas sämtliche Anteile an Runtastic übernommen. Der Traum vom eigenständigen Milliarden-Start-up war damit geplatzt.
Ach, den Traum gab es so doch gar nicht. Es ging uns immer darum, ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, das sich selbst finanzieren kann.
Wie viel Zeit arbeiten Sie noch für Runtastic, wie viel für Adidas?
Wahrscheinlich 20 Prozent für Adidas und 110 Prozent für Runtastic.
Florian Gschwandtner, 34, wuchs auf dem Bauernhof seiner Eltern in Niederösterreich auf. 2009 startete er mit drei Mitgründern die Fitness-App „Runtastic“. Sie hat heute mehr als 115 Millionen Nutzer. 2015 kaufte Adidas das Start-up aus Linz für 220 Mio. Euro. Gschwandtner blieb als CEO an Bord.