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Kolumne Bolzen für mehr Leistung im Unternehmen

Lars Vollmer
Lars Vollmer
© larsvollmer.com
Eine Mannschaft, die nicht von oben herab zusammengestellt wird, hat das Potenzial, erfolgreich zu sein. Lars Vollmer über Teams, die sich selbst bilden, weil ihre Mitglieder gemeinsam etwas erreichen möchten

Kommen Sie, wir wissen alle wie es läuft: wenn ein Unternehmen sich eine erhöhte, bessere oder sonst wie komparativ positive Leistung wünscht, bedeutet dies, dass irgendein auserkorenes Führungstier mit der Leistungsverbesserung beauftragt wird. Erstmal muss es einen Chef geben, den nennen wir mal den „Sponsor“. Dieser bestimmt dann wiederum, in welcher Abteilung die Leistung besonders verbesserungswürdig ist. Und dann wird der nächste Chef benannt, der Projektleiter. Und zu guter Letzt kürt eben dieser ein Team, das sich die Aufgabe vorknöpfen darf. Danke, liebe Hierarchie.

Ich meine, es gibt andere, bessere Wege, um im Unternehmen gute Leistungen zu erzielen . Lassen Sie uns den Blick über den Business-Tellerrand wagen.

Sportliche Schönheiten

Wenn Menschen im privaten Bereich gemeinsam etwas leisten wollen und ihnen keiner sagt, was sie tun sollen, dann bilden sie spontan Gemeinschaften. Also kleine Gruppen, Teams, Trupps, Taskforces. So wie das Helfer in Katastrophengebieten tun, so wie das Jagdgesellschaften tun, so wie das auch kleine Jungs nach der Schule auf dem Bolzplatz tun. Sie bilden eine Mannschaft.

Beim Bolzen sieht das in der Regel so aus, dass die sportlich talentiertesten Spieler den Kern der Mannschaften bilden. Sie wählen dann abwechselnd aus den anderen Jungs, die am Rand des Rasens warten, die Mitglieder ihres Teams aus. Beim Bolzen hat das einen unerfreulichen Nebeneffekt, weil die zuletzt Gewählten sehr genau wissen, dass sie entweder sportlich unbrauchbar oder sozial unbeliebt sind – vielleicht erinnern Sie sich. Nun stellen Sie sich mal vor, so würde es auch im Unternehmen laufen.

Auch dort bildeten sich gute Mannschaften durch die Anlagerung an einen initialen Kern. Irgendjemand muss schließlich den Anfang machen, die neue Idee einbringen. Ist diese Person im übertragenen Sinne „sportlich attraktiv“ genug, finden sich die Anwärter für einen Platz in ihrer Mannschaft von ganz alleine. Und freiwillig.

So müsste es funktionieren …

Die Teamfindung schlüpft damit heraus aus dem ewigen Korsett des Managements und der veralteten Pyramidenorganisationen des 20. Jahrhunderts . Erst eine solche Mannschaft, die nicht von oben herab zusammengestellt wird, hat das Potenzial, eine erfolgreiche Mannschaft zu werden.

Denn in ihr sammeln sich fortan nicht die Kids, die von ihren Müttern zum Bolzen verdonnert werden, damit sie sich ein bisschen bewegen. Ihre Mitglieder sind keine, die sich an einer bestimmten Position auf dem Feld festgebissen haben. In einer selbstgebildeten Mannschaft finden sich Leute, die Lust auf gutes Bolzen haben – als Gesamtpaket. Und nicht nur Lust darauf, den Posten des Torwarts möglichst gut auszufüllen, während das Spiel den Bach runtergeht, weil die Stürmer versagen.

Solche Mannschaften lösen gemeinsam ein bestimmtes Problem komplett, mit allem was dazugehört. Sie machen eben nicht nur einen funktionalen Job wie etwa Einkauf oder Produktion oder Kundenservice, sondern sie integrieren alle Wertschöpfungsteile der aus Sicht des Kunden vollständigen Leistung.

Wenn das Projekt dann schiefgeht, das Spiel verloren geht, sind alle dran. Nicht nur einer. Das gemeinsame Risiko schweißt genauso zusammen wie die gemeinsame Chance. Alle Mitglieder der Mannschaft wissen: Wenn wir gut aufeinander aufpassen, wenn wir alle so gut, wie wir können, miteinander und füreinander arbeiten, dann sind wir sicher, dann müsste es funktionieren.

Weil Sie sich reinhängen müssen

Eine Mannschaft mit diesem Mindset, die zusammenarbeitet, weil sie etwas erreichen möchte, ist meiner Erfahrung nach mit einer ganz anderen Ernsthaftigkeit bei der Arbeit als jede „Zwangsgruppierung“. Und das ist kein simples Tschakka-so-läuft-es-Gerede, nein. Schließlich ist in einer solchen Konstellation eines ganz klar ausgeschlossen: der unmotivierte Dienst nach Vorschrift.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten als bolzbegeistertes Kind einen Platz in der Mannschaft ergattert – und dann lümmeln Sie lustlos im hinteren Drittel des Spielfelds herum oder kicken nur mit halber Leidenschaft auf den Ball. Was wäre passiert? Klar, Ihre Teamkollegen hätten Ihnen ziemlich schnell zu verstehen gegeben, dass es so nicht geht. Dass Sie sich reinhängen müssen, um in der Mannschaft zu bleiben.

Den gleichen Effekt erzielt eine selbstständig organisierte Arbeitsmannschaft, in der jeder im Projekt oder in der aktuellen Aufgabe mit „drinhängt“ und die Verantwortung mitträgt. Glauben Sie mir, das macht was mit Menschen!

Schüchterne Tierchen

Wenn Sie sich jetzt fragen, wie Sie solche Gewinnermannschaften in Ihrer Organisation aufbauen könnten, gestatten Sie mir bitte einen Hinweis: Bei Ihnen gibt es bereits solche Leistungsgrüppchen und Mannschaften!

Auch in jeder autoritär und hierarchisch geführten Organisation gibt es heutzutage immer selbstorganisierte Mannschaften, sonst wäre das Unternehmen womöglich schon gänzlich vom Markt verschwunden. Die Mannschaften sind fast nie identisch mit den Abteilungen, sie verlaufen über die Silogrenzen hinweg und sie fliegen typischerweise unter dem Radar. Sie sind nicht legitimiert, aber sie leisten dennoch. Und zwar aus Passion. Aus Spaß. Weil sie gerne erfolgreich arbeiten. Und aus Pflichtgefühl gegenüber dem Unternehmen, denn sonst kriegen sie die wichtigen Dinge nicht gewuppt.

Sie zu entdecken, zu legitimieren und zu schützen ist zwar genau die richtige Vorgehensweise, aber es ist kein leichtes Unterfangen. Denn kaum knipsen Sie die Taschenlampe an und leuchten auf die Hinterbühne, da machen sich die Mannschaften dünne, denn sie müssen befürchten, von der Hierarchie platt gemacht zu werden. Zuerst müssten Sie also einiges in den Vertrauensaufbau investieren.

Denn Mannschaften leben von einem formalen Schutzraum und von Vertrauen, das in sie gesetzt wird. Sie müssen sicher sein, dass sie gewollt sind und agieren dürfen. Sonst tun sie’s nicht.

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