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Kabinettsbeschluss Warum die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5 nur fair ist

Familienfoto mit Vater, Mutter und Kind im Stil der 50er-Jahre
In vielen Familien verdienen Frauen weniger. Die ungünstige Steuerklasse 5 kann zu zusätzlichem Frust führen
© JOKER | Marcus Gloger / Picture Alliance
Die Bundesregierung hat das Aus der Steuerklassen 3 und 5 für Ehepaare beschlossen. Damit schafft das Kabinett Fairness – anders als die Kritiker, die im Kampf um die Steuerklassen mit falschen Tatsachenbehauptungen operieren

Die Bundesregierung hat am Mittwoch einen Gesetzesentwurf beschlossen, wodurch die Steuerklassen 3 und 5 für Verheiratete ab dem Jahr 2030 wegfallen. Betroffene Paare werden stattdessen automatisch der Steuerklasse 4 mit Faktor zugeordnet. Die Lohnsteuer berechnet sich dann für jeden Partner danach, wie viel er oder sie zum Haushaltseinkommen beiträgt. Damit setzen SPD, FDP und Grüne Pläne um, die sie im Koalitionsvertrag Ende 2021 vereinbart hatten. Die Reform soll Bürokratie abbauen und vor allem für mehr Gleichberechtigung sorgen. 

Schon seit dem Frühjahr arbeitete das Ressort von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) an einem entsprechenden Reformvorschlag – und erhitzte damit die Gemüter. Kritik kam vor allem aus Bayern. CSU-Chef Markus Söder lehnte die Reform ab und behauptete, „das würde insbesondere für Familien weniger Netto vom Brutto bedeuten“. 

Tatsache ist: Steuerklassen beeinflussen nicht die endgültige Höhe der Steuer, auch wenn viele Paare diesem Missverständnis unterliegen. Sie ermöglichen lediglich, die Steuer bereits übers Jahr praktisch zu verteilen. Sie wirken sich ausschließlich beim monatlichen Lohnsteuerabzug aus, einer mehr oder weniger groben Vorabrechnung. Der finale Kassensturz kommt mit der Steuererklärung.

Bei großen Gehaltsunterschieden lohnt 3/5

Die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 lohnt sich besonders für Ehepaare, die unterschiedlich viel verdienen. Der Besserverdienende wählt die günstige Steuerklasse 3. Dadurch erhält er oder sie beide Grundfreibeträge, den eigenen und den des Ehepartners. In Folge sinkt der Steuerabzug vom Lohn enorm. Der andere Partner, der weniger verdient, rutscht in Steuerklasse 5. Ihm oder ihr kommen keine Freibeträge mehr zugute, sodass Steuern schon bei einem geringen Lohn abgehen. Die Kombination 3/5 lässt also den Lohnzettel von verheirateten Besserverdienenden gut aussehen und verschiebt die Abgabenlast auf die andere Person.

Nach Ablauf des Kalenderjahres ist eine Steuererklärung Pflicht. Das Finanzamt rechnet dann noch einmal nach. Das kann schnell zu saftigen Steuernachzahlungen führen. Denn die Steuerklassenkombination 3/5 berücksichtigt das Ehegattensplitting nur sehr pauschal, ohne Rücksicht auf die tatsächliche Einkommensverteilung.

Faktorverfahren verteilt Steuerlast fairer

In der anderen Steuerklassenkombination für Verheiratete, der 4/4 mit Faktor, ist der Splittingtarif viel genauer eingewoben. Der Faktor bewirkt bei der Gehaltsabrechnung, dass beide Eheleute jeweils den Lohnsteueranteil zahlen, den sie am gemeinsamen Einkommen haben. Sie müssen am Ende zwar trotzdem eine Steuererklärung einreichen, doch die Summe der unterjährig gezahlten Lohnsteuer sollte in etwa der vom Finanzamt errechneten Einkommensteuer entsprechen. Das vermeidet Nachzahlungen.

Noch können Paare selbst entscheiden, welche Kombination ihren Bedürfnissen eher entspricht. Nach den Plänen der Bundesregierung wird dieses Wahlrecht ab 2030 entfallen, also in gut fünf Jahren. Alle, die dann noch die Steuerklassenkombination 3/5 nutzen, rutschen automatisch in die Kombination 4/4 mit Faktor, die laut Koalitionsvertrag „einfach und unbürokratisch anwendbar ist und mehr Fairness schafft“. Das neue Faktorverfahren wird so angepasst, dass es auch Ehepaare nutzen können, bei denen einer der Alleinverdiener ist. Um den Wechsel soll sich das Bundeszentralamt für Steuern kümmern, ein Antrag beim Finanzamt ist überflüssig.

Reform kann Steuernachteile verhindern

In jedem Fall ist eine Abkehr von den Steuerklassen 3/5 zeitgemäß und vor allem fairer für verheiratete Frauen. In der Praxis verdienen sie häufig weniger als ihr Partner und landen deshalb in der Steuerklasse 5. Vom ohnehin niedrigen Gehalt bleibt durch die hohen Abzüge kaum etwas übrig. Die trüben Aussichten hindern Ehefrauen mitunter daran, eine Beschäftigung aufzunehmen oder Arbeitszeit aufzustocken, um mehr zu verdienen. Denn Arbeitsstunden wirken sich in Steuerklasse 5 nur wenig spürbar auf den monatlichen Nettolohn aus. Ein Übergang zur Steuerklassenkombination 4/4 mit Faktor könnte dieses psychologische Hemmnis beseitigen. Das ließe Lohnzettel gerechter werden und könnte so Anreiz schaffen, aus der Teilzeit-Falle auszubrechen.

Außerdem kann sich die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 nachteilig auswirken, wenn die geringer verdienende Person in Klasse 5 steckt und Lohnersatz erwartet. Denn die Höhe von Leistungen wie Eltern- oder Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vorherigen Nettoverdienst. Um Nettogehalt und Lohnersatz zu erhöhen, müssen Eheleute rechtzeitig ihre Steuerklassen tauschen. Je nach Art des Lohnersatzes gelten dabei enge Fristen, damit sich eine günstigere Steuerklasse tatsächlich auswirkt. Das ist in manchen Fällen kaum möglich. Mit der Steuerklasse 4/4 plus Faktor kann man sich das Steuerklassen-Taktieren sparen.

Die Kombination 4/4 mit Faktor verhindert also vor allem Nachteile für den Partner, der bislang weniger verdient und deshalb die ungünstige Klasse 5 gewählt hat. Die Steuerklassenkombi 3/5 spart keine Steuern, sie verschafft allenfalls einen Zeitvorteil. Fällt sie weg, erhöht das die Einkommensteuer eines Paares nicht. Kritiker wie Markus Söder, die dies behaupten, wollen nicht Familien generell stärken, sondern ein traditionelles Familienmodell mit einem Hauptverdiener aufrechterhalten.

Mit dpa

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