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ING schafft Negativzinsen ab Die Rückkehr der Zinsen: So stellen Anleger jetzt ihr Depot auf

Bär und Bulle vor der Frankfurter Börse
Bär und Bulle vor der Frankfurter Börse
© IMAGO / Future Image
Die ING schafft die Negativzinsen für Privatsparer ab. Die gesamte Branche bereitet sich auf die baldige Anhebung der Zinsen vor. Was das für die Geldanlage heißt

Es ist wie ein Paukenschlag: Die Großbank ING hat bekanntgegeben, dass sie am 1. Juli die Negativzinsen für ihre Kunden wieder abschaffen will. Zumindest für Guthaben bis 500.000 Euro sollen dann keine Minuszinsen mehr erhoben werden, was sehr viele der rund neun Millionen deutschen Kunden der niederländischen Bank betrifft. Die ING ist damit das erste große Institut, das den Schritt in die neue, alte Zinswelt geht, als Kunden für ihr Erspartes noch Geld von den Banken bekamen.

Zuletzt hatte man den Eindruck, die Finanzinstitute wehrten sich mit Händen und Füßen gegen die Einlagen der Sparer. Die offizielle Begründung dafür lautete: Die Banken müssten schließlich selbst Strafzinsen zahlen, wenn sie über Nacht Kapital bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zwischenparkten. Was so jedoch gar nicht stimmte, denn die Banken selbst genossen milliardenschwere Freibeträge bei diesen Overnight-Geschäften. Und genießen sie immer noch. Dennoch erheben aktuell nach wie vor 582 Banken Negativzinsen für Privatkunden.

Banken machen Kasse mit Negativzinsen

Tatsächlich aber, so rechneten Branchenkenner durch, nutzen die Banken die Minuszinsen nicht zu knapp, um selber neue Einnahmen damit zu generieren. Denn die Strafzinsen auf die Kundengelder – offiziell Verwahrentgelt genannt – spülten ihnen zuletzt einige Millionen Euro an unverhofften Einnahmen in die Kassen. Rund eine halbe Mrd. Euro sollen durch den Negativzins bei der Deutschen Bank hängengeblieben sein, sagen Berechnungen des Portals Finanz-Szene. Davon stammten 44 Mio. Euro von Privatkunden. Bei der Commerzbank könnten es demnach weitere rund 90 Mio. Euro gewesen sein.

Zudem haben die Minuszinsen den Charme, dass sie als Posten in den Bilanzen nicht exakt ausgewiesen werden. Manche Banken rechnen sie in den Zinsaufwand ein, bei anderen gehören die Zinsgewinne zum Ertrag, wieder andere zählen sie zum Anlageergebnis. Offen ausgewiesen haben die Banken sie so gut wie nie. Wie üppig diese neue Einnahmequelle also sprudelt, lässt sich schlicht nicht verlässlich beziffern.

Für eines jedoch sorgten die Negativzinsen zuletzt unzweifelhaft: Für eine Verärgerung der Kunden und für das massenhafte Abwandern von liquiden Mitteln zu anderen Banken. Denn wer sein Geld seit Herbst 2021 über möglichst mehrere Banken streut, der hatte bisher wenigstens noch eine kleine Chance, das angesammelte Geld für eine Hausrenovierung, eine neue Heizung, für einen Autokauf oder das Kapital fürs Eigenheim ohne Strafzinsen aufbewahren zu können. Zum Nulltarif natürlich dennoch nicht, denn die Inflation frisst derzeit so schnell und so viel von diesen Rücklagen weg, dass Sparer auch ohne Strafzinsen damit ein sattes Minus machen.

EZB stimmt Markt auf Zinswende ein

Trotzdem werden sich die allermeisten Kunden nun über den Wegfall der Strafzinsen bei der ING freuen. Denn damit steigt der Druck auch auf andere Banken, die Negativzinsen bald wieder zu streichen. Und es ist kein Zufall, dass die niederländische Bank genau im Juli den Starttermin für den Wegfall der Strafzinsen ansetzt: Im Laufe des Juli nämlich wird wohl auch die EZB endgültig die Zinswende einläuten. Zumindest mehren sich die Hinweise darauf: Einige EZB-Direktoren hatten sich zuletzt öffentlich in diese Richtung geäußert und gesagt: Am 21. Juli könnte sich die Zentralbank wohl erstmals wirklich dazu genötigt sehen, die Zinsen anzuheben. Und klassischerweise werden diese Vorabäußerungen aus dem engeren Führungszirkel der EZB so aufgefasst, dass sie den Markt auf die bevorstehenden Entscheidungen einschwören sollen.

Nun hieße der erste Zinsschritt im Juli nicht, dass die Negativzinsen der EZB bereits abgeschafft wären. Bisher liegt der Zinssatz noch bei minus 0,5 Prozent. Und zunächst wird die EZB wohl „nur“ eine Anhebung um 0,25 Prozent verkünden. Immerhin aber wäre das mehr, als noch vor ein paar Wochen erwartet worden war. Da ging man noch von Trippelschritten im 0,1-Prozent-Abstand aus. Inzwischen aber hat der Finanzmarkt eingepreist, dass es in Europa drei Erhöhungen noch im laufenden Jahr geben wird, womit der Leitzins dann im September bei Null Prozent liegen könnte und im Dezember tatsächlich bei plus 0,25 Prozent.

Das heißt aus heutiger Sicht: Spätestens im September träte die Finanzwelt auch hierzulande wieder ins Reich der Positivzinsen ein. Nach rund acht langen Jahren der Minuszinsen. Nach insgesamt rund zehn Jahren Zinsschrumpfung wüchse wieder der Leitzins. Und damit entfiele auch für die hiesigen Banken die Geschäftsgrundlage für die Negativzinsen. Denn die sind an die Leitsätze der Zentralbank gekoppelt. Hebt die also die bisherigen Negativzinsen auf, dann müssten die Finanzinstitute das ebenfalls tun.

Bauzinsen gehen durch die Decke

Im Kreditbereich hat sich die Zinsschraube bereits massiv nach oben gedreht: Unübersehbar ist das bei den Baukrediten. Die Zinsen für Hypothekendarlehen liegen jetzt für die 15-jährige Zinsbindung bereits bei rund 3 Prozent. Selbst bei 10-jähriger Zinsfestschreibung sind bereits 2,7 Prozent erreicht. Bis zum Jahresende 2021 hatte dieser Zins noch unter einem Prozentpunkt gelegen. Man muss allerdings auch sagen: Die Zinsen für die Baufinanzierung befinden sich damit immer noch auf einem extrem niedrigen Niveau, gemessen an früheren Jahren.

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