Als Bernard Arnault die Schlacht eröffnet, erwartet er eine Angelegenheit von Wochen. Was soll schon passieren? Frankreichs reichster Mann, Schöpfer des ersten, größten, einzigartigen Imperiums von Luxusmarken, will noch Gucci hinzufügen zu seinem Reich, zu dem Dior, Louis Vuitton, Kenzo und ein Dutzend weitere Edelmarken zählen.
Unangekündigt, aber nicht völlig unerwartet hat sich Arnault im März 1999 ein gutes Drittel der Aktien des italienischen Modehauses gesichert. Und der Widerstand des Firmenchefs Domenico De Sole und des Chefdesigners Tom Ford? Würde bald gebrochen sein. Es gibt damals weit und breit keine Alternative zu Arnault und seinem Konzern LVMH.
Dann aber kommt der Gegenschlag, ausgerechnet aus Paris. François Pinault tritt auf den Plan, unter anderem Eigentümer der Buch- und Musikhandelskette Fnac. Gucci reserviert ihm eine Kapitalerhöhung. Die bringt ihm auf einen Schlag 42 Prozent der Anteile und drückt Arnault auf 21. Der „Wolf in Kaschmir“ („Financial Times“) schäumt. Klagt. Lanciert ein Übernahmeangebot.
Der aristokratische Unternehmer kann nicht glauben, dass ihm so einer den Schneid abkaufen will. Die Arnaults besetzten höchste militärische Ränge, er ging auf höchste Schulen, erbte ein Bauimperium, das er umformte und dann verkaufte. Pinault kommt aus der Bretagne, verließ mit 16 die Schule und begann im väterlichen Sägewerk. Er wurde im Baustoffhandel groß und später mit Ladenketten reich.
Zweieinhalb Jahre beharken die beiden sich und wenden Hunderte Millionen auf. Erst 2001 lenkt Arnault nach mehreren Gerichtsniederlagen ein. Eine Demütigung, auch wenn er sich den Ausstieg mit mehr als 600 Mio. Euro gut bezahlen lässt.
Die Feindschaft der Häuser ist heute noch lebendig, auch wenn bei Pinaults Kering-Konzern (zu dem unter anderem Puma gehört) sein Sohn übernommen hat. Über Jahre überbieten sich Arnault und Pinault bei Luxusmarken, Weingütern – und Kunst. Pinault stellt seine Sammlung seit 2006 in Venedig aus, 2014 zieht Arnault mit der Fondation Vuitton in Paris nach. Nun wieder Pinault: Sein neues Museum in der alten Pariser Börse eröffnet im September. Als im April Notre-Dame brennt, misst sich das Duell der beiden in Stunden und Millionen: Der Brand ist kaum gelöscht, da verspricht Pinault 100 Mio. Euro für den Wiederaufbau. Stunden später verdoppelt Arnault.
B. Arnault/F. Pinault: Arnault (geb. 1949) ist laut „Forbes“ viertreichster Mensch der Welt, Pinault (geb. 1936) „nur“ sechstreichster Franzose. Ihre Luxuskonzerne LVMH und Kering konkurrieren bei Mode, Düften, Uhren und im Handel. Die Kunstsammlungen beider sind legendär.
Die reichsten Franzosen:
Die reichsten Franzosen 2019
Auch Frankreichs Milliardäre mussten Federn lassen. Weltweit verzeichnete fast jeder zweite Superreiche „Forbes“ zufolge im vergangenen Jahr Einbußen. Patrick Drahi ist aber Schwankungen gewohnt. Der Gründer des Telekommunikationsriesen Altice kommt aktuell auf 7,7 Mrd. Dollar. 2015 waren es noch 16 Mrd., im Jahr darauf nur noch 5,9 Mrd., dann wieder 13 Mrd. Dollar. Drahi hält 60 Prozent der Aktien an seinem multinationalen Konzern.
Rodolphe Saadé feiert in diesem Jahr sein Debüt auf der „Forbes“-Liste – und das gleich mit einem Vermögen in Höhe von 10,5 Mrd. Dollar. Er ist Vorstandsvorsitzender und CEO von CMA CGM, einem der weltweit größten Schifffahrts- und Logistikunternehmen. Saadé erbte die Firma von seinem Vater Jacques, der im Juni 2018 starb.
Auch Emmanuel Besnier ist ein Erbe. Sein Vater André gründete 1933 eine Molkerei, die am ersten Tag 17 Camemberts produzierte. Daraus wurde Lactalis, eine der größten Molkereibetriebe Europas. Zu den Marken gehören Président und Storyfield Farm. Emmanuel Besnier ist CEO des Familienunternehmens. „Forbes“ schätzt sein Vermögen auf aktuell 14,3 Mrd. Dollar. Damit konnte Besnier sein Ergebnis aus dem Vorjahr nahezu halten. Der öffentlichkeitsscheue „Käsekaiser“ wird in Frankreich auch gern als „der unsichtbare Milliardär“ bezeichnet. Das Foto zeigt ihn bei einer Anhörung im Zusammenhang mit kontaminierter Babymilch in der Nationalversammlung.
In Europa teilen sich auffallend viele Brüderpaare den enormen Reichtum. Die meisten haben das Familiengeschäft geerbt, so auch Alain und Gérard Wertheimer. Ihr Großvater Pierre war Geschäftspartner der bahnbrechenden Modeschöpferin Gabrielle „Coco“ Chanel. Heute kontrollieren seine Enkel die Geschicke von Chanel, der neben Louis Vuitton wichtigsten Luxusmarke der Welt. Die Wertheimers schlagen Kapital aus der hohen Nachfrage und erhöhen regelmäßig die Preise für die Kulttaschen des Hauses um gleich einige hundert Euro. Gerade stellte CEO Alain Wertheimer die Weichen für die Zukunft Chanels. Er ernannte nach dem Tod Karl Lagerfelds dessen langjährige Mitstreiterin Virginie Viard zur Chefdesignerin. Die Brüder kommen laut „Forbes“ auf jeweils 14,6 Mrd. Dollar. Beide leben in New York City.
Chanel ist als privat geführtes Unternehmen mittlerweile eine Ausnahme im Geschäft der Luxusmode. Das wird weitgehend von zwei Großkonzernen dominiert: LVMH (Louis Vuitton, Marc Jacobs, Givenchy) und Kering (Saint Laurent, Gucci, Alexander McQueen, Brioni). Kering-Gründer François Pinault trieb diese Entwicklung maßgeblich voran. Sein Unternehmen begann 1963 als Holzhandel. 1999 übernahm der Franzose die Kontrolle bei Gucci. Die italienische Traditionsmarke hatte zuvor unter dem US-Designer Tom Ford einen kometenhaften Aufstieg erlebt. Schnell folgte Yves Saint Laurents Pariser Modehaus, der Rest ist Luxusgeschichte. Pinaults Vermögen beläuft sich aktuell auf 29,7 Mrd. Dollar. 2016 waren es noch 11,5 Mrd. Dollar.
Die reichste Frau der Welt ist Französin. Françoise Bettencourt Meyers erbte diesen Titel von ihrer Mutter Liliane Bettencourt, die 2017 starb. Bettencourt Meyers (Vermögen: 49,3 Mrd. Dollar) ist die Enkelin von Eugène Schueller. Der Chemiker mit deutschen Wurzeln gründete im Juli 1909 eine Firma, die zu L'Oréal wurde. Ihr Name verweist auf das erste Produkt, eine Haartönung namens Oréale. Der Konzern ist das größte Kosmetikunternehmen der Welt mit einem Jahresumsatz von rund 26 Mrd. Dollar. Zu den Marken gehören L'Oréal Paris, Garnier, Lancôme und Vichy.
Vor allem China sorgt seit einiger Zeit für einen nie dagewesenen Boom auf dem Markt der luxuriösen Mode, Kosmetik und Konsumgüter. Niemand scheint davon mehr zu profitieren als Bernard Arnault. Der Chef des Luxuskonzerns LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton konnte sein Vermögen binnen drei Jahren mehr als verdoppeln. Im März 2016 führte ihn das „Forbes“-Magazin mit 34 Mrd. Dollar. Aktuell soll sich das Vermögen des LVMH-CEOs auf 76 Mrd. Dollar belaufen. Damit ist der langjährige Konkurrent des Kering-Chefs François Pinault nicht nur der reichste Franzose, sondern auch der viertreichste Mensch der Welt, hinter Jeff Bezos, Bill Gates und Warren Buffett. Arnault leitet außerdem das Modeunternehmen Christian Dior.