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Konjunkturprogramme Wie sich China auf Donald Trump vorbereitet

Donald Trump (l.) und der chinesische Staatschef Xi Jinping hatten bereits in Trumps erster Amtszeit ein schwieriges Verhältnis
Donald Trump (l.) und der chinesische Staatschef Xi Jinping hatten bereits in Trumps erster Amtszeit ein schwieriges Verhältnis
© VCG / IMAGO
China kann sich im Handelskrieg mit den USA kein Zögern mehr leisten und legt verschiedene Konjunkturprogramme auf. Das könnte auch für Europa zum Problem werden

So deutlich wie nie zuvor hat das Politbüro unter Führung von Staatschef Xi Jinping eine Reihe von wirtschaftlichen Stützungsmaßnahmen für die schwächelnde chinesische Wirtschaft im kommenden Jahr angekündigt. Zum ersten Mal seit 14 Jahren ändert das oberste Führungsgremium der kommunistischen Partei dafür die offizielle Zielsetzung der Zentralbank: Sie soll künftig eine „moderat lockere“ und keine „umsichtige“ Geldpolitik mehr verfolgen. Und auch bei den Staatsausgaben soll es nun eine „mehr proaktive“ statt lediglich eine „proaktive“ Fiskalpolitik geben.

Es sind scheinbar nur kleine Worte, aber sie bedeuten eine strategische Wende: Chinas Führung signalisiert damit unmissverständlich, dass sie alles Nötige tun wird, um die Wirtschaft des Landes mit staatlichen Hilfsmaßnahmen und Konjunkturspritzen gegen die kommende Handelsattacke der USA zu verteidigen. In gewisser Hinsicht ist die Entscheidung eine Kampfansage im absehbaren Handelskrieg mit Washington. Denn China stößt damit die Tür auf für weitere Eskalationsschritte nach dem baldigen Amtsantritt von Donald Trump.

Das Politbüro habe damit „das aggressivste Konjunkturprogramm seit einem Jahrzehnt“ angedeutet, schreibt die Investmentbank Morgan Stanley in einer Analyse. Präsident Xi Jinping bereitet damit den Weg, um die kriselnde Wirtschaft im kommenden Jahr mit deutlich mehr Geld anzukurbeln. Offiziell soll sie in diesem Jahr um fünf Prozent wachsen - das niedrigste Plus seit Jahrzehnten. Denn seit der Covid-Pandemie hat sich China nie wieder wirklich berappelt. Das erwartete Konjunktur-Feuerwerk nach der Corona-Zeit ist ausgeblieben.

Durch die Flaute sind die Erzeugerpreise nun schon seit mehr als zwei Jahren im Sinkflug. Die anhaltende Immobilienkrise lähmt den Bausektor und damit die wichtigste Branche des Landes. Die Banken sitzen auf einem Berg fauler Kredite, mit denen sie auf Geheiß der KP eine gigantische Häuserblase aufgepumpt haben, aus der immer mehr die Luft entweicht. Zu dieser strukturellen Malaise kommt nun der Frontalangriff durch Trump, der angekündigt hat, ab Januar mit dem Zollhammer auf China einzuprügeln und Einfuhrsteuern von 60 Prozent auf alle Waren aus dem Reich der Mitte zu erheben.

Kampfansage im kommenden Handelskrieg

Das Politbüro will daher nun mit einem „Kombinationsschlag“ aus mehreren Maßnahmen die größten Baustellen angehen, um China sattelfest zu machen. Es hat sich nun öffentlich festgelegt, die Börsen genauso wie den Immobilienmarkt zu „stabilisieren“. Dabei sollen auch „außergewöhnliche antizyklische Maßnahmen“ zum Einsatz kommen, wie womöglich ein Stabilisierungsfonds für den Aktienmarkt. Der Staat müsse „den Konsum kräftig in Schwung bringen“ und „die Binnennachfrage in alle Richtungen erweitern“. 

Solche Konjunkturbazookas hatte China zuletzt bei der Finanzkrise 2008 ausgepackt. Die Ankündigung ist daher in jeder Hinsicht historisch. Chinas Börsen machen wegen des Beschlusses bereits Luftsprünge. Denn erstmals stellt die Führung in Peking nicht nur regulatorische Erleichterungen und womöglich auch drastische Zinssenkungen im ersten Quartal des neuen Jahres in Aussicht. Sie zeigt sich auch bereit, neue Schulden zu machen und das Haushaltsloch von derzeit drei Prozent der Wirtschaftsleistung nach der Sitzung des Volkskongresses im März deutlich auszuweiten.

Diese Entschlossenheit hatte bislang gefehlt. In der Hoffnung auf weitere Konjunkturpillen hatte es schon im Herbst eine atemberaubende Börsenrally gegeben, nachdem China bereits im September das größte Konjunkturpaket seit der Pandemie geschnürt hatte. Es enthielt allerdings keinerlei neue Ausgaben, sondern lediglich eine Senkung des Mindestreservesatzes für Banken und der Hypothekenzinsen sowie Hilfen für den Immobilien- und Finanzmarkt.

Und auch nach außen hat das Politbüro längst erste Pflöcke eingeschlagen, um seine Wirtschaft handelskriegstüchtig zu machen. Schon seit zwei Jahren deckt sich Chinas Zentralbank mit immer mehr Gold ein, um das Land schrittweise vom Dollar als Reservewährung zu entkoppeln. Pekings Kaufrausch ist einer der Hauptgründe, warum der Goldpreis in diesem Jahr um gut 30 Prozent gestiegen ist. Parallel dazu hat die Volksbank auch ihren Bestand an US-Staatsanleihen seit Wladimir Putins Einmarsch in der Ukraine signifikant reduziert.

Strategische Neupositionierung

Der wachsende Goldschatz und die Rekordverkäufe von US-Schuldtiteln sind die Vorboten einer strategischen Neupositionierung Chinas im Verhältnis zu den USA, die schon im vergangenen Jahr durch das von der Biden-Regierung betriebene „Derisking“ immer mehr Fahrt aufgenommen hat. Doch während Biden eher darauf bedacht war, den strategischen Wettbewerb zwischen beiden Supermächten zu managen und Chinas Aufstieg in bestimmten Branchen einzudämmen, setzt Trump auf offene Konfrontation auf ganzer Linie.

Seit klar ist, dass er wieder ins Weiße Haus einzieht, macht Peking daher deutlich mehr Tempo. Seit Kurzem setzt Peking auch seine Superwaffe im Handelskrieg ein und beschränkt zum ersten Mal überhaupt auch den Export seltener, unverzichtbarer Mineralien für die Hightech-Industrie in die USA. 

All das war womöglich nur der Auftakt für einen großangelegten Verteidigungsplan. Noch in dieser Woche wollen sich Xi Jinping und seine Planer zur zentralen Wirtschaftskonferenz treffen. Dabei dürften sie nicht nur wie üblich das Wachstumsziel für das kommende Jahr festlegen. Sondern sicher auch weitere Schritte ausloten, wie China im Januar Trump entgegentritt.

Der Beitrag ist zuerst bei ntv.de erschienen. Das Nachrichtenportal gehört wie Capital zu RTL Deutschland.

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