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Gastbeitrag Wie die Sportbranche nach Corona wachsen kann

Die deutschen Fußball-Frauen schwören sich auf das bevorstehende Spiel ein
Fußball-Nationalmannschaft bei der EM 2022 in England: Das Frauen-Turnier war auch beim deutschen Publikum ein Quotenhit. Fast 18 Millionen sahen das Finale gegen England
© Sebastian Gollnow/dpa
Regulierer, Sponsoren und Fans fordern von den Organisationen, Clubs und Verbänden höhere Standards für Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt. Gleichzeitig birgt die Digitalisierung großes Potenzial. Die Sportindustrie steht vor einem strukturellen Wandel

Der globale Sportmarkt blickt trotz der durch die Pandemie beschleunigten Veränderungen auf eine positive Zukunft, wie die aktuelle Sportstudie von PwC Deutschland zeigt. Die vierte deutsche Ausgabe der „PwC’s Global Sports Survey“ erwartet für den globalen Sportmarkt ein Wachstum von jährlich 6,6 Prozent allein in den nächsten drei bis fünf Jahren. Zudem gehen rund sieben von zehn Befragten davon aus, dass das Wachstum im Frauensport im gleichen Zeitraum zweistellig ausfallen wird. Doch damit dieses Wachstum nachhaltig ausfällt, muss sich auch der Sportsektor wandeln, aus den vergangenen Jahren lernen und die richtigen Hebel ansetzen.

Diese Zahlen stimmen zuversichtlich, zumal die Covid-19-Pandemie erhebliche Auswirkungen auf die Branche hatte. Zahllose Veranstaltungen wurden abgesagt oder verschoben, einschließlich prestigeträchtiger Publikumsmagnete wie den Olympischen Spielen oder der Fußball-EM der Herren, die beide bereits 2020 stattfinden sollten. Die Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen wurden beeinträchtigt, da viele Sendeanstalten aufgrund der Absage von Veranstaltungen und der Unterbrechung von Ligen Schwierigkeiten hatten, ihre Sendepläne einzuhalten. Daneben führte die Schließung von Stadien und Sportanlagen zu erheblichen finanziellen Verlusten für Sportorganisationen, Vereine und Sportler.

Nun, da das Publikum von der heimischen Couch ins Stadion zurückkehrt, stehen auch großangelegte Sportevents wieder auf dem Spielplan. Die Planungssicherheit kehrt zurück und beschert der Branche positive Wachstumsaussichten und eine zunehmende Aufbruchstimmung. Insbesondere in Nordamerika und dem Nahen Osten stehen die Zeichen auf Expansion: einerseits durch den Markt für Medienrechte in den USA und andererseits durch die Investitionsbereitschaft für Sportgroßprojekte von Ländern wie etwa den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Katar.

Frauensport wird beliebter

Vorbei sind hoffentlich auch die Zeiten, in denen Frauen im Sport unterrepräsentiert waren und ihre Leistungen kaum anerkannt wurden. Historisch gesehen erhielten Athletinnen weniger Unterstützung, Sichtbarkeit und finanzielle Mittel im Vergleich zu ihren männlichen Pendants. Doch auch hier gibt es viel Bewegung. Die diesjährige PwC-Studie prognostiziert dem Frauensport für die nächsten drei bis fünf Jahren ein zweistelliges Wachstum. Dafür ist insbesondere die Medienberichterstattung ein wichtiger Treiber, denn Sportsender und Medienunternehmen sind Schlüsselfaktoren für die Sportlerinnen-Förderung. Auch E-Sports wird sich laut den Ergebnissen der Studie hier professionalisieren – ein Anstieg der Unterstützungs- und Förderinitiativen für weibliche und non-binäre Spieler:innen dürfte damit folgen.

Am deutlichsten zeigt jedoch der Frauenfußball, wie Bewegung in den Sport kommt: So war die EM der Frauen 2022 mit rund 575.000 Stadionbesucher:innen und fast 18 Millionen Final-Zuschauer:innen überaus zuschauerstark. Dies untermauert den Anspruch des Frauenfußballs als eigene Sportart mit eigener Identität und eigenen Werten. Die Zeit des Frauenfußballs als die „weibliche Version“ des Männerfußballs hat damit hoffentlich ein Ende. Es mag jedoch aus wirtschaftlichen Gründen häufig sinnvoll sein, Frauenteams in die Strukturen der Männer-Bundesligaklubs zu integrieren – zum Beispiel für Synergien im Trainingspersonal, der medizinischen Versorgung, im Nachwuchsbereich sowie bei gemeinsamem Marketing und Sponsorenpartnerschaften. Die derzeitige Dynamik muss die Branche jetzt nutzen, um den Wandel des Frauensports zu einem wirtschaftlich stabilen Sektor nachhaltig zu gestalten. Dabei kommt es auf das richtige Storytelling rund um die Vorteile und originellen Ansätze für Partnerschaften des Frauensportes an. Aber vor allem müssen die Stakeholder gleichzeitig statt nachgelagert handeln.

Strategische Chancen konsequent verwandeln

Das wichtige Thema Nachhaltigkeit ist im Profifußball schon lange angekommen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) überprüft ab dieser Saison im Rahmen des jährlich stattfindenden Lizenzierungsverfahrens bestimmte ESG-Anforderungen, die die Clubs im Vorfeld erfüllen müssen. Viele der Clubs sehen insbesondere die Datenerhebung und das Reporting als große Herausforderungen an. Es wird aber Unterstützungen und Erleichterung in der ersten Zeit geben, so dass alle einen Beitrag leisten und sich entlang ihrer individuellen Gegebenheiten entwickeln können. Zudem müssen aller Voraussicht nach die meisten Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga sowie die DFL als Gesellschaft ab 2025 umfangreiche Reportingpflichten im Rahmen der EU-Regelung CSRD erfüllen.

Der strategische Wandel ist mehr denn je ein Muss, um resilient und zukunftsfähig zu werden. Nachhaltigkeit ist ein langfristiges Thema, das ständige Weiterentwicklung erfordert und neben einem klaren strategischen Alignment der Führungsebene von einem effektiven Performance-Management begleitet werden muss.

Zudem sehen sich Clubs mehr und mehr strikteren Compliance-Anforderungen gegenüber. Denn der Profisport ist anfällig bei dem Thema, zum Beispiel bei der Vergabe internationaler Sportereignisse oder Geldströmen bei Transfers. Diese Risiken muss die Branche entschieden verringern, um ihre Integrität langfristig zu schützen. Compliance-Anforderungen sind nicht nur mit Blick auf gesetzliche Anforderungen zu beachten, sondern auch mit Blick auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Reputation. Wenn sich der Profisport hier klar und konsequent positioniert, kann er aus den Herausforderungen wichtiges Potenzial für die eigene Zukunftssicherheit schöpfen.

Digitale Innovationen in die Start-Aufstellung

Ein Hebel, um ganz konkretes Zukunftspotenzial zu schöpfen, ist der richtige Einsatz digitaler Technologien. Vom Aufbau digitaler Ökosysteme, wie beispielsweise der Plattform rund um die App „Mainaquila“ von Eintracht Frankfurt, bis hin zur Einführung von smarten Stadionlösungen, ist vieles denk- und umsetzbar. Anderes Beispiel Web3: Nach Rekordzahlen im Frühjahr 2022 fielen die Transaktionsvolumina im Sommer für sportspezifische NFT-Projekte drastisch ab. Trotzdem gibt es mittlerweile auch etablierte Projekte, die auf Fan-Engagement abzielen. Einige Unternehmen konzentrieren sich auf Collectibles oder Fantasy Sports, für die ein großes Monetarisierungspotenzial besteht. On-Chain-Analysen, die die Daten auf einer Blockchain untersuchen, um Trends und Muster zu identifizieren, zeigen, dass der negative Krypto-Trend für einige Sports- oder Collectible-NFT-Projekte nicht in vollem Ausmaß gilt.

Die PwC-Studie zeigt deutlich, dass die Sportbranche an einem spannenden Entscheidungspunkt steht. Clubs, Verbände und Organisationen müssen ihre Chancen jetzt nutzen, um den Herausforderungen nachhaltig zu begegnen. Fans und Sponsoren messen sie an höheren Standards für Nachhaltigkeit, Gleichberechtigung und Vielfalt. Und die durch die Pandemie beschleunigte Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten, neue Geschäftsmodelle zu etablieren und alte Beziehungen zu verstärken. Wenn der Profisport die vorhandenen Ansätze konsequent ausbaut und weiterdenkt, entstehen Synergien, die weiteres Wachstum für die gesamte Branche versprechen. Die Transformation liegt auf dem Elfmeterpunkt. Jetzt ist es an der Branche, sie zu verwandeln.

Holger Kern ist Leiter des Sports Business Advisory Team bei PwC Deutschland.

Konstantin Druker ist Operations Lead Sports Business bei PwC Deutschland.

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