Unsicherheit, fehlende Autorität und Durchsetzungskraft – Annegret Kramp-Karrenbauer gibt auf . Das vom Fiasko der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen ausgelöste Beben hat die CDU-Führung erreicht. Wenn eine Entscheidung um die Kanzlerkandidatur gefallen sei, werde Kramp-Karrenbauer ihr Amt aufgeben. Bis dahin werde sie ihre Nachfolge moderieren.
Bei einer Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus machte Kramp-Karrenbauer dabei klar: Die Trennung von Kanzlerschaft und Parteivorsitz habe ihr Amt erschwert. Ihre Forderung für die Zukunft der CDU ist deshalb klar formuliert: „Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur müssen in einer Hand liegen.“
Bis dahin müssen sich die Christdemokraten neu aufstellen. Als Favoriten gelten die Rivalen, gegen die die Saarländerin sich im vergangenen Jahr noch durchgesetzt hatte. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet, Ex-Unionsfraktionschef Friedrich Merz und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn waren wie auch CSU-Chef Markus Söder immer wieder als Kanzlerkandidaten der Union im Gespräch.
Vier Männer
Als Vorsitzender des mitgliederstärksten CDU-Landesverbandes NRW wird dem liberalen Laschet das größte Integrationspotenzial in der zerrissenen Partei zugeschrieben. Er gilt als versierter Politmanager, der das Krisenmanagement der Parteichefin in Thüringen zuletzt auch kritisierte. Friedrich Merz erfreut sich bei konservativen Christdemokraten und dem wirtschaftsliberalen Flügel der Partei größerer Beliebtheit. Spahn zählt ebenfalls zum rechten Flügel. Als jüngstes Mitglied im Kabinett von Angela Merkel hat er in der Gesundheitspolitik viele „heiße Eisen“ angepackt, und damit auch das Lob der Kanzlerin auf sich gezogen.
Bayerns Landesvater und CSU-Chef Söder kann zwar nicht CDU-Vorsitzender werden, Kanzlerkandidat aber schon. Söder hatte die Ministerpräsidentenwahl in Thüringen mit Stimmen der AfD als einen „inakzeptablen Dammbruch“ verurteilt. Die Rücktrittsankündigung von Kramp-Karrenbauer quittierte er mit der Forderung, die Schwesterpartei müsse ihre Aufstellung nicht nur personell sondern auch inhaltlich „grundsätzlich klären“.
Das Rennen ist eröffnet. Nur eines scheint bislang klar: Ein Mann wird an der Spitze der Partei stehen – und auch für die Kanzlerkandidatur gibt es nur Männer:
Diese Kandidaten sind im Rennen um den AKKs Nachfolge

Armin Laschet
Bundespolitik, Landespolitik, Europapolitik: Armin Laschet bringt Erfahrung auf mehreren politischen Bühnen mit. Nach einem Bundestagsmandat von 1994 bis 1998 ging es für ihn nach Straßburg. Von 1999 bis 2005 war er dort Mitglied im Europaparlament, bevor sich der gebürtige Aachener der Landespolitik in NRW verschrieb. Seit 2012 steht Laschet dem CDU-Landesverband vor. Als Ministerpräsident einer schwarz-gelben Koalition ist er seit 2017 im Amt. Zu Kramp-Karrenbauers Rücktritt äußerte Laschet sich bislang nicht. Ihm wurden aber bereits 2018 Ambitionen auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur nachgesagt. Er hat dann seinen Hut aber nicht in den Ring geworfen.

Friedrich Merz
Er gilt als klarer Favorit des konservativen Parteiflügels: Friedrich Merz. Bis zum Kampf um die Parteispitze im Jahr 2018 hatte den früheren Vorsitzenden der Bundestagsfraktion niemand mehr auf dem Zettel. Denn 2009 hatte Merz sich aus der Bundespolitik zurückgezogen – maßgeblich wegen jahrelanger Differenzen mit Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Angela Merkel. Nach der knappen Niederlage gegen Kramp-Karrenbauer in 2018 ist Merz aber wieder deutlich präsenter in den Medien und der Partei. Anfang Februar kündigte er an, er werde seinen Aufsichtsratsposten beim Vermögensverwalter Blackrock aufgeben, um seine Partei „noch stärker bei ihrer Erneuerung“ zu unterstützen. Zum Rücktritt Kramp-Karrenbauers äußerte sich Merz zurückhaltend: „In so einer Situation ist kluges Nachdenken wichtiger, als schnell zu reden“, ließ er über seinen Sprecher mitteilen.

Jens Spahn
Mit 38 Jahren ist Jens Spahn der jüngste Bundesminister im Kabinett Merkel. Mit seinem Gesundheitsministerium geht Spahn seitdem ein Gesetzesvorhaben nach dem anderen an, darunter die Pflegeoffensive, die elektronische Patientenakte und die Widerspruchslösung bei Organspenden. Mit demselben Selbstbewusstsein kandidierte Spahn 2018 für den CDU-Parteivorsitz. Zwar blieb er mit 16 Prozent im ersten Wahlgang dabei weit hinter der Konkurrenz zurück. In Medien und in Parteikreisen galt seine Kandidatur trotzdem als Achtungserfolg. Zu möglichen eigenen Ambitionen äußerte sich der Minister sich bislang nicht. Er habe „großen Respekt“ für Kramp-Karrenbauers Entscheidung, schrieb Spahn auf Twitter und forderte: „Der Zusammenhalt unserer Partei“ müsse jetzt „Leitschnur sein“.

Markus Söder
Knapp zwei Jahre ist Markus Söder an der Spitze der CSU. Er gilt als Landespolitiker durch und durch. Mit seiner markante Rede auf dem CDU-Parteitag in Leipzig im November 2019 hatte Söder zuletzt Spekulationen um eine Kanzlerkandidatur angeregt. Er selbst signalisierte zuletzt aber immer wieder, er wolle in München an der Spitze bleiben und nicht nach Berlin. Der Rücktritt von Kramp-Karrenbauer tue ihm „leid“, schrieb Söder auf Twitter. Er forderte weiter: „Es ist jetzt notwendig, die inhaltliche und personelle Aufstellung der CDU grundsätzlich zu klären.“ Bei der Einigung auf einen neuen CDU-Vorsitzenden kommt ihm als CSU-Chef dabei eine nicht ganz unwichtige Rolle zu.