Anzeige

Kolumne Wer die Energiewende bezahlt

„Genosse der Bosse“? SPD-Chef Gabriel macht mit der EEG-Reform nur eine unangenehme Wahrheit sichtbar. Von Christian Schütte
Christian Schütte
Christian Schütte schreibt an dieser Stelle über Ökonomie und Politik
© Trevor Good

Und der Gewinner ist: Die Industrie! Verloren haben wir alle, die wir nur ganz normale Stromverbraucher sind.

So lautet die populäre Kurzfassung der Energiewende-Reform, die Sigmar Gabriel gerade durchs Kabinett gebracht hat. Falsch ist diese Fassung nicht. Sie ist allerdings ziemlich irreführend, wenn damit gesagt werden soll, dass es auch ganz andere, für die Bürger viel billigere Möglichkeiten gäbe.

Und wenn vor allem die Grünen ständig so tun, als ob die Kosten der Energiewende für die Verbraucher nur deshalb so hoch sind, weil sich in der Politik niemand traut, „die Wirtschaft“ richtig zur Kasse zu bitten.

Die unangenehme Wahrheit ist: Einen Zahlonkel „Wirtschaft“, dem man einfach so die Rechnung für die Grünstrom-Subventionen aufdrücken könnte, gibt es nicht. Wenn die Energiekosten eines Unternehmens steigen, reicht es diese Belastung immer so gut es geht durch: An die Kunden, die Zulieferer, die eigenen Beschäftigten. Und weil sich das Ausland schlecht dazu zwingen lässt, für den deutschen Sonderweg in der Energiepolitik mitzuzahlen, werden am Ende die deutschen Bürger die Lasten tragen müssen.

Wenn nicht als Stromverbraucher, dann eben als Bahnfahrer oder Bäckerkunden, als Arbeitnehmer oder als Steuerzahler. So wie heute zum Teil auch schon.

Was wäre, wenn...?

Gabriel hat dafür gesorgt, dass viele Industrieunternehmen auch in Zukunft davon befreit bleiben, über die Stromrechnung und die EEG-Umlage für den Ausbau von Wind- und Solarparks zu bezahlen. Ihnen bleibt es also erspart, sich mit der Weiterwälzung neuer Kosten abzumühen. Insofern sind sie tatsächlich die Gewinner.

Aber was wäre, wenn die Schonregeln einfach aufgehoben würden?

Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, könnten die gestiegenen Kosten nicht an ihre Kunden weitergeben. Sie müssten also entweder an anderer Stelle – etwa bei den Arbeitskosten – sparen. Oder sich in letzter Konsequenz einen kostengünstigeren Standort suchen. Womit sie dann aber dummerweise auch als EEG-Finanzierer wegfielen.

Begrenzte Puffer

Natürlich sind so etwas schleichende Prozesse: Kein Industriebetrieb bricht wegen ein paar Cents beim Strompreis gleich zusammen, es gibt Puffer in den Gewinnmargen oder Rationalisierungspotenziale in der Produktion. Einige Großunternehmen profitieren sogar davon, dass es an der Strombörse heute ab und zu Ausverkaufspreise gibt.

Doch so leicht man auch abwiegeln kann: Jeder dieser Puffer und jeder dieser Effizienzgewinne lässt sich nur einmal verteilen.

Was als Ökoumlage abfließt kann eben nicht mehr investiert oder als Lohnerhöhung ausgezahlt werden. Spätestens bei Neuanlagen haben dann irgendwann günstigere Standorte mit einer verlässlicheren Energiepolitik den Vorteil. Es ist die Angst vor solchen schleichenden Prozessen, die den Industrie- und Arbeitnehmerpolitiker Gabriel umtreibt.

Transparente Rechnung

Einfacher ist es für Unternehmen, die den Wettbewerb nicht so fürchten müssen. Weil sie Monopolisten sind, wie etwa die Bahn. Oder weil sie keine ausländischen Konkurrenten haben und in ihrer Branche jeder die EEG-Umlage zahlen muss, wie etwa im Handwerk. Hier wird ein Teil jeder Strompreiserhöhung direkt an die Kundschaft durchgereicht. Was sich beim Brötchen- oder Fahrscheinpreis nicht durchsetzen lässt, geht dann wieder zu Lasten von Löhnen und Investitionen.

Ganz gleich wie man es dreht und wendet: Die Subventionen für den Grünstrom zahlen am Ende immer irgendwelche Bürger. Die Frage ist nur, welchen Teil davon sie direkt auf ihrer Stromrechnung zu sehen bekommen und welcher Teil über andere Kanäle eingesammelt wird.

Für die Ökolobby ist das System natürlich umso besser, je mehr die tatsächlichen Subventionskosten im Nebel verschwinden. Gabriels Reform bedeutet stattdessen, dass diese Kosten weiter auf der Stromrechnung der Wähler stehen.

Als Verbraucherinformation ist das eigentlich nur zu begrüßen.

Neueste Artikel