Frankreich gilt seit eh und je als das Land, in dem der Wein fließt. Hier kommen die großen Gewächse her – und die wohl teuersten Flaschen der Weinszene. Wo Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot ihren Ursprung haben und die ganze Welt damit eroberten. Doch mit der Erfolgsgeschichte ist jetzt Schluss. Jüngst hat die französische Regierung verkündet, 200 Mio. Euro in die Hand zu nehmen – um überschüssige Weine zu vernichten. Was steckt dahinter?
„Wir produzieren zu viel, und der Verkaufspreis liegt unter dem Produktionspreis, so dass wir Geld verlieren“, sagte Jean-Philippe Granier vom Weinbauverband des Languedoc gegenüber dem „Guardian“. Die südwestliche Region Languedoc, das größte Weinanbaugebiet des Landes, das für seine vollmundigen Rotweine bekannt ist, wurde vom Rückgang der Weinnachfrage hart getroffen. Der Alkohol aus vernichtetem Wein soll an Unternehmen verkauft werden und für Non-Food-Produkte wie Handdesinfektionsmitttel, Reinigungsmittel und Parfüm verwendet werden.
Wein wird weniger nachgefragt
Das Languedoc ist nicht das einzige Weinbaugebiet, das betroffen ist. Insbesondere das Bordeaux-Gebiet, wo die teuersten Weine wie Petrus und Lafite herkommen, haben mit einer Reihe von Schwierigkeiten zu kämpfen. Zum einen ist da der Reblaus-Befall, der Ernten zum Teil komplett vernichtet hat, aber auch veränderte Verbrauchsgewohnheiten, die Krise bei den Lebenshaltungskosten und die Nachwirkungen von Covid-19 sorgen für eine sinkende Nachfrage.
Verbraucherinnen und Verbraucher greifen nun häufiger zu Bier und anderen Getränken, die Coronakrise hat Bars und Restaurants lahmgelegt und somit zu einem Rückgang des Weinkonsums geführt. Zudem hat der jüngste Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise zu einem Umdenken geführt: Die Ausgaben für nicht lebensnotwendige Güter wie Wein werden stark hinterfragt.
Die französische Regierung hat angekündigt, dass sie einen Fonds über 200 Mio. Euro für die Vernichtung überschüssiger Weinproduktion bereitstellen wird, um die in Schwierigkeiten geratenen Erzeuger zu unterstützen und die Preise zu stützen.
Winzer sollen auf andere Produkte wie Oliven umstellen
Zu viel Wein, zu geringer Preis: Der Rückgang der Weinnachfrage hat zu einer Überproduktion, einem starken Preisverfall und großen finanziellen Schwierigkeiten für bis zu einem Drittel der Winzer in der Region Bordeaux geführt, so der örtliche Bauernverband.
Im Juni kündigte das Landwirtschaftsministerium außerdem an, 57 Mio. Euro für die Rodung von rund 9.500 Hektar Rebfläche in der Region Bordeaux bereitzustellen. Andere öffentliche Mittel stehen währenddessen zur Verfügung, um die Weinbauern zu ermutigen, sich auf andere Produkte wie Oliven umzustellen. Europa litt zuletzt Mitte der 2000er-Jahre unter einem „Weinsee“, der die EU dazu zwang, ihre Agrarpolitik zu reformieren, um die massive Überproduktion von Wein, die durch ihre eigenen Subventionen gefördert wurde, zu reduzieren.
Der Beitrag ist zuerst bei stern.de erschienen