VG-Wort Pixel

„Critical Raw Materials Act“ So können wir uns unabhängiger von kritischen Rohstoffen machen

Am Gelben Fluss in der Stadt Baotou in der Inneren Mongolei liegt eines der chinesischen Produktionszentren für Seltene Erden.
Am Gelben Fluss in der Stadt Baotou in der Inneren Mongolei liegt eines der chinesischen Produktionszentren für Seltene Erden.

© IMAGO / VCG
Wenn Deutschland für Seltene Erden eine einziges Lieferland hat, ist das auf Dauer untragbar. Die EU-Kommission will die Versorgung Europas mit kritischen Rohstoffen breiter aufstellen. Aber was sind Alternativen?

Die geopolitischen Umstände haben sich verschoben. Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine spaltet die Weltgemeinschaft, Europas Verhältnis zu China spannt sich zunehmend an. Auch Deutschlands Rohstoffstrategie muss in der Folge nachgeschärft werden, heißt es im Bundeswirtschaftsministerium. Aber dafür will man zunächst den „Critical Raw Materials Act“ heranziehen, wenn die EU-Kommission im Frühjahr eine Gesetzesinitiative für die sichere Versorgung der Mitgliedsstaaten mit so genannten kritischen Rohstoffen vorlegt. Es muss ja nicht gleich eine neue eigene Strategie aufgelegt werden.

Brüssel verfolgt das Ziel, zukünftig Abhängigkeiten von Rohstofflieferungen aus Drittstaaten zu vermeiden. Denn die Bedeutung seltener Metalle zum Beispiel – und ihr Bedarf – werden im Zuge der Transformation zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft stetig steigen. Sie werden unabdingbar für die Industrie, also „kritisch“. Beim Import dieser Rohstoffe will man sich auf keinen Fall in einer ähnlichen Abhängigkeitsfalle wiederfinden, wie es beim Import von Erdöl und Erdgas aus Russland geschehen ist. Es gilt, Preis- und Lieferrisiken zu minimieren.

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur wird sich die Nachfrage für kritische Mineralien wie Kupfer, Kobalt, Mangan und verschiedene Seltenerdmetalle zwischen 2020 und 2030 fast versiebenfachen, wenn der geplante Übergang zu Netto-Null-Emissionen gelingt. Allein der Einsatz von Windturbinen, die zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele der EU erforderlich sind, dürfte bis 2050 den Großteil der heute auf dem EU-Markt verfügbaren Seltenerd-Materialien Neodym, Praseodym, Dysprosium und Terbium erfordern.

Betont hat die Kommission auch bereits, dass eine strategische Unabhängigkeit der EU nur durch effektives Recycling und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft erreicht werden kann. Ein Recycling von Seltenen Erden erfolgt derzeit überwiegend in Asien. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vermerkt aber positiv, dass Europa hier Kapazitäten ausbaut. „Voraussichtlich 5-10 Jahre könnte es dauern, bis hier mit einem signifikanten Output zu rechnen ist.“

Auch sollen mindestens 30 Prozent des EU-Bedarfs an raffiniertem Lithium aus der EU stammen. Die BGR hält eine Eigenversorgung von Lithium in Europa zu 27-34 Prozent für möglich, davon bis zu zehn Prozent aus dem Recycling. „Eine potenzielle Gewinnung von Lithium würde sich bei den aktuell sehr hohen Marktpreisen auch in Europa lohnen.“ Brüssel und die Mitgliedsstaaten wollen zudem ein strategisches Reservesystem mit wichtigen Rohstoffen einrichten, wie es die USA, Japan oder Südkorea bereits habenin Zusammenarbeit mit umliegenden Ländern wie Albanien, Nordmazedonien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Ukraine und Ländern in Nordafrika.

Aber wo tun sich überhaupt die größten kritischen Abhängigkeiten auf – und wo mögliche Alternativen? Capital gibt einen Überblick.

Mehr zum Thema

Neueste Artikel