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Wachstumsschwäche Russland steht am Rande einer Rezession

Ein Auto wird beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg ausgestellt
Beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg will sich Russland von seiner besten Seite zeigen, doch selbst die Führung muss einräumen, dass die Wirtschaft in eine Krise abdriftet
© Alexandr Kryazhev / IMAGO
Russlands Wirtschaft droht in eine Rezession abzurutschen. Davor warnt nun sogar der Wirtschaftsminister des Landes, der zugleich von der Zentralbank Zinssenkungen verlangt 

Russlands politische Führung hat unerwartet deutlich vor Problemen für die russische Wirtschaft gewarnt. „Nach der aktuellen Stimmung in den Unternehmen und den Konjunkturindikatoren scheinen wir, so scheint es mir, bereits am Rande einer Rezession zu stehen“, sagte Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow am Donnerstag auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Er kritisierte die Politik der Zentralbank und warnte vor einem Einbruch bei den Investitionen.

Die Zentralbank hat diesen Monat erstmals seit 2022 die Zinsen und damit die Kreditkosten gesenkt: Der Leitzins wurde von 21 auf 20 Prozent nach unten gesetzt. Russische Unternehmen beklagen seit Monaten hohe Zinsen, die Investitionen bremsen. 

Zentralbankchefin Elvira Nabiullina wehrte sich gegen die Vorwürfe einer falschen Geldpolitik, aber auch sie prognostizierte Schwierigkeiten. Russlands Wirtschaft sei zwei Jahre lang trotz der Sanktionen durch Programme zur Importverdrängung gewachsen – dank Geldern aus dem Wohlstandsfonds und bestehenden Kapitalreserven des Bankensystems. „Wir müssen verstehen, dass viele dieser Ressourcen tatsächlich aufgebraucht sind, und wir müssen über ein neues Wachstumsmodell nachdenken“, sagte sie.

Wachstum schwächt sich ab

Das durch die Kriegswirtschaft angefachte Wirtschaftswachstum lässt allmählich nach. Die Zentralbank prognostiziert für 2025 ein Wachstum von ein bis zwei Prozent. 2024 hatte es noch zu einem Plus von 4,3 Prozent gereicht. 

Russlands Präsident Wladimir Putin hat sein Land nach der Ukraine-Invasion vor mehr als drei Jahren auf Kriegswirtschaft umgestellt. Das hat das Preisgefüge durcheinandergebracht. Viele Unternehmen außerhalb der Rüstungsindustrie müssen wegen Fachkräftemangels hohe Löhne zahlen, um ihre Mitarbeiter zu halten. Die höheren Personalkosten werden zum größten Teil an die Kunden weitergereicht. Den Unternehmen machen die hohen Zinsen zusätzlich zu schaffen, verteuern sie doch die Kreditaufnahme für Investitionen erheblich. Dem hält die Zentralbank entgegen, dass die Betriebe in den meisten Branchen genügend Gewinne erzielen, um Investitionen zu finanzieren.

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Die Zentralbank rechnet für das laufende Jahr mit einer Inflationsrate von sieben bis acht Prozent. Die Aufwertung der Landeswährung Rubel, die seit Jahresbeginn um rund 40 Prozent zum Dollar zugelegt, kann beim Kampf gegen die Teuerung helfen. Dadurch werden importierte Waren billiger.

Stark steigende Lebensmittelpreise treffen die arme Bevölkerung Russlands schwer: Die Preise für Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln haben sich seit vergangenem Jahr aufgrund einer schlechten Ernte verdreifacht. Die Ernteaussichten für dieses Jahr dürften die Überlegungen der Zentralbank stark beeinflussen. 

rtr/dpa/kb

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