Anzeige

Rohstoffe So soll Deutschlands neuer Risikofonds für Rohstoffe aussehen

Luftaufnahme eines Riesenbaggers in einer Mine für seltene Erden
Luftaufnahme eines Riesenbaggers in einer Mine für seltene Erden
© Pond5 Images / IMAGO
Um sich wichtige Rohstoffe für die Zukunft zu sichern, setzt Deutschland einen Fonds auf. Er ermöglicht künftig direkte staatliche Beteiligungen an Rohstoff-Projekten. Zuständig ist die KfW. Firmen wie Aurubis und K+S stehen schon in den Startlöchern

Zweieinhalb Jahre nach der ersten Ankündigung gibt die Bundesregierung den Startschuss für einen milliardenschweren deutschen Rohstoff-Fonds, der die Versorgung des Industriestandorts mit sogenannten kritischen Rohstoffen verbessern soll. Mehrfach ausgebremst vom Tauziehen unter Ministerien um den Bundeshaushalt, hat die bundeseigene KfW-Bank diese Woche den Auftrag erhalten, den Fonds aufzusetzen und Förderanträge anzunehmen. 

Der Staatsfonds soll Projekte im In- und Ausland mit bis zu 1 Mrd. Euro Eigenkapital stützen. Das neue Instrument zur Diversifizierung von Lieferquellen folgt einem Logbuch, das in der Industrie nicht auf Begeisterung stößt, aber doch als hilfreich willkommen geheißen wird. Die genaue Ausgestaltung des Antragsverfahrens soll in den kommenden Tagen veröffentlicht werden. Capital gibt einen Überblick, was bisher über den Fonds bekannt ist. 

Was kann der Fonds wirklich bewirken?

Weltweit ist der Wettlauf angesichts der erwartbar steigenden Nachfrage etwa für grüne Energie in vollem Gang. Bei vielen Zukunftsrohstoffen dominiert China den Handel. Was ist, wenn dieser einmal stockt? Mehr als 90 Prozent der Seltenen Erden, die etwa in Smartphones und Notebooks verbaut werden, stammen aus China. Ein deutscher Förderfonds wird diese Abhängigkeit nicht beseitigen. Aber erstmals ermöglicht er den direkten Einstieg in den Bergbau, in dem neben chinesischen Konzernen Riesen wie Glencore und Rio Tinto dominieren.

So kann eine staatliche Begleitung alternative Projekte ermöglichen, indem das finanzielle Risiko gemindert wird – und verleiht im Rennen um Lizenzen Gewicht und Glaubwürdigkeit. Ziel ist es, angesichts 20-jähriger Investitionszyklen im Rohstoffbereich frühe Investitionen zu befördern – Kapazitäten für Gewinnung und Verarbeitung aufzubauen und damit Lieferkanäle zu sichern. „Eine staatliche Beteiligung ist vielleicht nicht kriegsentscheidend, aber sie ist im positiven Sinn ein Reputationsgewinn“, sagt ein Branchenkenner. Der Verband der Automobilindustrie, der 

Batterierohstoffe und auch Seltene Erden für die E-Antriebe benötigt, setzt darauf, „dass das Angebot dieser strategischen Rohstoffe auch mit der Nachfrage Schritt hält“. Hier könne der deutsche Rohstofffonds einen wichtigen Beitrag leisten.

China ist absolut führend auf dem Weltmarkt für seltene Erden. Hier ein Bergwerk in Xinjiang
China ist absolut führend auf dem Weltmarkt für seltene Erden. Hier ein Bergwerk in Xinjiang
© Depositphotos / IMAGO

Reicht ein kleines Milliarden-Volumen aus?

Ein Volumen von 1 Mrd. Euro klingt einerseits viel, ist aber auf dem Rohstoffmarkt wenig. Länder wie Frankreich und Italien, die bereits vergleichbare Finanzierungstöpfe eingerichtet haben, jonglieren mit jeweils den doppelten Volumen. Japan setzt über eine Beteiligungsgesellschaft Zielmengen zur gesicherten Beschaffung mineralischer Rohstoffe. In Marktkreisen heißt es zudem, ein Fonds, der vor allem auf bereits fortgeschrittene Projekte abzielt, müsse auch mehr Geld in die Hand nehmen, sei also teurer, als ein Risikofonds, der „Early Stage“-Vorhaben einschließe. 

Haben deutsche Wettbewerber überhaupt eine Chance?

Industrievertreter begrüßen den Fonds als „wichtigen Schritt hin zu mehr Rohstoffsouveränität“. So mahnt Matthias Wachter, BDI-Abteilungsleiter für Rohstoffe und internationale Zusammenarbeit, eine Diversifizierung sei dringend geboten – und ein Fonds für Eigenbeteiligungen könne Unternehmen dabei unterstützen und auch politische Risiken absichern. „Angesichts der ausgeprägten Abhängigkeiten bei metallischen Rohstoffen ist dies dringend notwendig.“ 

So wirbt die Firma Noble Elements, ein Kandidat für die Förderung einer südafrikanischen Mine für Seltene Erden, dass binnen drei bis vier Jahren „für eine Dekade genügend seltene Erden für die wichtigsten Magnetmetalle geliefert werden könnten, die deutsche und europäische Abnehmer wie die Automobil- und Zulieferindustrie brauchen“.

Wird die KfW selbst Rohstoffe kaufen?

Ein direkter Einstieg in die Rohstoffmärkte ist nicht vorgesehen. Es geht um die Stärkung von Lieferketten in öffentlich-privaten Partnerschaften. Die KfW beteiligt sich im Auftrag des Bundes mit Eigenkapital an ausgewählten Vorhaben, deren Rohstoffe unabdingbar sind für Technologien, die im European Critical Material Act aufgeführt sind: die digitale und industrielle Transformation, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigungswirtschaft. Alles Industrien von großer wirtschaftlicher Bedeutung, deren Wertschöpfungsketten in Deutschland und Europa starke Lieferrisiken aufweisen.

Was für Geschäfte oder Verträge sind geplant? 

Bewerber können für Rohstoffprojekte Fördermittel beantragen. Dafür müssen sie zwingend eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen: In Frage kommen Langfristprojekte in den Bereichen Bergbau, Verarbeitung und/oder Recycling, die eine Finanzierung von mehr als 50 Mio. Euro brauchen und die bereits Abnahmevereinbarungen mit Industriekunden vorweisen können. Die Vorhaben können im In- und Ausland ­angesiedelt sein – ausgenommen Länder, mit denen bereits Lieferabhängigkeiten bestehen wie China, oder gegen die Sanktionen gelten. Geplant seien verschiedene Formen einer Eigenkapitalbeteiligung, heißt es in einer „Produktbeschreibung“ der KfW. Die Konditionen würden individuell gestaltet, je nach Projekt und Finanzierungsinstrument.

Wie funktioniert der Bewilligungsprozess? 

In der Prüfphase beauftragt der Projektträger eine umfassende Due Diligence zu geologischen, technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten, die der KfW vorgelegt werden muss. Zudem wird ein unabhängiger Gutachter hinzugezogen, der die wirtschaftliche Tragfähigkeit und die Risiken des Vorhabens bewertet. Die KfW und der Projektträger stimmen sich über Details wie etwa Finanzierung und Governance ab. Endgültig entscheidet ein Interministerieller Ausschuss für Rohstoffsicherung über die Investitionen. Der wird von den Ministerien für Wirtschaft und Finanzen geleitet und kann weitere Ministerien einbeziehen. Für den Prozess werden mindestens sechs Monate veranschlagt – abhängig davon, ob bei der EU-Kommission eine Beihilfe angemeldet werden muss.

In welche mineralischen Rohstoffe soll investiert werden?

Ob Monazit-Erze in Südafrika, heimische Lithiumvorkommen am Oberrheingraben oder Mangan-Ressourcen in Chile: Die EU-Liste von strategisch als „kritisch“ für Energie- und Verkehrswende, Bau und Landwirtschaft eingestuften Rohstoffen umfasst 34 Posten, bei denen vor allem auch Deutschlands Importabhängigkeit als teils alarmierend gilt. Dazu zählen typischerweise: Kobalt, häufig in Batterien verwendet, Lithium, essenziell für Speichertechnologien, Seltene Erden wie Neodym oder Dysprosium, wichtig für Magneten und Elektronik, Wolfram für die Metallverarbeitung, sowie Tantal, Gallium, Germanium, Platinmetalle, Bismut oder Magnesit. 

Bergen großes Potenzial für Lithium, Sodium und Potassium: Die Salinas Grandes im argentinischen Jujuy and Salta
Bergen großes Potenzial für Lithium, Sodium und Potassium: Die Salinas Grandes im argentinischen Jujuy and Salta
© Pond5 Images / IMAGO

Welche Unternehmen werden gefördert? 

Bisherige deutsche Akteure im Rohstoffgeschäft sind der Kupferproduzent Aurubis, K+S für kali- und magnesiumhaltige Produkte und die Heraeus-Holding für Edel- und Spezialmetalle. Laut dem BDI stehen mehr als 30 interessierte Unternehmen in den Startlöchern, sich um eine Beteiligung aus dem Rohstoff-Fonds zu bewerben. Dazu gehören Metallhandelsgesellschaften wie Noble Elements, aber auch beispielsweise das Unternehmen Southern Cross Britannia, das Konzessionen zur Lithium-Gewinnung in Argentinien erworben hat und dafür Investoren gewinnen will.

Die Vorauswahl von Projekten trifft die KfW in Absprache mit dem Bund und der Deutschen Rohstoffagentur (DERA). Voraussetzungen – etwa geologischer, technischer oder wirtschaftlicher Natur – werden über eine Due Diligence sowie durch einen unabhängigen Gutachter geprüft, der auch Risiken und geschäftliche Tragfähigkeit abschätzen soll. 

In welche Projekte könnte investiert werden?

Dass der Bund künftig direkte Minderheitsbeteiligungen an Minen eingehen kann, wäre für das Metallhandelsgesellschaft Noble Elements nach eigenen Angaben eine große Hilfe, um die Gesamtfinanzierung eines Projekts deutlich zu erleichtern. Diese wird für den Einstieg in den Auf- und Ausbau einer wiederbelebten Thorium-Mine in Südafrika gesucht, an dem nach jüngsten Entwicklungen ein Automobilzulieferer Interesse zeigt. Europa erhielte Lieferzusagen, erläutert Geschäftsführer Andreas Kroll, im Gegenzug zu Abnahmevereinbarungen – hier aus der Kfz-Industrie.

Eine Mitarbeiterin von AMG Critical Materials ist in der Produktionsanlage der Lithiumhydroxid-Raffinerie in Bitterfeld-Wolfen

Schritt aus der Abhängigkeit: Erste Lithiumraffinerie in Deutschland

01:35 min

Kandidat ist auch die Firma Southern Cross Britannia des Bergbauunternehmers Christian Möbius, die in Argentinien 110.000 Hektar auf Lithium und weitere Metalle erkundet. Die 100-prozentige Tochter Humboldt Minerals besitzt Konzessionen der Provinz Salta in einem in 4000 Meter hoch gelegenen Gebiet südlich des Salzsees Hombre Muerto. Hier greift jedoch vermutlich die Einschränkung, dass der neue Fonds so genannte Early Stage-Projekte ausschließt: Werte über die Lithiumkonzentration aus Bohrungen liegen noch nicht vor (pre-drill), allein Vergleichswerte benachbarter Gebiete des Hombre Muerto Beckens, welche – so die Firmenangaben – die besten Solen von Argentinien zu niedrigen Förderkosten bieten. BDI-Vertreter Wachter fordert: „In einem nächsten Schritt sollte der Fonds für die Beteiligung an Explorationsvorhaben in der Frühphase geöffnet werden.“

Wie werden Sozial- und Umweltstandards eingehalten?

Deutschland soll nach den Worten von Staatssekretärin Franziska Brantner (Grüne) „beweisen, dass umweltschonender, klimaneutraler und sozialverträglicher Bergbau und Weiterverarbeitung zusammenpassen“. Die KfW hält sich zugute, bei ihren Finanzierungen einen sehr hohen Wert auf ESG-Standards zu legen. In der Branche herrscht zugleich die Überzeugung, dass diese Regularien – auch ohne die Beteiligung staatlicher Organe – immer mehr an Bedeutung gewinnen. Ohne die zwingende Einhaltung, so heißt es, wären Bergbauprojekte und deren Produkte heute gar nicht mehr vermarktungsfähig.

Dennoch fordert die Organisation Powershift, ein zivilgesellschaftlicher kritischer Begleiter der Rohstoffpolitik, daran, dass mit dem Rohstoff-Fonds künftig staatliche Investitionen in einen Sektor mit sehr hohen menschenrechtlichen und ökologischen Risiken erfolgen. Die Bundesregierung und die KfW werden aufgefordert, „sich bei der Vergabe von Mitteln konsequent an Menschenrechten und dem Schutz der Umwelt zu orientieren“. 

Mehr zum Thema

Neueste Artikel

VG-Wort Pixel