Einen Begriff hört man dieses Jahr häufig auf der Superreturn-Konferenz in Berlin: „Dry powder“. Es steht in der Private-Equity-Branche für eingesammeltes aber noch nicht investiertes Geld. Und davon gibt es derzeit viel bei den PE-Fonds. Laut einer jüngst erschienenen Studie von Bain and Company warten 2,5 Billionen US-Dollar darauf investiert zu werden. Das ist mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Doch es gibt nicht genug gute Deals – oder eben einfach zu viel Geld, um das „Pulver“ zum Einsatz zu bringen.
Am „Dry Powder“ lässt sich die derzeitige Stimmung der PE-Branche perfekt zusammenfassen: Einerseits geht es den Fonds sehr gut, sie schwimmen im Geld, Fundraising ist kein Problem. Es liegen laut Bain die sechs besten Jahre aller Zeiten hinter der Branche. Auf der anderen Seite führt all das dazu, dass der Kampf um die guten Firmen im Markt von Jahr zu Jahr härter wird. Dieses Luxusproblem reicht nicht aus, um die Stimmung bei den Fonds zu trüben. Doch es sorgt zumindest für eine gewisse Vorsicht, was die Zukunft betrifft.
Das ist spürbar bei der Superreturn-Konferenz, die diese Woche in Berlin stattfindet. Es ist das wichtigste Branchentreffen der Fonds, deren Geschäftsmodell der Kauf von Firmen ist, um sie einige Jahre später wieder gewinnbringend zu verkaufen. Die Konferenz ist zugleich ein Gradmesser für die Lage in der Finanzwelt insgesamt, wenn nicht in der gesamten Wirtschaft. Denn in den Portfolios der Fonds sind Firmen aus vielen verschiedenen Branchen und Industrien rund um den Globus. Ein Querschnitt der Weltwirtschaft sozusagen. Rund 3000 Investoren, aus New York, Boston und London, aus Dubai, Luxemburg und Singapur sind hier vor Ort, um Fundraising zu betreiben und sich auszutauschen.
Gute Jahre für Private Equity
Angeblich herrscht in der Woche der Superreturn-Konferenz die höchste Privatjet-Dichte an den Berliner Flughäfen im ganzen Jahr. Die ganz großen Legenden der PE-Industrie sind wieder da - Leon Black, David Rubenstein, Stephen Schwarzman. Und ihnen merkt man die guten Jahre an bei ihren Auftritten auf der großen Bühne. Sie strahlen tiefe Ruhe und Zufriedenheit aus, vielleicht gar eine gewisse Sattheit.
Aus gutem Grund: Seit bereits neun Jahren übersteigen die Ausschüttungen der Buyout-Fonds die Einzahlungen. Von 2014 bis 2019 flossen laut Bain-Report insgesamt rund 3,2 Billionen US-Dollar in Buyout-Transaktionen. Kennzahlen einer goldene Ära für Private Equity.
Auch konjunkturelle Dämpfer wie jüngst der Handelskrieg konnten die Dynamik in der Private-Equity-Branche offenbar nicht ausbremsen. Und das Coronavirus? Natürlich wird es auf der Konferenz als Risiko für die Weltwirtschaft wahrgenommen (auch für die Teilnehmer selbst, wie überall aufgestellte Desinfektionssprays erkennen lassen). Bislang hat das Coronavirus die Branche nur dadurch betroffen, dass scheinbar weniger Vertreter als sonst aus Singapur, Hongkong oder anderen Teilen Asiens bei der Konferenz zu sein scheinen. Der Effekt für die Weltwirtschaft und damit die Portfolios wird spürbar sein, so hört man hier, vermutlich sogar stärker als viele derzeit denken. Doch PE-Investoren sind geübt darin, möglichst nüchtern Risiken einzuschätzen. Zu unklar scheint vieles derzeit, um belastbare Vorhersagen zu treffen. Viele Investoren gehen hier offenbar aber eher von einem kurzfristigen Effekt aus, auf den ein starker Rebound folgt.
Billiges Geld auf der Suche nach Rendite
Langfristig mehr Sorgen macht den PE-Investoren der Klimawandel. ESG und Impact sind omnipräsente Themen beim Branchentreff in diesem Jahr. Doch das Makro-Thema, das für die Branche wohl weiterhin am meisten Auswirkungen hat, ist ein anderes: Billiges Geld auf der Suche nach Rendite. Es beschert den Firmenjäger das erwähnte Pulver für ihre Kriegskasse - und kaum Schwierigkeiten beim Fundraising, worum es bei der Superreturn-Konferenz primär geht.
Das untermauert die aktuelle Bain-Studie sehr deutlich: 2019 warb die Branche mit 894 Mrd. US-Dollar den zweithöchsten Betrag der vergangenen 16 Jahren ein. Dabei verteilt sich das Geld allerdings auf immer weniger Fonds: 2019 konnten laut Bain 238 Buyout-Player ihre Fonds closen. Zum Vergleich: Zwei Jahre zuvor waren es noch 388. Zugleich stieg die durchschnittliche Fondsgröße um rund zwei Drittel auf 444 Mio. US-Dollar.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Niedrigzins-Ära bald beendet ist, scheint gering. Alternative Anlageklassen wie Private Equity werden also noch mehr Zulauf erhalten. Doch werden damit vielleicht eben auch die Returns nicht mehr höher sein als in anderen Anlageklassen .
Und so mischt sich Skepsis und Spannung in die Partylaune auf der Superreturn. Skepsis, weil der Boom wohl nicht ewig weitergehen kann - in der PE-Branche selbst, wie auch in der Wirtschaft insgesamt. Spannung, weil sich die Branche eben immer stärker der zentralen Herausforderung ausgesetzt sieht: Es wird immer schwerer passende Investmentobjekte zu finden. Hohe Bewertungen und harter Wettbewerb führen zu einem Kampf um die knapper werdenden Deals.
Es mangelt an guten Deals
Im Zuge dessen sucht sich das Geld der Übernahmefonds neue Wege: So ist es offenbar ein neuer Trend, dass die Branche verstärkt auf die Übernahme börsennotierter Unternehmen ausweicht. 2019 waren laut der Bain-Studie bereits acht der zehn größten Buyout-Transaktionen Public-to-Private-Deals – mit einem Gesamtvolumen von 204 Mrd. US-Dollar. Das ist eine beachtliche Entwicklung, die für Anleger und die gesamte Wirtschaft interessant sein dürfte.
Das Buyout-Transaktionsvolumens insgesamt ging laut Bain-Studie im vergangenen Jahr bereits um rund 10 Prozent auf 551 Mrd. US-Dollar zurück. Es gab weniger Megadeals. Die Zahl der Buyout-Deals lag insgesamt bei rund 3600, etwas weniger als noch im Jahr 2018. Der Kampf um die guten Deals wird immer härter.
Doch all das scheinen Luxussorgen auf der Superreturn-Konferenz 2020. Es mangelt ja nicht an Geld, sondern nur an guten Deals, in die man das Geld investieren kann.
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