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Bernd Ziesemer Unterschätzte Aktie: Die verpassten Chancen bei der Münchener Rück

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer
© Martin Kress
Deutsche Kleinanleger tun sich immer noch schwer mit einer der erfolgreichsten Aktie der letzten Jahre. Bernd Ziesemer über die Erfolgsstory der Münchener Rück 

Die Aktie der Münchener Rück kennt seit langer Zeit nur eine Richtung: weiter nach oben. In den letzten zwölf Monaten legte sie gut 40 Prozent zu, in den letzten drei Jahren sogar über 130 Prozent. Am letzten Freitag gab es einen neuen Schub: Die Aktie sprang fast fünf Prozent nach oben, weil die Geschäftsprognose für 2025 noch besser ausfiel als allgemein erwartet.

Deutsche Kleinanleger aber profitieren davon nur wenig. Die privaten Aktionäre der Münchener Rück halten nur einen Anteil von 24 Prozent am Grundkapital. Und schaut man sich die Regionalstruktur der Aktie an, so stellt man fest: nur 44,9 Prozent aller Aktionäre stammen aus der Bundesrepublik. Im Vergleich zu anderen Konzernen ist das eher wenig. Bei der Deutschen Bank entfallen zum Beispiel 51 Prozent des Stammkapitals auf deutsche Anteilseigner.

Viele Privatanleger tun sich offenbar schwer damit, das Geschäftsmodell des Rückversicherers zu verstehen. Sie setzen bevorzugt auf Konzerne, deren Produkte sie kennen. Etwa auf Autohersteller oder Markenunternehmen wie Adidas. Doch damit lagen sie in den letzten Jahren als andere als gut. Die VW-Aktie hat zum Beispiel in den letzten zwölf Monaten fast ein Viertel ihrer Börsenkapitalisierung verloren, die Adidas-Aktie gerade einmal wieder das Niveau erreicht, das sie vor ihrem gewaltigen Absturz schon einmal erklommen hatte.

Höhere Schäden, höhere Prämien

Als Versicherer der Versicherer profitiert die Münchener Rück von vielen Trends gleichzeitig. Sie deckt vor allem immer mehr Risiken ab, die früher noch keine Rolle spielten. Cyberkriminalität, Probleme in den internationalen Lieferketten, die Sicherung des „Internets der Dinge“ in der Industrie – all das verschafft dem Konzern zusätzliches Geschäft. Gleichzeitig skaliert die Münchener Rück ihr Kerngeschäft immer weiter. Und auch im Bereich der Kapitalanlage wird sie immer besser. Deshalb steigen die Gewinne nachhaltig: 2023 lagen sie noch bei 4,6 Mrd. Euro, im nächsten Jahr will der Konzern 6 Mrd. Euro erreichen.

Viele Kleinanleger behandeln die Akte jedoch mit Vorsicht, weil sie die Münchener Rück fälschlicherweise als Verlierer des Klimawandels einordnen. Wahr ist: Die Schäden durch Naturkatastrophen steigen und werden künftig weiter steigen. Und für einen Rückversicherer geht es dabei um sein Kerngeschäft. Doch in der Branche gilt seit Alters her die Devise: Die höheren Schäden von heute sind die höheren Prämien von morgen. Nach jeder größeren Naturkatastrophe wächst die Nachfrage nach Versicherungsleistungen. Und weil kein Erstversicherer solche Risiken allein tragen kann, wächst auch die Nachfrage nach Rückversicherungspolicen.

Wie lukrativ das Geschäft ist, haben viele Investoren außerhalb der Branche seit langem begriffen. Eine Zeitlang sah es so aus, als ob die Verbriefung von Risiken am Gewinnmodell der Münchener Rück kratzt. Man spricht von Cat-Bonds – also Katastrophenanleihen. Auch Start-ups sorgen für zusätzliche Konkurrenz. Doch bisher ist die Münchener Rück mit alten und neuen Wettbewerbern sehr gut fertig geworden. Der deutsche Konzern bleibt mit erheblichem Vorsprung der größte Rückversicherer der Welt. Und einer der profitabelsten auch.  Und mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12 ist die Aktie nicht einmal teuer – also eigentlich wie gemacht für Kleinanleger. 

Bernd Ziesemer ist Capital-Kolumnist. Der Wirtschaftsjournalist war von 2002 bis 2010 Chefredakteur des Handelsblattes. Anschließend war er bis 2014 Geschäftsführer der Corporate-Publishing-Sparte des Verlags Hoffmann und Campe. Ziesemers Kolumne erscheint regelmäßig auf Capital.de. Hier können Sie ihm auf X folgen.

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