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Western von gestern Flowtex-Skandal: Manni for nothing

Der verurteilte Flowtex-Boss Manfred Schmider sagte 2002 im baden-württembergischen Landtag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags aus
Der verurteilte Flowtex-Boss Manfred Schmider sagte 2002 im baden-württembergischen Landtag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags aus
© dpa
Manfred Schmider gilt als Musterunternehmer, der sich gern mit Bankern und Politikern umgibt. Doch mit seiner Firma Flowtex hat er ein Schneeballsystem aufgebaut

Das Haus von Manfred Schmider ist heute etwas kleiner, aber die Zigarren und Autos sind so dick wie früher. Schmider lebt ohne Geldsorgen auf Mallorca. Banken und Versicherungen hat er im Flowtex-Skandal um Milliarden betrogen.

Dabei gilt Schmider in den 90er-Jahren als badischer Musterunternehmer. Seine Firma Flowtex produziert Horizontalbohrmaschinen, die Kabel unter die Erde bringen, ohne die Straßen aufzureißen. Doch die Bohrer sind auf dem Weltmarkt nicht so gefragt. Trotzdem lässt sich Schmider Millionenkredite auszahlen, um angeblich 3142 Maschinen zu bauen. Die verkauft Flowtex an Investoren und least sie anschließend zurück. Tatsächlich baut Flowtex aber bloß 270 Geräte, an die sie einfach immer neue Seriennummern schrauben. Doch um die Leasingraten zahlen zu können, müssen immer mehr fiktive Maschinen verkauft werden – ein Schneeballsystem.

Bis das auffliegt, lebt Schmider auf großem Fuß: in einem 60000 Quadratmeter großen Anwesen. Auch kurze Strecken legt er mit dem Hubschrauber zurück. Mit viel Geld lockt er angesehene Banker und Politiker in die Firma, bei der Party zu seinem 50. Geburtstag versammelt sich die Prominenz. Dass selbst die schweinsledernen Bücher in seiner Bibliothek Attrappen sind, merkt keiner.

Too big to fail

Mit üppigen Gewerbesteuerzahlungen mehrt Flowtex lange auch den Wohlstand der Region – dank der Firma kann sich Baden-Baden einen Flughafen leisten. Finanzbehörden zögern lange mit Ermittlungen, obwohl konkrete Betrugsvorwürfe vorliegen. „Big Manni“, so scheint es, ist im Ländle einfach too big to fail.

Am Ende sind es portugiesische Ermittler, die das System zu Fall bringen: Ein Maschinenbauer in Portugal soll Flowtex Bohrmaschinen geliefert haben, obwohl er längst pleite ist. Im Februar 2000, nur Tage vor dem geplanten Börsengang, wird Schmider festgenommen. Es folgen unzählige Prozesse. Gegen Schmider, seine Helfer, das Land. Der Schaden beträgt fast 1,5 Mrd. Euro.

Schmider sitzt bis 2007 im Gefängnis, Anfang 2013 stand er wieder vor Gericht. Er soll Chagall-Gemälde und einen Geländewagen in die Schweiz geschafft haben. Bewährungsstrafe. Derweil suchte der Insolvenzverwalter weiter nach den Flowtex-Millionen ...

Hauptperson

Manfred Schmider wurde 1949 in Karlsruhe geboren. Nach dem Hauptschulabschluss arbeitete er meist selbstständig in verschiedenen Branchen. Schließlich eröffnete er einen Schrott- und Gebrauchtwagenhandel. In den 80er-Jahren tritt er erstmals an die Öffentlichkeit. Ein Raub in seinem Haus wird bei „Aktenzeichen XY“ aufgegriffen. Ermittler gehen heute davon aus, dass der Überfall von Schmider selbst fingiert wurde. In die gleiche Zeit fallen erste kleinere Kreditbetrügereien in einer Firma, die Schmider mit seinem Bruder führt. Heute lebt Schmider auf dem Anwesen seiner Ex-Frau auf Mallorca.

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