Wo stehen die größten Rechenzentren der Welt? Geht es bei dieser Frage um die Größe nach Quadratmetern, werden häufig das Group Data Center der Range International Information Group in Langfang (China) oder der Inner Mongolia Information Park von China Telecom als Nummer eins genannt. Dabei kursieren Größenangaben von bis zu einer Million Quadratmeter. Doch es gibt auch Zweifel an diesen Zahlen. Außerdem sagt die physische Größe eines Gebäudes wenig über die tatsächliche Rechenkapazität aus. Da sich zudem die Rechenkraft teils auf mehrere benachbarte Standorte verteilt, basiert dieses Ranking auf einer Studie der Gewerbeimmobilien-Agentur Wakefield & Cushman. Sie hat die führenden Standorte für Rechenzentren basierend auf der in Megawatt (MW) gemessenen Leistung ermittelt.
Die größten Rechenzentren
Platz zehn belegt das Silicon Valley. Im allgemein zugänglichen Bericht war der genaue Stromverbrauch nicht aufgeführt. „Visual Capitalist“ bezifferte ihn auf 617 Megawatt (MW). Zur Einordnung: Ein mittelgroßes Atomkraftwerk kommt auf eine Nennleistung von rund 1400 Megawatt.
Der Markt mit Rechenkapazitäten wächst laut dem Bericht von Wakefield & Cushman nicht zuletzt durch Künstliche Intelligenz (KI) rapide. Die kombinierte Leistung stieg den Angaben zufolge 2023 binnen eines Jahres von 4,9 auf schätzungsweise 7,4 Gigawatt. Die USA dominieren die Branche – sind allerdings im Ranking der größten Rechenzentren zunächst auf die hinteren Plätze verbannt. Der zweitgrößte Hub der USA findet sich demnach in Dallas mit einer Gesamtleistung von 654 MW. Mehr als 100 Rechenzentren sollen sich in der drittgrößten Stadt im Bundesstaat Texas ballen. Texas wurde für viele Techkonzerne aus Kalifornien zur neuen Heimat.
Im weltweiten Versorgungsnetz mit digitalen Daten kommt Australien eine wichtige Rolle zu. Sydney rangierte mit 667 MW auf Platz acht der größten Standorte für Rechenzentren. Die verbrauchen allerdings enorm viel Energie. Rund vier Prozent des weltweiten Stromverbrauchs geht Analysen zufolge bereits auf das Konto von Rechenzentren. Insbesondere KI ist extrem energieaufwendig und könnte laut Schätzungen in einigen Jahren fast ein Drittel des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. Das treibt auch die Kosten für die oft noch kostenlos angebotenen Dienste wie ChatGPT in die Höhe. Laut Wakefield & Cushman sind die Strompreise für die Betreiber binnen eines Jahres um durchschnittlich 16 Prozent gestiegen. Auch Grundstückspreise sorgten für höhere Ausgaben.
Dass die ersten Computer von IBM ein Zimmer gefüllt haben, lässt sich heute im Smartphone-Zeitalter kaum noch nachvollziehen. Möglicherweise stellt sich dieser Effekt in einigen Jahrzehnten auch angesichts von Fotos heutiger Rechenzentren ein. Forschern aus Schanghai (mit 725 MW auf Platz sieben der größten Standorte) ist möglicherweise ein Durchbruch gelungen. Sie präsentierten im Februar 2024 im renommierten Fachmagazin „Nature“ eine CD, auf der sich 200 Terabyte an Daten speichern lassen sollen. Das entspricht der 4000-fachen Speicherkapazität einer Blu-ray.
Für den Bericht wurden den Angaben zufolge weltweit 63 Standorte ausgewertet. Auch Deutschland war in den Top 10 vertreten. Die Rechenleistung in Frankfurt am Main wurde demnach nur von fünf Rechenzentren-Hubs übertroffen. Die Experten berechneten eine Gesamtleistung von 864 MW. Die wird laut dem Bericht weniger von Cloud-Kunden im Ausland, sondern in erster Linie von ortsansässigen Unternehmen und auch Behörden an dem Börsenstandort genutzt.
Mit einem hauchdünnen Vorsprung sicherte sich Tokio laut Wakefield & Cushman den fünften Platz vor Frankfurt am Main. Die Rechenzentren in der japanischen Hauptstadt kamen demnach auf nur ein MW Leistung mehr. Knapp war auch Tokios Abstand zur Nummer vier.
London ist der Digitalhub Europas. Die Rechenzentren in der britischen Hauptstadt verfügten laut der Analyse über eine Gesamtleistung von 1053 MW. Sie lag damit weit vor der europäischen Nummer zwei, Frankfurt am Main – und spielte dennoch nicht in einer Liga mit den beiden Spitzenreitern.
China hat früh auf Digitalisierung gesetzt, um zur dominierenden Wirtschaftsmacht der Welt zu werden. Peking hat sich dabei laut der Analyse zum zweitgrößten Standort von Rechenzentren weltweit entwickelt. Deren Leistung summierte sich den Angaben zufolge zuletzt auf 1799 MW. Das war mehr als das Doppelte von Singapur auf Platz vier.
Nord-Virginia klingt zunächst nicht nach dem digitalen Hub schlechthin. Doch über die Region wird den Angaben zufolge mehr als ein Drittel des weltweiten Digitalverkehrs geleitet. Denn zum einen liegt hier die US-Hauptstadt Washington, D. C. Vor allem aber unterhält Amazon Web Services in der Region viele Rechenzentren, wie Wakefield & Cushman erläuterte. Die Experten zählten knapp 300 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 2552 MW.